Österreich bei Behindertenrechten "passiv, planlos, peinlich"

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Ab Dienstag wird Österreich vor den Vereinten Nationen zu seiner Umsetzung der Behindertenrechtskonvention befragt. Der Monitoring-Ausschuss sah in den letzten 10 Jahren keine Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderungen.

2008 unterschrieb Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BKR). Damit hat sich Österreich selbst verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte von Personen mit Behinderungen "gefördert, geschützt und gewährleistet werden". 

Die Umsetzung dieses Zieles soll alle vier Jahre geprüft werden, wegen der Corona-Pandemie lagen zwischen der letzten Prüfung Österreichs und der diesjährigen 10 Jahre. 

Mehr als eine Rampe

Wirklich wichtig wäre ein inklusives Bildungssystem, so Daniela Rammel im Interview mit PULS 24. Sie ist Vorsitzende des Monitoringausschusses. Bildung müsse für alle zugänglich sein, um später einen guten Job zu erreichen. Auch persönliche in Assistenz in ganz Österreich für Freizeit und Arbeit sollten in Österreich ermöglicht werden. 

Für die Umsetzung der Konvention wurde der Monitoring-Ausschuss eingerichtet. Die vier Mitglieder werden in Genf am 22.8. und am 23. 8. Bericht erstatten. Ihr sogenannter Schattenbericht wird dann mit dem der Regierungs-Delegation gegenübergestellt. 

Barrierefreiheit solle von der österreichischen Regierung umgesetzt werden, das würde nicht bei einer Rampe aufhören. So müsse man taktile Leitsysteme einführen, oder Übersetzungen in Gebärdensprache anbieten. Personal sollte sensibilisiert sein, wenn ein Mensch mit Behinderung in ein Geschäft kommt. 

"Viele sagen, es kommen ja eh keine Menschen mit Behinderungen in mein Geschäft oder zu mir - ja eh, weil niemand rein kommt und niemand diese Dienstleistungen nutzen kann", so Rammel.  

Fehlender Wille?

"Passiv, planlos, peinlich" so nennt Tobias Buchner die Umsetzung der Konvention in Österreich. Der Umgang Österreichs mit Menschen mit Behinderungen sei von "Gleichgültigkeit" geprägt, nichts würde aktiv umgesetzt, vor allem nicht, wenn es Mehrkosten verursacht. Es gebe außerdem keinen Plan und es sei "peinlich", dass Österreich es nicht schaffe, die Konvention umzusetzen. "Dieses Geld möchte niemand in die Hand nehmen", so Buchner im Interview auf "Ö1".

Verschlechterung im Bildungswesen

Ein großer Kritikpunkt von Organisationen und den Vereinten Nationen ist die Verletzung von Menschenrechten im Bildungsbereich in Österreich. In Modellregionen hätten Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam unterrichtet werden sollen, das Projekt wurde eingestellt, auch die Zahl der Sonderschulen blieb in Österreich gleich. 

Die UN-Konvention arbeite auch mit einem sozialen Verständnis von Behinderung – in Österreich seien Unterstützungsleistungen immer noch an klinische Diagnosen geknüpft. Deshalb haben viele Menschen keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützungsleistungen, weil sie formell nicht die notwendigen Qualifikationen erfüllen.

Der Monitoring-Ausschuss und die zivilen Organisationen haben aber noch viele weitere Forderungen, die unerfüllt sind. So wollen sie auch verpflichtende Gewaltschutzkonzepte für alle Pflegeeinrichtungen, weil besonders Frauen mit Behinderungen von Gewalt betroffen sind. 

Abschlussbericht im September

Abgeschlossen sein wird die Staatenprüfung Anfang September, mit der Veröffentlichung eines Berichts, der Handlungsempfehlungen für Österreich enthält. 

Zivile Organisationen, wie der Behindertenrat, sehen auch, dass Österreich "lügen" würde - die vom Staat gesandte Delegation hätte in Genf auch in der Vergangenheit die Prüfer:innen "belogen", um die Situation geschönt darzustellen.

Monitoring-Ausschuss und Verbände von Menschen mit Behinderungen erhoffen sich von der Prüfung Druck auf die Politik, damit ihre Anliegen beachtet werden.

Die Handlungsempfehlungen der UN werden nicht egal sein, so Daniela Rammel vom Monitoringausschuss. "Österreich muss sich wirklich daran halten, die Politik muss sich da drauf setzen und auch darauf beziehen und diese Empfehlungen ernst nehmen." Die NGOs werden mahnend über die Einhaltung wachen. 

ribbon Zusammenfassung
  • Ab morgen wird Österreich vor den Vereinten Nationen zu seiner Umsetzung der Behindertenrechtskonvention befragt.
  • Der Monitoringausschuss sah in den letzten 10 Jahren keine Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderungen.