Rechtsstaatlichkeit: EU-Bericht kritisch zu Österreich
Das Land habe "keine Fortschritte bei der notwendigen Beteiligung der Justiz an der Ernennung von Gerichtspräsidenten der Verwaltungsgerichte" gemacht, so der Bericht. Daher empfiehlt die Kommission, "die Justiz in die Verfahren zu (deren) Ernennung einzubeziehen, unter Berücksichtigung der europäischen Standards". Auch das "Vorantreiben der Reform zur Einrichtung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft" wird wieder empfohlen. Obwohl sich das Regierungsprogramm verpflichte, eine solche Reform voranzutreiben, und Gesetzesentwürfe in Vorbereitung seien, sei die Einrichtung bisher nicht vorangekommen.
Die Kommission fordert dringend die "Verabschiedung eines Legislativvorschlags zur Stärkung des Rahmens für Lobbying, einschließlich des Transparenzregisters", da sich auch hier - folgt man dem Bericht - nichts bewegt. Aufgrund erneut nur begrenzter Fortschritte auch bei der Einführung wirksamer Vorschriften für die Offenlegung von Vermögenswerten und Interessen von Parlamentsmitgliedern müssten die Anstrengungen verstärkt werden.
Trotz aller diagnostizierten Missstände hält der Bericht fest, dass die österreichische Öffentlichkeit und auch die Unternehmen die Unabhängigkeit der Justiz für sehr hoch einschätzten. Allgemein wird die Effizienz des Justizsystems insgesamt als "ebenfalls hoch" bezeichnet. Die nationale Korruptionsbekämpfungsstrategie und die Aktionspläne 2023-2025 würden umgesetzt, die Ermittlungen in Korruptionsfällen auf höchster Ebene fortgesetzt. Aber: Die "Unabhängigkeit der auf die Korruptionsbekämpfung spezialisierten Staatsanwaltschaft" müsse gewährleistet sein, mahnt die Brüsseler Behörde.
Staatliche Werbung nicht gerecht verteilt
Die Medienaufsichtsbehörde arbeite weiterhin unabhängig. Während sich die Förderung des Qualitätsjournalismus positiv auswirke, verschlechtere sich die wirtschaftliche Lage der Medienunternehmen, warnt der Bericht. Auch bei der Umsetzung und Durchsetzung der gerechten Verteilung der staatlichen Werbung sieht die Kommission noch Aufholbedarf.
Die EU-Kommission präsentiert seit 2020 einmal im Jahr einen Bericht über den Zustand von Justiz, Medien und Rechtsstaat für jedes der 27 Länder in der EU. Er dient hauptsächlich als Diskussionsgrundlage für EU-Parlament und EU-Staaten, und enthält auch konkrete Empfehlungen an die Regierungen. Da Ungarn das einzige Land ist, gegen das noch ein Artikel-7-Verfahren wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit läuft, liegt auch heuer wieder ein besonderes Augenmerk auf diesem Länderbericht. Milliarden an ungarischen EU-Geldern sind deswegen eingefroren.
Zusammenfassung
- Die EU-Kommission kritisiert im Rechtsstaatlichkeitsbericht 2024 erneut die politische Einflussnahme auf Postenbesetzungen in Österreichs Justiz und sieht keine Fortschritte bei der Überwachung von Lobbyingtätigkeiten.
- Nur begrenzte Verbesserungen werden bei der Reform der Bundesstaatsanwaltschaft und den Transparenzregeln für Abgeordnete festgestellt, während die Kommission dringend einen Legislativvorschlag zur Stärkung des Lobbying-Rahmens fordert.
- Trotz bestehender Missstände schätzt die Öffentlichkeit die Unabhängigkeit und Effizienz des Justizsystems weiterhin als hoch ein, während die Umsetzung der Korruptionsbekämpfungsstrategie und die Ermittlungen auf höchster Ebene fortgesetzt werden.