APA/GEORG HOCHMUTH

Befragung von Kickl: Viel Wahlkampf, etwas Spionage, eine Anzeige

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Der Wahlkampf stieß am Donnerstag auf einen U-Ausschuss, der sich teils selbst im Wege stand. Während ihn die anderen Parteien in die Enge treiben wollten, holte FPÖ-Chef Herbert Kickl zum Rundumschlag gegen die ÖVP aus - vielleicht nicht zum letzten Mal als Auskunftsperson.

Wusste Kickl von der mutmaßlichen Russland-Spionage durch Egisto Ott? Oder hatte er sein Ministerium nicht unter Kontrolle? Hat Kickl während seiner Zeit als Innenminister indirekt Einnahmen aus einer Werbeagentur lukriert, die der Polizei ein Logo schenkte? 

Hat Nehammer Kickl um einen Posten für seine Frau im Innenministerium gebeten? Hat die ÖVP in Wirklichkeit die Verantwortung für den Spionage-Skandal? Und betrieben die Schwarzen in Wirklichkeit Postenschacher

Video: "Rundumschlag" - Kickl im U-Ausschuss

Das waren im Wesentlichen die Fragen der beiden Seiten im von der ÖVP eingesetzten U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch". Hängen bleib an beiden Seiten wenig.

Die noch kürzere Beschreibung des "blauen Donnerstags": Alle gegen die FPÖ - und die FPÖ gegen alle.

Wahlkampf in holprigem U-Ausschuss

Wahlkampf in einem holprigen U-Ausschuss eben, der von anderen Auskunftspersonen generell als verfassungswidrig bezeichnet wurde, dessen nicht klar formulierte Themensetzung auch am Donnerstag zu zahlreichen Geschäftsordnungsdebatten, Stehungen und Scharmützeln führte. 

Kickl, der vor Beginn der Befragung meinte, er wolle "sachlich" bleiben, ortete eine "Wahlkampf-Farce", eine "Sudelkampagne" und ein "Kasperltheater". Verfahrensrichterin Christa Edwards sagte Richtung FPÖ-Generalsekretär, sie sei hier in einer beratenden Tätigkeit und nicht für einen Wahlkampf. Gemeint waren wohl aber alle Parteien. 

Am ehesten setzte Eva-Maria Holzleitner von der SPÖ Kickl unter Druck. Zumindest drückte er sich zunächst vor ihren Fragen. 

Es ging im weiteren Sinne um das Logo für die unter Kickl gegründete Grenzpolizei Puma. Wie Kickl erklärte, hatte er ja eigentlich was gegen den Namen, weil es sich beim Puma um kein österreichisches Tier handeln würde. Dass der Puma ein guter Jäger sei, dürfte ihn dann aber doch überzeugt haben. 

Kickl wollte "Spiel" nicht spielen

Das Logo dazu lieferte - offenbar kostenlos - die Klagenfurter Werbeagentur "Signs", die aus der Werbeagentur "Ideenschmiede" entstand, an der Kickl einmal beteiligt war. Die WKStA ermittelte gegen die "Ideenschmiede" einst rund um sogenannte Kick-Back-Zahlungen aus Aufträgen des Landes Kärnten. Kickl wurde nicht müde zu betonen, dass er nie Verdächtiger war und das Verfahren eingestellt wurde.

Doch: Die SPÖ will von Treuhandverträgen wissen, wonach Kickl indirekt an der Immobilie, in dem der Firmensitz der "Signs" gewesen sein soll, beteiligt sei. Holzleitner wollte von Kickl genau wissen, wem das Haus in der St. Veiter Straße in Klagefurt gehöre. Kickl wollte das nicht beantworten, es wollte dieses "Spiel" nicht mitspielen. 

Kickl will "keinen Cent" lukriert haben

Erst nach längeren Debatten und als er durch den Vorsitzenden Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Verfahrensrichterin Edwards aufgeklärt wurde, dass es sich nicht um ein Spiel handle und er sich nicht entschlagen könne, nur weil er die Frage nicht im Untersuchungsgegenstand sieht, antwortete Kickl genervt.

Unter Wahrheitspflicht beteuerte er, dass die Immobilie dem Geschäftsführer von "Signs" gehöre, dass die Treuhandverträge nie in Kraft getreten seien, dass er nicht in die Immobilie eingesteigen sei und er "keinen Cent" daraus lukriert habe. 

Kickl: Wurde über "Problemfall" Ott nicht informiert

Bei einem anderen Thema musste sich Yannick Shetty (NEOS) vom FPÖ-Chef, der sich gegen Ende mit Red Bull munter hielt, anhören, dass er sich einen Kalender zulegen solle, wenn er sich nicht auskenne.

