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Schwedens Außenministerin macht als OSZE-Vorsitzende weiter

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Die schwedische Außenministerin Ann Linde sieht den OSZE-Vorsitz ihres Landes durch den Sturz der Regierung in Stockholm nicht beeinträchtigt. "Schweden hat eine Verantwortung übernommen und wird sie erfüllen", sagte die seit Montag geschäftsführende Außenministerin am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. "Auch wenn ich persönlich nicht mehr da sein werde, wird es keine Änderung der Prioritäten geben", betonte Linde. Sie mache bis zur Wahl einer neuen Regierung weiter.

Der Vorsitz in der europäischen Sicherheitsorganisation wechselt alljährlich unter den OSZE-Staaten, wobei die Funktion der jeweiligen Außenministerin dieses Landes zukommt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Außenministerwechsel während OSZE-Präsidentschaften gegeben.

Linde sagte, dass die schwedischen Minister bis zur Wahl einer neuen Regierung im Amt bleiben werden. Sie betonte, dass sie vor Beginn des OSZE-Vorsitzes bewusst auch das Gespräch mit den Oppositionsparteien gesucht habe. Es gebe somit "eine starke Übereinstimmung, was die Prioritäten betrifft".

Die schwedische Chefdiplomatin zog bei der Pressekonferenz eine Halbzeitbilanz des Vorsitzes. Sie hob dabei ihre zahlreichen Reisen in Krisenländer sowie Kontakte hervor. Ihre "oberste Priorität" sei es nämlich, zur Lösung der lang anhaltenden Konflikte wie etwa in der Ukraine beizutragen. "Ich will, dass die OSZE-Missionen weitermachen können", sagte sie in Anspielung auf die diesbezüglichen Auseinandersetzungen und auch die ungeklärte Frage des OSZE-Budgets für heuer. Auch die Medienfreiheit sei ihr ein Anliegen, weil es disbezüglich in der OSZE-Region "ein Besorgnis erregendes Bild" gebe.

Scharf kritisierte Linde das Scheitern der für diese Woche geplanten jährlichen Sicherheitsüberprüfungskonferenz (Annual Security Review Conference, ASRC), weil es keinen Konsens zwischen den 55 Mitgliedsstaaten über die Tagesordnung gegeben habe. "Es ist äußerst bedauerlich, dass wir die Sicherheitsüberprüfungskonferenz nicht abhalten werden können", so Linde. Wenn man "offenkundig nicht damit verbundene Fragen" damit verknüpfe, "dann ist das sehr schädlich in einer Organisation, die ihre Entscheidungen im Konsens trifft", sagte die schwedische Außenministerin, die nicht enthüllen wollte, von wem die Blockade ausging. Zugleich äußerte sie die Hoffnung, dass es nach dem Sommer möglich sein werde, eine Lösung zu finden. Schließlich sei die Konferenz von den OSZE-Staaten auf Ministerebene vereinbart worden.

Beobachter vermuteten einen Zusammenhang der Blockade mit dem Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Eine armenische Journalistin kritisierte per Videoschaltung in der Pressekonferenz die vermeintliche Untätigkeit der OSZE im Berg-Karabach-Konflikt. "Ich bin überhaupt nicht dieser Meinung, dass die OSZE nicht alle Anstrengungen unternimmt um den Konflikt zu lösen", sagte Linde. Sie wies darauf hin, dass die OSZE einen Sondergesandten für den Konflikt (Andrej Kasprzyk) habe, der erst gestern in Kontakt mit den Konfliktparteien gestanden sei. Zugleich räumte sie ein, dass er das Konfliktgebiet bisher noch nicht besuchen konnte, "wegen Covid und auch aus anderen Gründen".

Linde und OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid zeigten sich bei der Pressekonferenz besorgt über die Lage in der Ukraine. Die deutsche Diplomatin rief die dortigen Konfliktparteien auf, "größtmögliche Transparenz" in ihren militärischen Aktivitäten an den Tag zu legen. "Jeder einzelne Zwischenfall kann außer Kontrolle geraten", sagte sie mit Blick auf die russischen Meeresblockaden im Asowschen Meer. Linde berichtete, dass sie bei einem Besuch der ukrainischen Küste festgestellt habe, "wie schwer es die Schiffe haben, vorbeizukommen". Daher habe sie auch mehrfach Kontakt mit Kiew und Moskau aufgenommen, um nach Wegen zu suchen, "wie wir die Spannungen abbauen können".

Die schwedische Außenministerin traf am Mittwoch auch mit ihrem österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg zusammen. Dieser berichtete Linde von seiner Südkaukasus-Reise am vergangenen Freitag und Samstag im Auftrag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. "Ich halte es für unabdingbar, dass wir als Europäische Union in dieser Region Flagge zeigen und das Feld nicht anderen Mächten überlassen", so Schallenberg. Mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev und dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan sei "eine Reihe sehr konkreter Vorschläge diskutiert" worden, "wie die EU dabei helfen könnte hier wieder Schritt für Schritt Vertrauen aufzubauen".

Schallenberg bekräftigte zugleich das Bekenntnis des Sitzstaates Österreichs zur Sicherheitsorganisation. "Die OSZE ist zentraler Vermittler in der Region und damit enger Partner der Europäischen Union, wenn es um die Stabilisierung unserer unmittelbaren Nachbarschaft geht", betonte der Außenminister, der mit seiner EU-Amtskollegin auch über die EU-Beitrittsperspektive des Westbalkan sprach.

ribbon Zusammenfassung
  • Die schwedische Außenministerin Ann Linde sieht den OSZE-Vorsitz ihres Landes durch den Sturz der Regierung in Stockholm nicht beeinträchtigt.
  • "Schweden hat eine Verantwortung übernommen und wird sie erfüllen", sagte die seit Montag geschäftsführende Außenministerin am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
  • Schallenberg bekräftigte zugleich das Bekenntnis des Sitzstaates Österreichs zur Sicherheitsorganisation.

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