Russland-Experte Mangott: Nehammer setzte in Serbien "völlig falsches Signal"

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Universitätsprofessor und Russland-Experte Gerhard Mangott kritisierte im Newsroom LIVE die Forderung des Kanzlers nach einem schnelleren EU-Beitritt des russlandfreundlichen Serbiens, das Mangott als "Trojanisches Pferd" bezeichnet. Von Putin erwartet sich Mangott zunehmende Brutalität und erklärt zwei Szenarien, wie es im Krieg weitergehen könnte.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) besuchte am Donnerstag Serbien, das die Russland-Sanktionen verweigert. Nehammer sagte, Serbien solle schneller als geplant in die EU kommen. "Es wäre zu befürchten, dass Serbien innerhalb der europäischen Union so eine Art Trojanisches Pferd ist", glaubt Universitätsprofessor Gerhard Mangott im Newsroom LIVE und bezeichnet Nehammers Verhalten als "völlig falsches Signal", gerade jetzt, wo Serbien Russlandnähe zeige. "Hier wäre größere Nüchternheit, Distanz und ein verurteilendes Wort eher angebracht", kritisierte der Universitätsprofessor.

Kriegsverbrechen, um Moral der Ukrainer zu brechen

Für die Zukunft der Ukraine zeichnet Mangott ein schwarzes Bild. "Ich fürchte, wir werden weiter solche Kriegsverbrechen sehen", sagt der Russland-Experte. "Es ist ja nicht so, dass diese zivilen Ziele getroffen werden, weil die russischen Streitkräfte nicht vorsichtig genug sind. Diese zivilen Ziele werden bombardiert, weil man genau diese Ziele treffen möchte." Es gehe darum, die Moral der Bevölkerung zu brechen. Russland wäre auch schon früher, etwa in Syrien, so vorgegangen.

Putins neue Härte

Am Dienstag sagte der russische Diktator Wladimir Putin unter anderem, "jedes Volk, das russische Volk ganz besonders, wird immer in der Lage sein, das Gesindel und die Verräter zu erkennen und sie auszuspucken, wie man eine Fliege ausspuckt, die einem in den Mund geflogen ist". Andersdenkende und Kriegsgegner "mit Insekten zu vergleichen", sie als "Abschaum" zu bezeichnen und von einem "Selbstreinigungsprozess" zu sprechen, sei laut Mangott eine neue Härte, die er bisher noch nicht bei Putin gehört hätte. "Das zeigt entweder wachsenden Realitätsverlust oder es zeigt, dass Putin doch zu spüren bekommt und erfährt, dass dieser Krieg nicht so verläuft, wie er gehofft hat."

"Säuberungen" in russischer Führungselite

Am Wochenende soll ein General des Inlandsgeheimdienstes FSB verhaftet worden sein, am Donnerstag folgte laut Mangott das Gerücht, dass auch der stellvertretende Oberkommandierende der Russischen Nationalgarde inhaftiert wurde. 

Das könnte auf "Widerstand in der nächsten Nähe des Präsidenten" hinweisen. Laut Exilrussen seien die beiden aber unter Hausarrest gestellt worden, weil sie Putin über die Lage in der Ukraine schlecht informiert hätten. "Wenn man es so versteht, und wenn das richtig ist, wäre das der Beginn von Säuberungen in der Führungselite."  

Umkehr für Putin keine Option

Putin könne beim Krieg gegen die Ukraine nicht mehr zurück. Russland-Kenner Mangott befürchtet, dass das zum Einsatz noch heftigerer Waffen führen wird, um die Ukraine "zu unterwerfen". Denn würde Putin nachgeben, müsste er sich die Frage nach dem Grund des Krieges und der vielen toten Soldaten stellen und diese auch der Öffentlichkeit begründen. Das würde zwar nicht zwangsläufig zu seinem Sturz führen, ihn aber schwächen – auch im Militär, das aktuell noch hinter ihm stehe. Für eine langfristige Präsidentschaft hieße das aber "nichts Gutes".  

Ukraine: Kapitulation oder Unterwerfung

Das prioritäre Ziel Putins sei die politische Kapitulation der Ukraine, "dann könnte Selenskyj auch Präsident bleiben". Dann müsste er eine neutrale, demilitarisierte Ukraine und Verluste von Gebieten akzeptieren. Gehe das nicht, wäre die Alternative laut Mangott eine militärische Kapitulation und ein Sturz des ukrainischen Präsidenten mit Einsetzung einer Marionettenregierung. "Aber eine solche Regierung würde sofort aus dem Land gejagt werden, wenn keine russischen Soldaten im Land sind, um sie zu schützen." Das gehe nur mit einer Besatzung, gegen die es partisanenartigen Widerstand und "größten zivilen Ungehorsam" der Zivilbevölkerung geben würde.

Mangott rechnet damit, dass eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine "noch sehr lange auf sich warten lassen" wird, "wenn sie denn überhaupt je realisiert werden wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Universitätsprofessor und Russland-Experte Gerhard Mangott kritisierte im Newsroom LIVE die Forderung des Kanzlers nach einem schnelleren EU-Beitritt des russlandfreundlichen Serbiens, das Mangott als "Trojanisches Pferd" bezeichnet. Von Putin erwartet sich Mangott zunehmende Brutalität und erklärt zwei Szenarien, wie es im Krieg weitergehen könnte.

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