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"Social Egg Freezing" im Fokus des VfGH

13. Juni 2025 · Lesedauer 4 min

Gesunde Frauen dürfen ihre Eizellen in Österreich nicht für eine spätere Befruchtung einfrieren lassen. Mit der Frage, ob das Verbot des "Social Egg Freezings" verfassungswidrig ist, hat sich am Freitag der Verfassungsgerichtshof (VfGH) beschäftigt. Die Antragstellerin argumentiert mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, die Regierung damit, dass niemand zu diesem Prozedere gedrängt werden soll. Mit einer Entscheidung vor dem Herbst ist nicht zu rechnen.

Dem Fortpflanzungsmedizingesetz zufolge dürfen Eizellen nur für eine künftige medizinisch unterstützte Schwangerschaft entnommen werden, wenn "ein körperliches Leiden oder dessen dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung entsprechende Behandlung eine ernste Gefahr bewirkt, dass eine Schwangerschaft nicht mehr durch Geschlechtsverkehr herbeigeführt werden kann." Das trifft etwa auf Frauen mit onkologischen Erkrankungen zu, die nach einer Behandlung oft unfruchtbar seien, erklärte Bettina Toth, Direktorin der Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck, bei der Verhandlung.

Das "Social Egg Freezing" habe weder für die dadurch entstehenden Kinder, noch für die Frauen einen Nachteil, argumentierte der Anwalt der Antragstellerin, Matthias Brand. Trotz der hohen Kosten der Entnahme von etwa 4.000 Euro pro Zyklus sowie der Aufbewahrung von etwa 400 Euro im Jahr würden junge Frauen die Möglichkeit gerne in Anspruch nehmen, zeigte er sich überzeugt. Es gebe schließlich eine geringe Komplikations- und hohe Schwangerschaftsrate, die Frauen würden Autonomie gewinnen und für die Zukunft vorsorgen. In Ländern wie Spanien, Schweden oder Belgien sei das längst erlaubt, in Frankreich zahle gar die Krankenkasse.

Die Gesetzgebung befinde sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums, hieß es hingegen von der Regierungsseite. Die Leiterin der Abteilung Justiz und Inneres im Bundeskanzleramt, Johanna Hayden, betonte, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Staaten in der Frage des Zugangs zu Methoden künstlicher Befruchtung Ermessensspielraum zugesteht. Frauen sollen weder durch Erwartungen der Gesellschaft noch ihres Arbeitgebers unter Druck gesetzt werden, ihren Kinderwunsch durch "Social Egg Freezing" auf später zu verschieben.

Mangelnder Partner und Autonomie als Beweggründe

"Social Egg Freezing" könnte etwa für Frauen mit starkem Kinderwunsch in Frage kommen, die keinen Partner haben und sich bewusst sind, dass die Qualität ihrer Eizellen abnimmt, sagte Toth. Der häufigste Grund für die Entscheidung sei der Mangel eines Partners sowie die reproduktive Autonomie, steht auch für Martina Zemp vom Institut für Klinische und Gesundheitspsychologie der Universität Wien fest. Erst danach kommen berufliche Gründe. Frauen würden jedoch unter Druck stehen, Mutter zu werden und gleichzeitig ihre Berufschancen nicht zu schmälern. "Social Egg Freezing" könne in diesem Spannungsfeld nicht die einzige Antwort sein, plädierte Zemp für bessere Vereinbarkeit und mehr Ressourcen für die Kinderbetreuung.

Die Behandlung würden die meisten sehr gut vertragen, meinte Toth. "Social Egg Freezing" sei dabei weniger belastend als die medizinisch indizierte Variante, sagte Johannes Ott von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien. Schließlich hätten Frauen, bei denen bald eine Chemotherapie ansteht, weniger Zeit zur Verfügung. Für die psychologische Entwicklung der Kinder sei die Art der Zeugung vernachlässigbar, so Zemp.

Diskussion um Altersgrenze

Für eine Altersgrenze zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr sprach sich etwa die Ethikerin Angelika Walser von der Paris-Lodron-Universität Salzburg aus. Ab 45 Jahren gebe es eine Zunahme der Risiken - etwa von Grunderkrankungen der Frau oder chromosomalen Abnormitäten, sagte Toth. Auch nach der Menopause könnten Frauen allerdings durch künstliche Befruchtung schwanger werden. Das normale Alter für die Menopause liege bei 49 Jahren, so Toth, die aber auch von einer 17-jährigen betroffenen Patientin berichtete.

Eizellen dürfen derzeit aufgrund der später abnehmenden Qualität nur vom 18. bis zum 30. Lebensjahr gespendet werden, so Staatsanwalt und Abteilungsleiter im Justizministerium Peter Barth. Auch er plädierte für ein Höchstalter bei der Empfängerin, schließlich dürfe der Gesetzgeber sicherstellen, dass Kinder Eltern haben, die nicht zu früh versterben.

Im Namen der Bundesregierung bat Hayden im Falle einer Aufhebung für eine Frist von 18 Monaten, damit legistische Vorbereitungen getroffen werden können. Mit einer Entscheidung des VfGH ist laut einer Sprecherin vor Herbst nicht zu rechnen.

Verhandlung noch ohne neue Mitglieder

Noch nicht dabei waren bei der Verhandlung die beiden neuen Mitglieder des Verfassungsgerichtshof. Angela Julcher und Stefan Perner sind am Dienstag angelobt worden. Julcher war auf Vorschlag von Vizekanzler und SPÖ-Chef Andreas Babler nominiert worden, Perner auf Vorschlag von Außenministerin und NEOS-Vorsitzender Beate Meinl-Reisinger. Die Stellen waren aufgrund der vorzeitigen Rücktritte Helmut Hörtenhubers (mit Ende des Vorjahres) und Claudia Kahrs (mit Ende April) vakant.

Zusammenfassung
  • Der Verfassungsgerichtshof prüft, ob das Verbot des 'Social Egg Freezing' für gesunde Frauen in Österreich verfassungswidrig ist.
  • Gesunde Frauen dürfen ihre Eizellen laut Gesetz nur einfrieren lassen, wenn eine medizinische Indikation wie drohende Unfruchtbarkeit durch Krankheit besteht.
  • Die Kosten für Social Egg Freezing betragen etwa 4.000 Euro pro Zyklus und 400 Euro jährlich für die Lagerung, was viele junge Frauen dennoch in Anspruch nehmen möchten.
  • In Ländern wie Spanien, Schweden, Belgien und Frankreich ist Social Egg Freezing erlaubt, in Frankreich übernimmt sogar die Krankenkasse die Kosten.
  • Mit einer Entscheidung des VfGH ist laut einer Sprecherin erst nach dem Herbst zu rechnen, da auch noch neue Mitglieder in das Verfahren einbezogen werden.