Mattle: "Provokation"von Schellhorn, mehr Respekt von NEOS
Auf die Frage, ob er Schellhorn aufgrund seiner Aussage demnächst einmal ins Gebet nehmen werde, meinte Mattle: "Man begegnet sich immer wieder und wird auch die Dinge ansprechen. Wir Landeshauptleute trauen uns das sehr wohl." Tirols Landeshauptmann wollte seine Kritik jedenfalls nicht allein auf den Staatssekretär bezogen wissen. Schellhorn sei nämlich "eingebettet in eine Partei, die von föderalen Strukturen nicht so überzeugt ist", erklärte Mattle. Dies hänge wohl auch damit zusammen, "dass noch nie jemand von den NEOS in den Bundesländern richtig Verantwortung getragen hat." Er erwarte sich jedenfalls von den Pinken mehr Respekt vor den Bundesländern und auch "mehr Respekt für die Arbeit in den Bundesländern", betonte Mattle, der ab 1. Jänner für ein halbes Jahr den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz übernimmt.
Indes ließ Mattle auch Kritik anklingen, was das von Schellhorn kürzlich präsentierte Entbürokratisierungspaket betrifft. Er gehe zwar mit etlichen darin enthaltenen Maßnahmen "d'accord", aber: "Wenn er etwa glaubt, das Bauwesen nach Wien zu holen, dann ist das danebengegriffen." Die Bundesländer hätten sich jedenfalls "gewünscht, stärker miteinbezogen zu werden": "Wir kennen ja die Schwachstellen in unseren eigenen Verwaltungen. Die könnten fein abgestimmt mit dem Bund auch gemeinsam kommuniziert werden."
Gefragt nach Ist-Zustand und Performance der Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS, die sich weiter mit schlechten Umfragewerten konfrontiert sieht, erklärte Mattle, er sei "froh, dass Christian Stocker nun wieder genesen ist." Es sei nun wieder eine "Persönlichkeit gegeben, die alles lenkt und steuert." Denn er habe während der gesundheitsbedingten Auszeit Stockers in Folge einer Rücken-Operation "schon gespürt: Es braucht einen Regierungschef." "Ich habe auch gespürt, dass niemand da war, der endentschieden hat. Es braucht jemanden, bei dem die Fäden zusammenlaufen", sagte der Landeshauptmann.
Will in LH-Vorsitz "Zeitfenster nützen", skeptisch bei Zentralisierungs-Fokus im Gesundheitsbereich
Für die Zeit des Tiroler LH-Vorsitzes legte Mattle den Fokus vor allem auf die mit dem Bund ausgerufene "Reformpartnerschaft" samt angestrebter Neuregelung von Kompetenzen. "Ich möchte das Zeitfenster nützen und womöglich auch erste Entscheidungen herbeiführen", erklärte der Landeschef. Diese könne es im ersten Halbjahr 2026 durchaus geben, aber: Von einer dann abgeschlossenen Föderalismus- oder Verwaltungsreform ging Mattle nicht aus. Schließlich habe man sich erst Mitte dieses Jahres auf einen Zeitraum von 18 Monaten für den Reformprozess verständigt. Nun solle man erst einmal Experten die entsprechenden Vorschläge ausarbeiten lassen - und dann beginne der politische Bewertungsprozess zwischen Bund und Ländern.
Und Mattle machte klar, dass eine Reform für ihn keineswegs in erster Linie mehr Zentralisierung bedeutet: "Ich bin bereit für Reformen, aber es gibt Dinge, die man besser organisieren kann, wenn man näher bei den Menschen ist. Und das sind nun mal die Länder." "Österreich ist eine föderale Republik und das soll sie auch bleiben. Föderalismus macht Sinn, weil Österreich auch topografisch dermaßen unterschiedlich ist", so der Landeshauptmann. Reform könne nicht bedeuten, dass man "nur eine Aufgabe von A nach B verschiebt" - weder im Gesundheits-, Bildungs- noch einem sonstigen Bereich: "Dann wird's nicht besser." Man müsse "Gesundheit vom Patienten aus denken, Verwaltung vom Bürger aus und das Bildungssystem vom Schüler aus."
