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Schallenberg sieht chinesische Friedensinitiative skeptisch

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht die chinesische Friedensinitiative im russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine skeptisch. Es gebe diesbezüglich nämlich die "Quadratur des Kreises" zwischen der Unterstützung Russlands und der chinesischen Position in der Taiwan-Frage, erläuterte Schallenberg nach einem Treffen mit Pekings Top-Außenpolitiker Wang Yi am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag vor Journalisten.

"Es bleibt abzuwarten, was sie vorlegen. Eine gewisse Skepsis ist angebracht", so Schallenberg. Er wies darauf hin, dass Peking in der Taiwan-Frage immer auf seine Souveränität und territoriale Integrität poche. Umgelegt auf die Ukraine müsste das bedeuten, dass sich der Aggressor und China-Verbündete Russland komplett aus dem ukrainischen Staatsgebiet zurückziehen müsste.

Details zu dem Vorschlag, den Wang am Samstagvormittag bei der Sicherheitskonferenz angekündigt hatte, konnte Schallenberg dem chinesischen Staatsrat für Außenpolitik nicht entlocken. Wang sei beim Treffen auf einer allgemeinen Ebene geblieben, berichtete der Außenminister.

Schallenberg wertete den chinesischen Vorstoß als "bemerkenswertes Signal". Er zeige nämlich, dass China mit dem Krieg und seinen weltweiten Auswirkungen "nicht glücklich" sei. Es befürchte insbesondere auch wirtschaftliche Folgen, konkret eine Verstärkung von Tendenzen bei den westlichen Handelspartnern, sich von China zu entkoppeln. "Sie befürchten, dass es eine Verhärtung grundsätzlicher Natur gibt mit dem Westen."

Der Außenminister hatte im Vorfeld des Treffens angekündigt, die "prorussische Neutralität" Chinas im Krieg ebenso ansprechen zu wollen wie Menschenrechtsfragen und die unfaire Geschäftspraktiken Chinas. Auf das Thema Menschenrechte sei Wang nicht eingegangen, während er zum anderen Vorhalt betonte, die chinesische Wirtschaft sei offener als so manche andere. Die Industrie sei weitgehend liberalisiert, während man im Dienstleistungsbereich weitere Öffnungsschritte plane, so Wang laut Schallenberg.

Im medienöffentlichen Eingangsstatement hatte Wang nur die Corona- und Wirtschaftspolitik angesprochen. Demonstrativ versuchte er die umstrittene Coronapolitik Chinas als Erfolg darzustellen. Aufgrund der strikten Maßnahmen weise China die niedrigste Corona-Sterblichkeit auf, sagte das Politbüromitglied. "Ich selbst war niemals infiziert", berichte der 69-Jährige. Die Ende des Vorjahres nach Einschätzung von Beobachtern allzu abrupt erfolgten Lockerungen in der Pandemiebekämpfung erklärte er damit, "ein besseres Gleichgewicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung zu finden". Auch dies sei erfolgreich gewesen, weil die chinesische Wirtschaft mittlerweile wieder robust wachse und damit das "blutleere globale Wachstum" stimuliere.

Das letzte Treffen von Wang und Schallenberg lag schon drei Jahre zurück und fand ebenfalls bei der Münchner Sicherheitskonferenz statt. "Heute leben wir in einer ganz anderen Welt", sagte Schallenberg zum Auftakt des Treffens am Samstag mit Blick auf die Pandemie und den Krieg. Der langjährige chinesische Außenminister ist im Vorjahr ins Politbüro aufgerückt und ist dort Chef der Außenpolitik-Kommission. Schallenberg stellte sein Gespräch mit Wang auch in einen größeren globalen Kontext und verwies auf sein Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken in der Vorwoche sowie auf eine geplantes Treffen mit dem indischen Chefdiplomaten Subrahmanyam Jaishankar Anfang März.

Seinen zweitägigen Aufenthalt bei der Münchner Sicherheitskonferenz bilanzierte der Außenminister vor Journalisten positiv. Er habe unter anderem seine Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Katar, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo sowie den deutschen Kanzleramtsminister bilateral getroffen und darüber hinaus zahlreiche weitere Begegnungen in den Couloirs des Tagungshotels Bayerischer Hof gehabt. Besonders beeindruckt habe ihn aber ein Abendessen mit zahlreichen Amtskollegen am Freitag, darunter der ukrainische Chefdiplomat Dmytro Kuleba.

Angesichts der Situation am Kriegsschauplatz sieht Schallenberg derzeit wenig Chancen für Verhandlungsvorstöße. Zugleich plädierte er dafür, "sehr wachsam" gegenüber möglichen negativen russischen Interferenzen auf dem Westbalkan zu sein. "Russland hat weiter die Kapazität, disruptiv tätig zu sein", betonte er. Am Westbalkan, der "mitten in Europa liegt" wäre Instabilität "eine äußerst schlechte Nachricht, eigentlich eine Katastrophe", so Schallenberg, der sich konkret etwa besorgt darüber zeigte, dass laut Umfragen bereits eine Mehrheit der Serben gegen den EU-Beitritt ihres Landes seien.

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  • Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht die chinesische Friedensinitiative im russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine skeptisch.