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Russland verhängt Sanktionen gegen hochrangige EU-Vertreter

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Moskau hat als Reaktion auf Einreiseverbote in die EU acht Vertretern aus EU-Staaten die Einreise nach Russland verboten. Die EU-Spitzen kritisieren das scharf und drohen mit Ggenmaßnahmen.

Die EU-Spitzen haben die russischen Einreiseverbote für acht hochrangige Vertreter der EU scharf kritisiert und mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Wir verurteilen die heutige Entscheidung der russischen Behörden, acht EU-Bürgern die Einreise in das russische Hoheitsgebiet zu verbieten, aufs Schärfste", hieß es am Freitagabend in einer gemeinsamen Stellungnahme der Spitzen von EU-Kommission, Europäischem Rat und EU-Parlament, Ursula von der Leyen, Charles Michel und David Sassoli.

Einreisesperre für hohe EU-Vertreter

Sassoli wurde von Russland ebenso mit einer Einreisesperre belegt wie EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova. Dies sei inakzeptabel, ohne rechtliche Begründung und völlig gegenstandslos, erklärten von der Leyen, Michel und Sassoli. Die EU behalte sich das Recht vor, als Reaktion angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die EU hatte im März wegen der Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny Sanktionen gegen ranghohe russische Staatsfunktionäre verhängt.

"Antirussische Hysterie"

Russland kritisierte diese Entscheidung erneut und warf Brüssel "antirussische Hysterie" vor. Alle Vorschläge aus Moskau zur Lösung von Problemen zwischen Russland und der EU würden "konsequent ignoriert oder abgelehnt". Ziel sei es offenbar, die Entwicklung Russlands um jeden Preis einzudämmen", hieß es. Allein im März seien sechs Russen "unrechtmäßigen EU-Beschränkungen" ausgesetzt gewesen.

Von der Entscheidung aus Brüssel betroffen sind der russische Generalstaatsanwalt Igor Krasnow und der Chef des zentralen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin. Zudem richten sich die Sanktionen gegen den Chef des Strafvollzugs, Alexander Kalaschnikow, sowie den Befehlshaber der Nationalgarde, Viktor Solotow.

"Drohungen werden uns nicht zum Schweigen bringen"

Sassoli zeigte sich von den russischen Sanktionen unbeeindruckt. "Offensichtlich bin ich im Kreml nicht willkommen? Ich habe es ein wenig erwartet", schrieb der Italiener am Freitagabend auf Twitter. Der Sozialdemokrat fügte hinzu: "Keine Sanktionen oder Einschüchterung werden das Europäische Parlament oder mich davon abhalten, Menschenrechte, Freiheit und Demokratie zu verteidigen. Drohungen werden uns nicht zum Schweigen bringen."

Jourova ihrerseits bedankte sich für die Unterstützung der drei Präsidenten. Sie werde weiter für Menschenrechte, Medienfreiheit und Demokratie eintreten. Russlands Bemühungen, Desinformationen zu verbreiten und Menschenrechte zu untergraben, verdiene eine starke und anhaltende Reaktion. "Wenn dies der Preis dafür ist, die Wahrheit zu sagen, dann zahle ich ihn gerne."

Auf der Schwarzen Liste Russlands stehen außer Sassoli und Jourova der Chef des lettischen Nationalen Rats für elektronische Massenmedien (NEPLP), Ivars Abolins, sowie Maris Baltins, der Direktor des staatlichen lettischen Sprachenzentrums. Betroffen ist auch der französische Parlamentarier und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung im Europarat, Jacques Maire, die Leiterin der schwedischen Defence Research Agency, Asa Scott, sowie Ilmar Tomusk, der Generaldirektor des estnischen Sprachen-Inspektorats, und der Berliner Oberstaatsanwalt Jörg Raupach.

Nawalny-Attentat

Wegen des Anschlags auf Nawalny im vergangenen Sommer hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld des Präsidenten Wladimir Putin verhängt - und Moskau hatte entsprechend reagiert. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen. Russland hatte das stets zurückgewiesen und sich eine Einmischung in innere Angelegenheiten verbeten.

Der Oppositionspolitiker Nawalny war Anfang Februar zu Lagerhaft verurteilt worden. Er soll mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben. Die EU hält das Urteil für unzulässig, unter anderem weil Nawalny sich nach einem Nervengift-Anschlag auf ihn mehrere Monate in Deutschland behandeln lassen musste. Der 44-Jährige hatte erst vor einer Woche einen Hungerstreik im Straflager beendet.

Die russischen Behörden gehen derzeit verstärkt gegen Nawalnys Organisationen vor. Die Finanzaufsichtsbehörde nahm am Freitag die regionalen Vertretungen des Oppositionellen in die Liste extremistischer und terroristischer Organisationen auf.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel sind seit langem zerrüttet. Das liegt nicht allein am Fall Nawalny. Die EU verhängte Sanktionen gegen Moskau wegen Russlands Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und des Konflikts in der Ostukraine.
 

Nawalny: Von Hungerstreik gezeichnet

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist erstmals nach der Beendigung seines mehr als dreiwöchigen Hungerstreiks wieder in der Öffentlichkeit zu sehen gewesen. Per Videoverbindung wurde der 44-jährige Oppositionspolitiker am Donnerstag zu einer Gerichtsanhörung vom Straflager aus zugeschaltet.

ribbon Zusammenfassung
  • Moskau hat als Reaktion auf Einreiseverbote in die EU acht Vertretern aus EU-Staaten die Einreise nach Russland verboten.
  • Unter den EU-Vertretern, die mit einem Einreiseverbot belegt wurden sind der EU-Parlamentspräsident David Sassoli und die EU-Vize-Kommissionspräsidentin Vera Jourova.
  • Die EU hatte im März Strafmaßnahmen gegen russische Regierungsmitarbeiter verhängt.
  • Russland kritisierte diese Entscheidung erneut und warf Brüssel antirussische Hysterien vor.
  • Alle Vorschläge aus Moskau zur Lösung von Probleme zwischen Russland und der EU würden "konsequent ignoriert oder abgelehnt". Ziel es sei offenbar, die Entwicklung Russlands um jeden Preis einzudämmen", hieß es.

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