Putin warnt Westen vor "roter Linie"

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Wegen wachsender Spannungen mit dem Westen hat Russlands Präsident Wladimir Putin vor jeglichen Provokationen aus dem Ausland gewarnt. Man werde hart und schnell reagieren, sagte Putin bei seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation in Moskau. Er sprach von andauernden und grundlosen unfreundlichen Handlungen gegen Russland.

Moskau wolle keine Brücken abbrennen und sei zum Dialog bereit, er hoffe aber, dass kein Staat Russlands "rote Linien" überschreiten werde, sagte Putin. "Organisatoren jedweder Provokationen, die die Kerninteressen unserer Sicherheit bedrohen, werden ihre Taten so bereuen, wie sie lange nichts bereut haben", ergänzte er. Vor Hunderten Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion betonte der Kremlchef, dass Russland an guten Beziehungen zum Ausland interessiert sei. Im Fall von Angriffen kämen die Reaktionen aber "gleichwertig, schnell und hart", drohte er.

"Aber ich hoffe, dass niemandem in den Sinn kommt, Russland gegenüber die sogenannte rote Linie zu überschreiten. Wo sie verläuft, das werden wir in jedem konkreten Fall selbst entscheiden", sagte Putin. Die USA und die EU etwa werfen Russland eine aggressive Politik gegenüber der Ukraine vor. Im Ukraine-Konflikt hat der Westen Sanktionen gegen Moskau verhängt. Fast routinemäßig erinnerte Putin in seiner inzwischen 17. Rede am Ende den Westen einmal mehr auch an das hochgerüstete Atomwaffenarsenal seines Landes.

Putin kritisiert "Schweigen" des Westens

Zugleich kritisierte er das Agieren des Westens in Weißrussland und das "Schweigen" des Westens zu einem "versuchten Staatsstreich". Putin sagte, dass unlängst ein geplantes Attentat auf Machthaber Alexander Lukaschenko vereitelt worden sei. Es könne unterschiedliche Ansichten zur Politik Lukaschenkos geben, meinte Putin. "Aber die Praxis der Organisation von staatlichen Umstürzen, die Pläne für politische Morde, darunter auch an höchsten Funktionären - das geht zu weit. Da sind schon alle Grenzen überschritten."

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB und der KGB in Weißrussland hatten am Wochenende die mutmaßlichen Umsturzpläne öffentlich gemacht und mitgeteilt, dass zwei Verdächtige festgenommen worden seien, darunter ein Mann mit einem US-Pass. Die Politologin Tatjana Stanowaja meinte hingegen, dass die Anschlagspläne nach wie vor nicht bewiesen seien. Auch der Russland-Experte Gerhard Mangott sprach gegenüber der APA von einer "Desinformation".

Ost-West-Beziehung angespannt

Die russischen Beziehungen zu den USA, der Europäischen Union und der NATO haben sich zuletzt massiv verschlechtert und sind so angespannt wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Hintergrund sind unter anderem das Vorgehen gegen den inzwischen inhaftierten Putin-Kritiker Alexej Nawalny und der wieder verschärfte Konflikt in der Ostukraine, wo die Führung in Moskau pro-russische Separatisten unterstützt und Zehntausende Soldaten an der Grenze zusammengezogen hat.

Die USA haben zudem neue Sanktionen wegen des Vorwurfs der russischen Einmischung in die US-Wahl verhängt. Ferner warf Tschechien am Wochenende Russland vor, für einen Anschlag auf ein Munitionslager in dem NATO-Land vor rund sieben Jahren verantwortlich zu sein. Beide Länder wiesen daraufhin gegenseitig zahlreiche Diplomaten der jeweils anderen Seite aus.

Proteste für Nawalny-Freilassung

Nawalnys Team hatte am Tag von Putins Rede an die Nation landesweit zu Protesten aufgerufen. In mehr als 200 Städten wollten sich Menschen daran beteiligen. In der sibirischen Großstadt Irkutsk etwa forderten Tausende Menschen Freiheit für Nawalny, der im Hungerstreik ist und als krank und geschwächt gilt, sowie den Rücktritt Putins. In vielen Städten nahm die Polizei Demonstranten fest - wegen der Corona-Pandemie werden Versammlungen in Russland nicht erlaubt.

Bei der Massenveranstaltung mit Putin in der Moskauer Manege allerdings hielten sich die wenigsten Teilnehmer an die unter Strafandrohung vorgeschriebene Maskenpflicht. Auch Putin selbst trägt nie einen Mund- und Nasenschutz. In seiner Rede forderte er die Menschen auf, sich impfen zu lassen. Russland habe inzwischen drei Impfstoffe entwickelt, betonte er. "Nur so kann die tödliche Krankheit besiegt werden. Es gibt keinen anderen Weg." Nach jüngsten offiziellen Angaben wurden bisher nur rund fünf Prozent der Bevölkerung geimpft. Putin zufolge soll bis zum Herbst eine Herdenimmunität entstehen.

 

ribbon Zusammenfassung
  • Angesichts wachsender Spannungen mit dem Westen hat Russlands Präsident Wladimir Putin vor jeglichen Provokationen aus dem Ausland gewarnt.
  • Moskau wolle keine Brücken abbrennen und sei zum Dialog bereit, er hoffe aber, dass kein Staat Russlands "rote Linien" überschreiten werde, sagte Putin.
  • Im Ukraine-Konflikt hat der Westen Sanktionen gegen Moskau verhängt.
  • Es könne unterschiedliche Ansichten zur Politik Lukaschenkos geben, meinte Putin.

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