Medienkrise in Österreich

Milborn: Ohne Qualitätsjournalismus "war es das mit Demokratie"

24. Okt. 2025 · Lesedauer 4 min

Die Medienbranche ist in der Krise. PULS 24-Infochefin Corinna Milborn spricht im Interview über die unfaire Konkurrenz durch internationale Plattformen und betont die Wichtigkeit des Journalismus für eine funktionierende Demokratie.

Die Gewerkschaft GPA und der Presseclub Concordia haben angesichts der wirtschaftlichen Lage in der heimischen Medienbranche einen "Hilfeschrei" losgelassen. "Ja, wir sind am Untergang, wir funken SOS", sagte Ute Groß, Vorsitzende der Journalist:innengewerkschaft in der GPA, bei einer Pressekonferenz.

Laut Groß gingen heuer 300 Arbeitsplätze im Journalismus flöten. Etwa 1.000 Journalist:innen, aber auch Angestellte in den Bereichen Korrektorat, Lektorat oder Grafik seien derzeit beim AMS arbeitslos gemeldet. Aussichten auf neue Jobs in der Branche gibt es aktuell nicht: die Betroffenen würden sich vermutlich beruflich völlig neu orientieren müssen.

"Es ist nicht nur alarmierend für die Medien selbst und die, die dort die Jobs verlieren, es ist alarmierend für die Gesellschaft, weil Demokratie ohne Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt nicht funktioniert", erklärt Corinna Milborn, PULS 24-Infochefin, im Interview am Freitag.

Laut Milborn war die Medienkrise vorhersehbar. Der Grund: unfaire Konkurrenz durch internationale Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube, Google und TikTok. Diese großen Tech-Konzerne haben laut der PULS 24-Infochefin "österreichische Medien ruiniert".

Demokratien brauchen guten Journalismus

Der Qualitätsjournalismus ist ein wichtiger Wächter der Demokratie. Er deckt Missstände auf, stellt kritische Fragen, deckt Korruption auf und fördert öffentliche Debatten. Journalist:innen dürfen keine Lügen, keine Hetze verbreiten.

"Auf Facebook, auf Instagram, auf TikTok, die müssen das nicht", betont Milborn. Auf diesen Plattformen wird ihrer Meinung nach Hetze und Lüge "nicht nur verbreitet, sondern auch promotet".

"Damit binden die sehr viel Aufmerksamkeit und sehr viel Werbegeld. Und letztes Jahr war das erste Jahr, wo mehr als die Hälfte der österreichischen Werbegelder an ausländische Konzerne aus den USA und aus China gegangen sind. Und das fehlt natürlich den österreichischen Medien", analysiert Milborn.

"Aber was macht die Regierung selbst?"

Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ) erklärte in einem kurzen Interview gegenüber PULS 24 am Donnerstag, dass man sich aktuell in einer "sehr schwierigen Transformationsphase befinde, wo große Big-Tech-Konzerne eigentlich Werbegelder in zunehmendem Maße abziehen aus dem klassischen Medienmarkt."

Das führe zu Problemen mit der Aufrechterhaltung heimischer Medienhäuser. Milborn hinterfragt diese Aussagen kritisch: "Aber was macht die Regierung selbst?"

"Es hat jedes österreichische Medienhaus heuer öffentliche Inserate und Werbegelder in Millionenhöhe verloren", so die Infochefin. Große Tech-Konzerne wie Google hingegen sind praktisch unberührt geblieben, TikTok entkam sogar mit einem Plus. "16 Millionen öffentliche Werbegelder von öffentlichen österreichischen Stellen gehen dorthin", betont Milborn.

"... dann war es das mit Demokratie"

Damit steht nun auch die große Frage im Raum: Was muss die Politik tun? Zum einen muss laut Milborn sichergestellt werden, dass für internationale Konzerne die gleichen Regeln gelten, wie für alle anderen. Das sei auf europäischer Ebene "absolut möglich".

"Ich habe manchmal den Eindruck, die Politik hat kein Interesse daran, weil sie auf diesen Plattformen unwidersprochen, ohne dass jemand unbequem nachfragt und Fakten checkt, alles sagen kann, was sie will. Und das ist ihnen ganz recht", so Milborn.

Im Hinblick auf die Zukunft fehlt ihr der Optimismus: "Wenn die Situation so bleibt und wenn weiterhin die amerikanischen und chinesischen Konzerne das Werbegeld so abziehen können, indem sie Hass und Lügen und Hetze verbreiten, dann wird das ein Hangrutsch und geht so weiter", erklärt sie.

Daher sei es dringend notwendig, dass die Regierung eingreift, weil: Pressefreiheit und Medienvielfalt die zentrale Grundlage für eine funktionierende Demokratie sind.

"Wenn es niemanden gibt, der nachfragt, der Informationen prüft, der den Mächtigen auf die Finger schaut, was sie da tun und das veröffentlicht und zwar professionell bezahlt und den ganzen Tag das tut, wenn es das nicht mehr gibt, sondern Mächtige nur mehr selbst kommunizieren, nur mehr selbst Propaganda betreiben, dann war es das mit Demokratie und dann hat auch Populismus einfach freie Bahn", warnt Milborn.

Zusammenfassung
  • Die Medienbranche ist in der Krise.
  • PULS 24-Infochefin Corinna Milborn spricht im Interview über die unfaire Konkurrenz durch internationale Plattformen und betont die Wichtigkeit des Journalismus für eine funktionierende Demokratie.