ÖH-Spitzenkandidaten diskutierten eine Woche vor der Wahl
ÖH-Wahlkämpfe und damit auch Spitzenkandidaten-Diskussionen sind traditionell ein Vortragen von Wunschkonzerten. Die meisten der erhobenen Forderungen liegen nicht in der Zuständigkeit der 55-köpfigen Bundesvertretung, die für die Interessen der Studierenden einstehen soll. Weder über die Abschaffung oder die Einführung von Studienbeiträgen noch über Zugangsbeschränkungen und nicht einmal über ein Aus für die Pflichtmitgliedschaft bestimmt die ÖH mit.
Insofern sind Wünsche schnell geäußert - wobei sich vor allem die Forderungen der linken Fraktionen größtenteils decken, wenn auch in verschiedenen Abstufungen. So betont der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) stark die soziale Komponente, Spitzenkandidatin Selina Wienerroither sprach etwa die Erhöhung der Studienbeihilfe auf die Armutsgefährdungsgrenze an. Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) plädieren für eine Grundsicherung für alle prüfungsaktiven Studierenden, Spitzenkandidatin Viktoria Kudrna legte aber den Fokus primär auf ein kostenloses Klimaticket sowie die Verankerung der Klimakrise in den Curricula.
Ein eigenes Kapitel sind die beiden konkurrierenden kommunistischen Listen: Der Kommunistische StudentInnenverband Linke Liste (KSV-LILI) will zwar auch eine Grundsicherung, nannte als Hauptthemen aber auch den Kampf gegen Sexismus und Rechtsextremismus. Der Kommunistische Studierendenverband - Kommunistische Jugend (KSV-KJÖ) wiederum engagiert sich vor allem gegen Rüstungsforschung und will beim Militär kürzen, um die Unis auszufinanzieren. Die Unterschiede der beiden Fraktionen dürften eher etwas für dunkelrote Feinspitze sein: KSV-LiLi Spitzenkandidatin Alexandra Budanov meinte, man wolle nicht nur auf die Weltrevolution warten, sondern im Hier und Jetzt aktiv werden - konkret stellt man derzeit mit VSStÖ und GRAS die ÖH-Exekutive. KSV-KJÖ-Spitzenkandidat Noah Zvonek hingegen sah sich im Globalen Süden verankert und kritisierte die Räumung des Palästina-Camps an der Uni Wien.
"Samma ehrlich, des is a Schas"
Auf der anderen Seite warb der Spitzenkandidat der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG), Laurin Weninger, für konkrete Hilfe für die Studierenden bei leistbarem Essen, Studienbedingungen und Vereinbarkeit mit dem Job. Und: "Wir engagieren uns auch für das Campusleben, damit die Studierenden die geilste Zeit ihres Lebens neben dem Studium haben können." Die Jungen Liberalen Studierenden (JUNOS Studierenden) mit Spitzenkandidat Manuel Grubmüller haben als einzige Fraktion konkrete Vorstellungen für ein Studiengebühren-Modell und treten vehement für ein Ende der Pflichtmitgliedschaft in der ÖH ein - beides zum Missfallen von Weninger: "Nachgelagerte Studiengebühren: Manuel - samma ehrlich, des is a Schas."
Vor allem mit linken Themen punkten wollen die beiden parteipolitisch unabhängigen Fraktionen: Die Fachschaftslisten (FLÖ) mit Pia Graves wollen es unter anderem mit gelebter Gleichberechtigung und einer Stärkung der Basisgruppen wieder in die ÖH-Exekutive schaffen. Die Liste "Who the F*ck is Herbert" wiederum setzt auf den gezwirbelten Schnurrbart von Spitzenkandidat Julian Gredinger und will sich für Inklusion auf allen Ebenen, hybride Lehre und einen Rechtsanspruch auf günstiges Wohnen in Hochschulnähe einsetzen.
"Antifaschismus bleibt Handarbeit"
Ein weiteres Sonderkapitel ist der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS): Mit ihm will keine der anderen Fraktionen wirklich viel zu tun haben - da hilft auch der Umstand nicht, dass man neuerdings für Studiengebühren eintritt, allerdings noch ohne ein Modell dafür zu haben. Aufhorchen ließ Spitzenkandidat Nico Kröpfl, der kurzfristig für den ursprünglichen Listenersten David Zimmerbauer eingesprungen war, mit der Aussage, dass man nach der Wahl auch mit den beiden KSVs reden würde - und das obwohl man im Vorfeld beim Unterschriftensammeln an der Uni Wien von KSV-LiLi-Vertretern mit Eistee attackiert worden sei. Den Vorwurf weise sie zurück, so Budanov, aber: "Antifaschismus bleibt Handarbeit."
Die Revolutionäre Kommunistische Partei sowie die Liste Fölik treten heuer zum ersten Mal an und waren nicht zur Diskussion geladen.
Zusammenfassung
- Rund eine Woche vor den ÖH-Wahlen trafen sich die Spitzenkandidaten der neun Fraktionen zu einer Diskussion, um Themen wie Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu erörtern.
- Linke Fraktionen wie der VSStÖ fordern soziale Maßnahmen, darunter die Erhöhung der Studienbeihilfe, während die GRAS ein kostenloses Klimaticket und die Verankerung der Klimakrise in den Curricula betont.
- Die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft setzt auf konkrete Hilfe für Studierende, während die JUNOS Studierenden ein Studiengebühren-Modell und das Ende der Pflichtmitgliedschaft in der ÖH fordern.