APA/ROLAND SCHLAGER

Plenarwoche mit aufgelegtem Aufreger

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Eine an sich eher unspektakulär anmutende Plenarwoche bekommt durch die jüngsten Unannehmlichkeiten für Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) unerwartete Brisanz. Denn zusätzlich zu den regulären Sitzungstagen, an denen etwa ein Glyphosat-Teilverbot und ein höheres Budgetdefizit vereinbart werden, tritt der Nationalrat auch zu einer Sondersitzung zusammen, bei der die Opposition den türkisen Teil der Regierungsspitze in Bedrängnis bringen will.

Eigentlicher Anlass für die außertourliche Zusammenkunft am Montag ist, dass der Finanzminister Unterlagen erst an den U-Ausschuss geliefert hatte, nachdem der VfGH Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Exekution aufgefordert hatte. Die Opposition will hier eine Ministeranklage gegen Blümel einbringen, die aber wie in solchen Fällen üblich so gut wie keine Erfolgsaussichten hat. Inzwischen ist noch die möglicherweise bevorstehende Anklage gegen Kurz wegen angeblich falscher Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss hinzugekommen. Zumindest die FPÖ erwägt einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler, den ein ähnliches Schicksal wie jenen zur Ministeranklage ereilen dürfte.

Nach einem Tag Pause geht es am Mittwoch mit dem regulären Plenarprogramm weiter. Für einmal steht da nicht Corona alleine im Mittelpunkt, auch wenn die NEOS wirtschaftliche Aufbruchmaßnahmen zum Thema der "Aktuellen Stunde" machen und die Koalition das Budgetdefizit um gut acht Milliarden nach oben korrigieren lässt. Ein Grund für letzteres ist die ebenfalls auf der Agenda stehende Aufstockung der Investitionsprämie.

Gleich drei Volksbegehren haben die Hürde von 100.000 Unterstützungserklärungen überwunden und sich somit das Recht einer parlamentarischen Behandlung verdient. Gut 6,5 Prozent der Stimmberechtigten schlossen sich einer Tierschutz-Initiative an, was rund 416.000 Unterschriften und Rang 19 unter bisher 53 Volksbegehren bedeutet. Rund 4,1 Prozent unterstützten ein Begehren, das Nachteile für Nicht-Geimpfte untersagen will, 2,5 Prozent einen Ethik-Unterricht für alle. Allen drei Themen wird am Mittwoch eine Aussprache gewidmet.

Nicht zu kurz kommen EU-Themen. Ratifiziert wird die Aufstockung der Eigenmittel, aus denen die Wiederaufbau-Maßnahmen unter dem Titel "Next Generation EU" finanziert werden sollen. Für die Mitgliedsstaaten bedeutet dies auch, höhere Anteile an Brüssel abliefern zu müssen. Österreichs Teilnahme an der EU-Staatsanwaltschaft wird dann voraussichtlich am Donnerstag fixiert. Die neue Behörde ist für die Verfolgung von Straftaten, die zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU sind, zuständig.

Für mehr Debatten werden aber wohl andere Themen sorgen. Neben einer "Fragestunde" an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sticht etwa das Teilverbot des Pflanzenschutzgifts Glyphosat aus dem Donnerstag-Programm hervor. Der Gesetzesantrag sieht vor, dass das Pestizid bei sensiblen Orten wie Kinderspielplätzen, Parks sowie Einrichtungen der Altenbetreuung oder Gesundheitseinrichtungen nicht mehr eingesetzt werden darf. Ebenso sind Haus- und Kleingartenbereich und private Verwendung betroffen. Umweltschutzorganisationen kritisieren freilich, dass die Landwirtschaft von den Verboten ausgenommen bleibt.

Auch nicht ganz unumstritten ist eine Verlängerung jener Regel, wonach Spitalsärzte weiter freiwillig bis zu 55 Stunden arbeiten können. Bis Mitte 2025 wird diese Übergangsregel verlängert, ehe für die vier darauffolgenden Jahre auf durchschnittlich 52 Stunden reduziert wird. Begründet wird der Beschluss seitens der Koalition mit Ärztemangel. Die Ärztekammer fürchtet hingegen, dass sich unter diesen Bedingungen nicht ausreichend Nachwuchs finden wird.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine an sich eher unspektakulär anmutende Plenarwoche bekommt durch die jüngsten Unannehmlichkeiten für Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) unerwartete Brisanz.
  • Eigentlicher Anlass für die außertourliche Zusammenkunft am Montag ist, dass der Finanzminister Unterlagen erst an den U-Ausschuss geliefert hatte, nachdem der VfGH Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Exekution aufgefordert hatte.

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