"'Einfach verschieben' nicht die Lösung"
Sehr skeptisch bis eher ablehnend zeigte sich Mattle, was Bestrebungen betrifft, den kompletten Gesundheitsbereich in die Hände des Bundes zu geben - wie etwa auch von Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP) vorgeschlagen. Er sei für eine gemeinsame Patientensteuerung und auch eine "Finanzierung" aus einer Hand inklusive Zuordnung der Ambulatorien in den extramuralen, niedergelassenen Bereich wäre ein "spannender Ansatz". Aber: Dass der Bund künftig alle Krankenhäuser betreiben solle, stelle er "schwer in Frage": "Eine Steuerung und Lenkung ist ein stückweit durchaus zentral möglich. Aber wir müssen auf unsere eigenen, gerade im Krankenhausbereich unterschiedlichen Strukturen achten. 'Einfach verschieben' ist nicht die Lösung."
Defizit-"Anleihe" an "Modell Tirol"
In puncto Budgetkonsolidierung sah Mattle den Bund zwar auf dem richtigen Weg, empfahl diesem und den anderen Bundesländern aber "am Modell Tirol Anleihe" zu nehmen, wenn es um die vom Fiskalrat geforderten weiteren Konsolidierungsschritte geht. Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt könne nur "alle anderen gemeint haben", denn: "Tirol ist hier ein Vorbild." Das Bundesland zeige vor, was möglich sei, pries Finanzreferent Mattle einmal mehr das diese Woche vom Landtag verabschiedete Doppelbudget 2026/2027 seiner schwarz-roten Landesregierung ohne Netto-Neuverschuldung an. Dabei handle es sich "keinesfalls um eine Mogelpackung", wie von der Opposition vorgeworfen, verwies Mattle etwa auf entsprechendes Lob von Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. Und das alles schaffe man ohne Kürzungen in wesentlichen Bereichen, etwa im Sozialbereich - Vorhaltungen von Sozialvereinen in den vergangenen Monaten hätten ihm dabei "weh getan": "Weil man hat vor dem medialen Rundumschlag nicht mit mir geredet. Man hätte mich nur fragen müssen. Es geht nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen, sondern die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre einzufangen."
Landtagswahl im Herbst 2027 fix, für WK-Reformen
Seine Landesregierung habe sich jedenfalls noch viel vorgenommen, so etwa mit dem "Leuchtturmprojekt" Recht auf Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes ab dem zweiten Geburtstag, das auf Schiene sei und fix im Herbst 2026 starten werde, so Mattle. Gewählt werde jedenfalls planmäßig im Herbst 2027 - und nicht früher, auch nicht um einige Monate, stellte der seit 2022 amtierende Landeschef klar. Bis dahin werde gearbeitet, Koalitionsaussagen für die Zeit nach der Wahl gebe es nicht.
Die wegen unmäßiger Entschädigungen und Gehälter aufgekommene Wirtschaftskammer-Affäre bewertete Mattle unterdessen als "schwierige Situation", aber nicht für die ÖVP, sondern in erster Linie für die Sozialpartner. An der Pflichtmitgliedschaft will er trotz der für ihn unverständlichen Entscheidungen bei den Gehältern nicht rütteln, weil "kleine Unternehmer eine Stimme brauchen." Sehr wohl empfehle er aber "Reformen bei den Mitgliedsbeiträgen, wie sie definiert und aufgesetzt sind" sowie bei den Serviceleistungen.
Zusammenfassung
- Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) kritisiert die Aussage von NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn, der sich drei statt neun Bundesländer vorstellen kann, als "Provokation" und fordert mehr Respekt für die Bundesländer.
- Mattle lehnt eine Zentralisierung im Gesundheitsbereich ab und betont, dass Österreich als föderale Republik mit unterschiedlichen regionalen Strukturen davon profitiert.
- Das Tiroler Doppelbudget 2026/2027 wurde ohne Netto-Neuverschuldung verabschiedet, was Mattle als Vorbild für andere Bundesländer sieht.
- Ab 1. Jänner übernimmt Mattle für ein halbes Jahr den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz und will das Zeitfenster für Reformpartnerschaften mit dem Bund nutzen.
- Die Landtagswahl in Tirol findet wie geplant im Herbst 2027 statt, und das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem zweiten Geburtstag wird ab Herbst 2026 umgesetzt.
