Neue US-Sicherheitsstrategie sieht "Unterdrückung" in Europa
Als Problem in Europa macht die US-Regierung auch die Einwanderungspolitik aus, die den Kontinent verändere und Konflikte erzeuge. "Wir möchten, dass Europa europäisch bleibt", heißt es in dem Dokument. Der Charakter und die Geschichte der einzelnen europäischen Staaten müssten gewahrt und ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden. "Anlass zu großem Optimismus" gebe der wachsende Einfluss "patriotischer europäischer Parteien".
Sollten sich die aktuellen Trends fortsetzen, werde Europa in 20 Jahren oder weniger nicht mehr wiederzuerkennen sein, heißt es in dem Text. Daher sei "alles andere als klar", ob Europa weiterhin ein verlässlicher Verbündeter bleiben könne. "Unser Ziel sollte es sein, Europa dabei zu helfen, seinen derzeitigen Kurs zu korrigieren."
Obwohl die US-Regierung in dem Dokument ein Ende des Kriegs in der Ukraine als zentrales Interesse bezeichnet, finden sich kaum kritische Worte für Russland. Ein Ende der Feindseligkeiten sei notwendig, "um die europäischen Volkswirtschaften zu stabilisieren und eine unbeabsichtigte Eskalation oder Ausweitung des Kriegs zu verhindern". Mit Russland müsse eine "strategische Stabilität" hergestellt werden.
EU-Kommission weist Vorwürfe zurück
Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen weist in einer neuen US-Sicherheitsstrategie enthaltene Vorwürfe gegen die Europäische Union entschieden zurück. Auf die Frage, ob die EU aus Sicht der Kommission eine Institution sei, die die politische Freiheit und Souveränität untergrabe, mit ihrer Migrationspolitik den Kontinent schädige und die freie Meinungsäußerung behindere, antwortete Chefsprecherin Paula Pinho mit einem klaren Nein. Darüber hinaus wollte sie sich zunächst aber nicht zu der neuen US-Strategie äußern. "Wir hatten jedoch noch keine Zeit, sie anzusehen und zu bewerten, daher sind wir derzeit nicht in der Lage, sie zu kommentieren", sagte die Sprecherin.
Auch NATO-Politik wird thematisiert
In Brüsseler NATO-Kreisen sorgt zudem eine Passage in der US-Sicherheitsstrategie fürr Beunruhigung, in der es heißt, die grundlegende US-Politik für Europa solle darauf abzielen, "den Eindruck - und die Realität - einer sich ständig erweiternden NATO zu beenden". Dies würde ein Ende des bisherigen Prinzips der "offenen Tür" bedeuten. Das Bündnis wollte diesen Punkt in der US-Strategie auf Anfrage der dpa zunächst nicht kommentieren. Zu der US-Forderung nach einer veränderten Lastenteilung sagte ein Sprecher: "Amerikas Verbündete in Europa und Kanada erkennen die Notwendigkeit an, mehr in Verteidigung zu investieren und die Last im Bereich unserer gemeinsamen Sicherheit fairer zu verteilen."
Wadephul verbittet sich US-Ratschläge zu Demokratie
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul reagierte zurückhaltend auf die neue US-Sicherheitsstrategie. "Wir werden die neue Strategie der Vereinigten Staaten in allen Punkten intensiv auswerten, das konnten wir bisher nicht machen", sagte Wadephul am Freitag in Berlin. Die USA seien und blieben der wichtigste Verbündete im NATO-Bündnis. Dabei gehe es aber vor allem um verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen. "Ich glaube, Fragen der Meinungsäußerungsfreiheit oder der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften hier - jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland - gehören nicht dazu", betonte der CDU-Politiker. "Wir glauben auch nicht, dass irgendjemand uns dazu Ratschläge geben muss."
Zusammenfassung
- Die neue US-Sicherheitsstrategie kritisiert einen angeblichen Verlust von Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa und warnt, Europa werde in 20 Jahren oder weniger nicht mehr wiederzuerkennen sein, falls der aktuelle Kurs beibehalten werde.
- Die EU-Kommission weist die US-Vorwürfe entschieden zurück und betont, dass die Europäische Union keine politische Freiheit oder Souveränität untergräbt und die Migrationspolitik nicht schädlich für den Kontinent sei.
- Für Unruhe sorgt eine Passage der US-Strategie, die ein Ende der NATO-'offenen Tür'-Politik fordert und eine fairere Lastenteilung zwischen den USA, Europa und Kanada verlangt.
