Mega-Haft
Türkei: 2.352 Jahre Haft für Erdoğan-Rivalen gefordert
Die Anklage wirft dem Gegner von Langzeit-Machthaber und Präsident Recep Tayyip Erdoğan unter anderem Gründung und Leitung einer kriminellen Vereinigung sowie Bestechung und Geldwäsche vor, wie die Istanbuler Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte.
Die Annahme der Anklageschrift durch das Gericht gilt als Formsache. İmamoğlu, Politiker der sozialdemokratischen republikanischen Volkspartei (CHP), ist ein aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Erdoğan bei der nächsten Präsidentenwahl.
Polit-Justiz
Beobachter:innen sehen daher Polit-Justiz am Werk. Der Sender CNN Türk berichtete, die Anklageschrift sei 3.900 Seiten lang und umfasse insgesamt 402 Verdächtige.
Ein Anwalt der Partei Imamoglus sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Anschuldigungen seien völlig haltlos. Er erwarte einen Freispruch am Ende des Verfahrens.
Größten Proteste seit mehr als zehn Jahren ausgelöst
Imamoglu war im März unter Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen und als Bürgermeister abgesetzt worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Das Vorgehen gegen den populären Politiker hatte die größten Proteste seit mehr als zehn Jahren in der Türkei ausgelöst. Imamoglu selbst bestreitet die Vorwürfe. Kritiker sehen das Vorgehen als gezielten Versuch der Regierung, die stärkste Oppositionspartei im Land auszuschalten.
Die CHP war 2024 überraschend als landesweit stärkste Kraft aus den Kommunalwahlen hervorgegangen - was viele als mögliche Vorstufe zu einer Ablösung der AKP-Regierung von Präsident Erdoğan deuteten. Seither steht die säkular ausgerichtete CHP unter Druck.
Bisher wurden Hunderte ihrer Mitglieder festgenommen und 17 ihrer Bürgermeister verhaftet. Die Regierung weist Kritik an dem Vorgehen zurück und nennt die Justiz im Land unabhängig. Internationale Organisationen und auch die EU-Kommission stellen dies allerdings infrage.
Zusammenfassung
- Die türkische Staatsanwaltschaft fordert bis zu 2.352 Jahre Haft für den abgesetzten Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu, dem unter anderem Gründung und Leitung einer kriminellen Vereinigung, Bestechung und Geldwäsche vorgeworfen werden.
- Die 3.900 Seiten starke Anklageschrift richtet sich insgesamt gegen 402 Verdächtige und wird von Beobachtern als politisch motiviert eingestuft, während die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz betont.
