Sky Shield: Was ist das eigentlich?

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Österreich soll dem europäischen Luftraum-Verteidigungssystem "Sky Shield" beitreten. Ein PULS 24-Überblick, was das überhaupt ist und warum Österreich jetzt beitreten möchte.

Was ist das Sky Shield?

Die Europäische Sky Shield Initiative soll bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europas Luftraum schließen. Bisher hatte man sich vor allem vor Bedrohungen aus dem Iran geschützt, jetzt soll das erweitert werden.

Wie wird das Sky Shield funktionieren?

Es soll vor allem gegen anfliegende ballistische Lenkwaffen, Drohnen, Marschflugköper und auch gegen Flugzeuge funktionsfähig sein und den Luftraum über den teilnehmenden Ländern schützen, erklärt PULS 24-Militärexperte Gerald Karner.

Bereits jetzt hat Österreich ein Radarsystem für den europäischen Luftraum, mit dem Flugziele "von Berlin bis Sarajevo und sehr weit in den Osten" gesehen werden können, heißt es vom Bundesheer. Es sei nun essenziell, diese Radardaten auch mit anderen Ländern zu teilen. Dieses Auffinden von Bedrohungen und der Informationstausch wird dann zu einem grenzüberschreitenden Projekt.

Die Bekämpfung der Bedrohung bleibt weiterhin eine nationale Aufgabe, heißt es vom Bundesheer weiter. Gerald Karner geht davon aus, dass in jedem der Mitgliedsländer Abwehrsysteme aufgestellt werden. Österreich besitzt aktuell eine bodengebundene Luftabwehr von kürzester Reichweite, so das Bundesheer. Die in den Ländern vorhandenen Systeme könnten auf unterschiedliche Abwehrhöhen ausgerichtet werden. Sollte also ein Land ein Objekt nicht abwehren können, könne das von einem anderen Land übernommen werden, um einen geplanten Einschlag zu verhindern, erklärt Karner.

Sky Shield Prinzip

Welche Länder nehmen teil?

Die "European Sky Shield Initiative" (ESSI) geht vom EU- und NATO-Land Deutschland aus. Beteiligt sind seit dem vergangenen Oktober zudem die NATO-Mitglieder Großbritannien, die Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, die Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und Schweden dem Projekt an.

Sky Shield Länder

Warum soll Österreich jetzt beitreten?

Laut Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe sich die Bedrohungslage durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine "massiv verschärft".

Bisher hat sich die europäische Luftabwehr auf mögliche Angriffe aus dem Iran konzentriert, nun sollen Lücken so geschlossen werden, dass man auch vor Drohnen- und Raketenangriffen aus Russland schützen kann. Das gehe am besten im Verbund mit anderen Staaten, sagt Nehammer.

Wie ist die Bedrohungslage in Österreich aktuell?

Brigadier Reinhard Kraft erklärt im Newsroom LIVE, dass Österreich seinen Luftraum aktuell nur bedingt schützen könne, weil man dafür nicht die richtigen Waffen habe. Das Bundesheer könne bekannte Schutzobjekte gut schützen, allerdings nur in einem limitierten Radius - "danach ist unsere Fliegerabwehr Ende Gelände". 

Im Moment sei "keine aktuelle Bedrohung absehbar", man müsse allerdings für die nächsten Jahre im Voraus planen, um den Schutz des österreichischen Luftraums sicherstellen zu können.

Ab wann soll das System einsatzfähig sein?

Aktuell laufen die Verhandlungen noch, um zu überprüfen, wie Österreichs Beteiligung genau aussehen könnte, heißt es von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Am Freitag reist die Ministerin nach Bern, wo sie sich mit ihren Amtskollegen aus Deutschland und der Schweiz trifft. Es sei geplant, dass sie dort bereits eine Absichtserklärung zum Beitritt zur "European Sky Shield Initiative" unterzeichnet.

Frühestens in Betrieb gehen könnte es 2025.

"Fähigkeitsentwicklung beim Militär dauert recht lange", erklärt indes der Brigadier Kraft. Die Schaffung von Infrastruktur und die Ausbildung von Personal seien langfristige Projekte. Er rechnet damit, dass das Bundesheer die nächsten zehn Jahre brauchen werde, "um alle Systeme Hand in Hand vernetzt miteinander aufbauen zu können".

Ist Österreich dann noch neutral?

Kritik am Sky Shield kommt vor allem von der FPÖ: Parteichef Herbert Kickl sieht darin eine "verheerende neutralitätspolitische Entscheidung" und Österreichs Schutz würde damit gefährdet werden.

Sowohl die Regierung als auch Experten widersprechen ihm. Die Teilnahme sei kein Bruch mit Österreichs Neutralität, sagt Außenminister Alexander Schallenberg. Es sei keine NATO-Initiative und man würde nicht zu einer Militärallianz beitreten, sondern es gehe lediglich um die Zusammenarbeit und den Austausch von Information "von einer Reihe von Staaten".

Österreich wäre jedoch, abgesehen von NATO-Anwärter Schweden, der einzige nicht NATO-Staat, der teilnimmt. Der Minister betont aber auch, dass die Neutralität weiterhin zu 100 Prozent gewährleistet wäre.  

Österreich allein sei dafür verantwortlich, wie der Neutralitätsbegriff ausgelegt werde, sagt Völkerrechtsexperte Ralph Janik im PULS 24 Interview. "Wenn man der alten Neutralitätsvorstellung anhängt, dass wir alles ganz allein können, dann riskiert man dann Österreichs Sicherheit", sagt Janik. Stattdessen sei man dazu übergegangen, sich mit internationalen Partnern abzustimmen.

PULS 24 Militärexperte Gerald Karner stimmt ihm zu: "Ein integriertes System macht Sinn." Man spreche hier von "relativ kleinen Ländern mit relativ kleinen Lufträumen". Diese allein zu verteidigen, sei ein unglaublicher Aufwand.

Wer würde am Ende des Tages den Feuerbefehl geben?

"Die notwendige Freigabe erteilt ein österreichischer Offizier bzw. die jeweiligen Verantwortungsträger in der Politik", so Brigadier Kraft.

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  • Österreich soll dem europäischen Luftraum-Verteidigungssystem "Sky Shield" beitreten. Ein PULS 24-Überblick, was das überhaupt ist und warum Österreich jetzt beitreten möchte.