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Sexl: Grundlagenforschung gefährdet, braucht mehr Mittel

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Die designierte Rektorin der Uni Innsbruck, Veronika Sexl - sie tritt mit 1. März ihr Amt an - schlägt in Sachen Grundlagenforschung Alarm. Diese sei in Österreich "chronisch unterfinanziert" und "gefährdet", es brauche ein Investitionspaket des Bundes, sagte Sexl im APA-Interview. Der Wissenschaftsfonds FWF benötige "drastisch höhere Mittel". Trotz der prekären finanziellen Situation der Unis wolle sie in Innsbruck indes "ohne Personalabbau" durchkommen.

Während die angewandte Forschung hierzulande über "sehr gute finanzielle Mittel" verfüge, brauche es im Bereich der Grundlagenforschung unbedingt "starke Initiativen", nahm die Neo-Rektorin Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) in die Pflicht. Zum Beispiel würden derzeit im Rahmen des Wissenschaftsfonds aufliegende Projekte mit "exzellenten Begutachtungen" abgelehnt, weil keine Finanzierung vorhanden sei, schilderte Sexl, die die Nachfolge von Langzeitrektor Tilmann Märk antritt, die Dramatik der Lage. "Das ist ein Riesenproblem vor allem für junge Forscher. Das führt bei ihnen zu einer enormen Demotivation. Das sind junge Menschen, die ihre ganze Zeit in solche Projekte investieren", erklärte die künftige oberste Vertreterin der Universität Innsbruck.

In puncto der zuletzt heftig diskutierten Finanzierung der in Finanznot geratenen heimischen Hochschulen erklärte Sexl, dass das Jahr 2023 in Innsbruck dank frischen Geldes des Bundes "abgesichert" sei. "Für das Jahr 2024 befinden wir uns in einem Diskurs. Ich habe große Hoffnung, dass uns die Politik nicht hängen lassen wird", so die Pharmakologin und Toxikologin, die seit dem Jahr 2010 das Institut für Pharmakologie und Toxikologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien leitete. Sie hoffe, dass man es schaffe, Finanzierungslücken gut zu schließen. Einsparungen beim Personal schloss Sexl de facto aus: "Das ist das letzte, was ich möchte. Ich bin optimistisch, dass es das nicht braucht." Eventuell werde man "das ein oder andere Bauvorhaben etwas nach hinten schieben", aber auch das sei keineswegs gesichert. Zunächst müsse sie sich mit Amtsantritt die genauen Zahlen anschauen. Es gebe eine "lange Liste" an Bauvorhaben. "Dann werden wir eine Prioritätenliste erstellen, evaluieren und schauen, wie man damit umgeht." Großprojekte wie das "Haus der Physik" sollen aber im beabsichtigten Umfang realisiert werden: "Ich denke, es wird umgesetzt werden."

Kein Thema sind für die Wissenschafterin Änderungen am derzeitigen System der Studiengebühren. Die Einführung von generellen Studiengebühren wie im Jahr 2000 durch die damalige schwarz-blaue Bundesregierung komme für sie nicht infrage: "Ich bin für einen freien und offenen Hochschulzugang. Die Thematik stellt sich zur Zeit nicht. Das ist eine Nulldiskussion." Zudem bezweifelte die designierte Rektorin auch, dass die Unis dadurch finanziell entlastet werden. Schließlich wäre dann auch der Verwaltungsaufwand im Zuge der Einführung solcher Gebühren umso größer. Auch zusätzlichen Zugangsbeschränkungen wollte Sexl nicht das Wort reden - und das nicht nur für Innsbruck. "Ich wünsche mir, dass es weiter einen breiten, öffentlichen Zugang gibt."

Sexl hat sich jedenfalls in ihrer künftigen Position auch zum Ziel gesetzt, der vielfach georteten "Wissenschaftsskepsis" entgegenzutreten. Diese sei "in beträchtlichem Ausmaß" vorhanden. Hier müsse man schon sehr früh ansetzen - "in den Kindergärten, in den Schulen". "Kommunikation heißt das Zauberwort", meinte sie. Während der Coronapandemie sei die Gruppe jener, die wissenschaftliche Erkenntnisse mit Skepsis betrachten sicher gestiegen. Gleichzeitig aber auch jene, die einen verstärkten Glauben in ebendiese hegen. "Wissenschaft ist Prozess und Diskurs. Es ist systemimmanent, dass man sich auch mal irrt. Es ist eine Reise ins Unbekannte, die auch hin und wieder eine Kurskorrektur erforderlich macht", erklärte Sexl. In Sachen Corona sei es nun wichtig, "retrospektiv alles zu beurteilen": "Ich bin für Aufarbeitung. Welche Maßnahmen wurden wann gesetzt und welche Auswirkungen hatten sie." Gleichzeitig betonte die Rektorin aber auch, dass etwa die Impfungen sicher zu einem wesentlich milderen Covid-Verlauf beigetragen hätten.

Die öffentlich heftig umstrittenen Klimaproteste, vor allem von jungen Menschen, verteidigte sie. Kein Problem hatte Sexl auch damit, dass - wie Ende vergangenen Jahres - auch an der Universität Innsbruck eine sogenannte "Klima-Hörsaalbesetzung" stattfand. "Protestieren ist das Vorrecht der Jugend. Sie konfrontieren uns mit sehr wichtigen Anliegen und haben Ängste die eigene Zukunft betreffend. Ich habe dafür großes Verständnis, solange sie nichts kaputt machen. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn solche Proteste nicht stattfinden."

Auch mit Aktivisten, die sich auf der Straße festkleben, hat die Neo-Rektorin kurz vor ihrer vierjährigen Amtsperiode kein Problem. Auch hier habe sie im Sinne der freien Meinungsäußerung "jedes Verständnis". Auch dass sich Wissenschafter, wie zuletzt in Innsbruck öffentlich hinter die Protestaktionen bzw. die Anliegen stellten, sei vollkommen legitim.

ribbon Zusammenfassung
  • Die designierte Rektorin der Uni Innsbruck, Veronika Sexl - sie tritt mit 1. März ihr Amt an - schlägt in Sachen Grundlagenforschung Alarm.
  • Diese sei in Österreich "chronisch unterfinanziert" und "gefährdet", es brauche ein Investitionspaket des Bundes, sagte Sexl im APA-Interview.
  • Welche Maßnahmen wurden wann gesetzt und welche Auswirkungen hatten sie."
  • Auch hier habe sie im Sinne der freien Meinungsäußerung "jedes Verständnis".

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