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Nationalrat mit vielen Gesetzen und offenen Fragen

06. Juli 2025 · Lesedauer 4 min

Der Nationalrat schließt ab Mittwoch mit einer ganzen Reihe an bedeutenden Gesetzesvorhaben sein Parlamentsjahr ab. Unter den anstehenden Beschlüssen sticht die Etablierung der Messenger-Überwachung hervor. Dazu kommen die neue Teilpension, die Einführung von Orientierungsklassen, ein Ehe-Verbot für Unter-18-Jährige sowie der so genannte "Dick-Pic-Paragraf". Schließlich bereitet man sich gesetzlich auf das Aus des Amtsgeheimnisses vor.

Auch personell gibt es Änderungen. So wird der Grüne Klub erstmals von der neuen Parteivorsitzenden Leonore Gewessler angeführt. Die ÖVP muss in ihrer Fraktion auf Karoline Edtstadler verzichten, die inzwischen zur Salzburger Landeshauptfrau gekürt wurde. Für sie kehrt die langjährige Behindertensprecherin Kira Grünberg in den Nationalrat zurück.

Die meisten Augen dürften jedoch auf den Klub der NEOS gerichtet sein. Denn gleich bei zwei Gesetzesmaterien hat sich zuletzt angedeutet, dass es beim kleinsten Koalitionspartner Abweichler geben könnte. Dabei geht es - in der weniger brisanten Materie - um die Social Media-Accounts von Regierungsmitgliedern, die auch parteipolitischen Zwecken dienen. Hier dürfen künftig Mitarbeiter von Ministerbüros mitwirken, sofern dies gekennzeichnet ist und nur einer Sachinformation dient.

Dem Rechnungshof schmeckt diese Regelung gar nicht, wird doch damit aus Sicht des Prüforgans eine Parteispende legalisiert. Bei den NEOS äußerte sich der Abgeordnete Veit Dengler ebenfalls abschlägig. Dass die Rückwirkung des Gesetzes, die ÖVP, Grünen und NEOS einiges an Bußgeld gespart hätte, nun doch fällt, könnte jedoch einige Gemüter wieder beruhigt haben.

Mit Nikolaus Scherak und Stephanie Krisper haben zwei prominente Mandatare der NEOS bereits kundgetan, einer anderen Materie ihren Segen zu verweigern, nämlich der Einführung der Gefährder-Überwachung. Mit dieser wird der Staatsschutz Kommunikationsinhalte beispielsweise auf Mobiltelefonen ermitteln können. Beschränkt werden soll die Maßnahme auf Fälle, die auf terroristische und verfassungsgefährdende Aktivitäten hindeuten. Scherak als Verfassungssprecher seiner Partei hält die vereinbarte Regelung für verfassungswidrig.

Erste Pensionsreform der Dreier-Koalition

Weniger strittig ist die erste Pensionsreform der neuen Regierung, die vor allem die Einführung einer Teilpension bringt. Diese ermöglicht es Arbeitnehmern einen Teil des Ruhestandsbezugs zu beziehen und gleichzeitig reduziert weiter zu arbeiten. Die Teilpension kann angetreten werden, sobald man einen Anspruch auf eine Alterspension hat, die Arbeit muss zwischen 25 und 75 Prozent reduziert werden. Im Gegenzug wird die Altersteilzeit auf maximal drei Jahre beschränkt. Eher vage gewählt ist die Formulierung beim Nachhaltigkeitsmechanismus, der Handeln auf unterschiedlichen Ebenen bewirken soll, sollten die Kosten für das Pensionssystem bis 2030 aus dem Ruder gelaufen sein.

Zwei größere Materien dieser Plenarwoche kommen aus dem Justiz-Bereich. So wird das ungefragte Zusenden von Bildern, auf denen Genitalien zu sehen sind, zum Straftatbestand. Die zweite Änderung betrifft das Eherecht. So wird Heiraten unter 18 verboten, was bisher mittels Sonderregelung noch möglich war. Außerdem wird das Verbot der Eheschließung sowie der Begründung eingetragener Partnerschaften auf Verwandte bis zum vierten Grad der Seitenlinie ausgeweitet, womit beispielsweise eine entsprechende Verbindung zwischen Cousin und Cousine untersagt wird.

Nicht weniger als 140 Materiengesetze müssen für das Inkrafttreten der Informationsfreiheit mit September angepasst werden. Dazu gehört etwa, dass alle in der Transparenzdatenbank erfassten Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen und 1.500 Euro überschreiten, öffentlich gemacht werden müssen.

Orientierungsklassen kommen

Neues gibt es weiters an den Schulen. Flüchtlingskinder sollen nach ihrer Ankunft in Österreich künftig zuerst einige Zeit in sogenannten Orientierungsklassen verbringen, wenn sie entsprechende Defizite über fehlende Sprachkenntnisse hinaus gehend aufweisen. Für Raucher relevant ist, dass in Zukunft auch "erhitzte Tabakerzeugnisse" kein Aroma mehr enthalten dürfen. Nicht betroffen sind E-Zigaretten mit Liquids.

Zu Fragestunden sind in der Plenarwoche Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) am Donnerstag und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am Freitag geladen. Sie wird die Gelegenheit wohl auch nutzen, Österreichs Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat zu bewerben. Der Nationalrat stellt diesbezüglich einen Antrag, das Parlament entsprechend einzubinden. Ein weiterer Entschließungsantrag setzt sich für einen ungehinderten und sicheren Zugang für humanitäre Hilfsleistungen in den Gazastreifen ein.

Zusammenfassung
  • Der Nationalrat beschließt in dieser Woche zahlreiche Gesetze, darunter die Einführung der Messenger-Überwachung, eine neue Teilpension und das Verbot der Ehe für Unter-18-Jährige.
  • Für die Umsetzung der Informationsfreiheit müssen 140 Materiengesetze angepasst werden, und künftig werden alle Förderungen über 1.500 Euro, die nicht an Privatpersonen gehen, veröffentlicht.
  • Im Schulbereich werden Orientierungsklassen für geflüchtete Kinder eingeführt, zudem wird das unerwünschte Versenden von Bildern mit Genitalien („Dick-Pic-Paragraf“) strafbar.