Denn: als er den ehemaligen Chef des deutschen Verfassungsschutzes, Klaus-Dieter Fritsche, als Berater ins BVT holte, habe man noch nicht gewusst, dass dieser später für Wirecard tätig gewesen sein soll.

Wenn dieser im BVT Zugang zu geheimen Infos gehabt hätte, dann nur unter der Aufsicht des damaligen BVT-Chefs Peter Gridling, den Kickl als ÖVP-Mann ansieht.

Über das BVT will Kickl nach seinem Amtsantritt generell wenig gewusst haben. So habe er erst im Herbst 2018 erfahren, dass es einen Informationsabfluss gegeben habe. Er sei nicht informiert worden, dass Egisto Ott, der wegen des Verdachts auf Russland -Spionage derzeit in U-Haft sitzt, ein "Problemfall" sei. 

Andreas Hanger (ÖVP) ließ sich nicht nehmen, zwischendurch anzumerken, dass das ja genau so der "Skandal" sei, wie wenn Kickl Bescheid gewusst hätte. Aber Kickl blieb in der Causa Ott und Russland souverän, verwies aber auch auf ein paar Erinnerungslücken und fehlende Wahrnehmungen.

"Ich weiß nicht, ob sie es jemals so weit bringen werden, um an der Spitze eines Ministeriums zu stehen" - da müsse man sich nämlich jede Menge merken, musste sich wieder der NEOS-Abgeordnete Shetty anhören. 

Wenig Wahrnehmung zu Jenewein

Von Meri Disoski (Grüne) wurde Kickl auf Chats zwischen Ott und dem ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein angesprochen. Der Vorwurf: Die beiden sollen geplant haben, im Außenministerium eine Art Geheimdienst aufzubauen, in dem Ott eine wichtige Rolle spielen sollte.

Kickl will davon nichts gewusst haben, es stimme auch nicht, dass Jenewein seine "rechte Hand" gewesen sei, dieser habe keine Funktion im Innenministerium gehabt. 

Gewusst haben will Kickl aber von Besuchen des damaligen Wirecard-Vorstands Jan Marsalek im Innenministerium. Dieser habe dort aber eher ÖVP-Leute getroffen und überhaupt habe man damals noch nichts über dessen Russland-Spionage gewusst. 

Video: TV-Debatte zu Kickl imU-Ausschuss

Bei Wild Umstritten diskutierten Andrea Kdolsky, Physiker Werner Gruber und Wolfgang Lothert.

Dass die Russland-Verbindungen für Kickl Vorwürfe seien, die nicht ihm, sondern der ÖVP zu machen seien, stellte er ohnehin schon vor Beginn seiner langen Befragung im U-Ausschuss fest. Er habe nämlich "persönlich gar keinen Bezug zu Russland" und wo Marsalek, Wirecard oder Russland draufstehe, sei meistens ÖVP drin. 

Kurzes Heimspiel für Kickl

Ein kurzes Heimspiel bescherte Kickl am Ende sein Parteikollege Hafenecker. Bei dessen Befragung teilte der FPÖ-Chef gegen das "System ÖVP" aus, das er bei seinem Amtsantritt im Innenministerium vorgefunden habe. So habe es etwa bei der Besetzung des Landespolizeidirektors Druck aus Niederösterreich gegeben und Nehammer habe ihn um einen Posten für seine Frau im Innenministerium gefragt, so Kickl. 

Die FPÖ kündigte außerdem eine Anzeige gegen die ÖVP an - diese habe gefälschte Beweismittel vorgebracht. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker rief dafür schon am Freitagvormittag wieder zu einer neuen Pressekonferenz. Man wolle neue Jenewein-Chats in den U-Ausschuss liefern lassen - und Kickl erneut laden

ribbon Zusammenfassung
  • Der Wahlkampf stieß am Donnerstag auf einen U-Ausschuss, der sich teils selbst im Wege stand.
  • Während ihn die anderen Parteien in die Enge treiben wollten, holte Kickl zum Rundumschlag gegen die ÖVP aus - vielleicht nicht zum letzten Mal als Auskunftsperson.
  • Die FPÖ kündigte außerdem eine Anzeige gegen die ÖVP an - diese habe gefälschte Beweismittel vorgebracht.
  • ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker rief dafür schon am Freitagvormittag wieder zu einer neuen Pressekonferenz. Man wolle neue Jenewein-Chats in den U-Ausschuss liefern lassen - und Kickl erneut laden. 

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