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Kunasek erwartet sich bei Graz-Wahl über zehn Prozent

Heute, 03:01 · Lesedauer 7 min

Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) hat im APA-Sommergespräch zehn Prozent der Stimmen und den Einzug in den Stadtsenat für die Grazer Gemeinderatswahl 2026 als Ziel der Blauen vorgegeben. Einen Spitzenkandidaten oder -kandidatin will die FPÖ im September vorstellen. Die blau-schwarze Landesregierung sieht er nach acht Monaten "mit gutem Tempo" unterwegs. Oppositionskritik, wonach bisher hauptsächlich Symbolpolitik betrieben worden sei, weist Kunasek zurück.

Der erste blaue steirische Landeshauptmann hat einen dreiwöchigen Jesolo-Urlaub mit Familie und dem Camper schon hinter sich und stellt dieser Tage mit der nach einem Finanzskandal schwer angeschlagenen Stadtpartei die Weichen für die Graz-Wahl. Medial wurde bereits über die Spitzenposition für den Wahlkampf gemunkelt - dabei reichte das Spektrum von Straßgangs FPÖ-Bezirksobmann René Apfelknab bis hin zu einem viel bekannteren Gesicht, nämlich Ex-BZÖ-Obmann und auch Ex-Blauen Gerald Grosz.

Kunasek will sich noch nicht in die Karten blicken lassen und verwies auf die Parteigremien. Stadtparteiobmann und Nationalratsabgeordneter Axel Kassegger, der nach dem Finanzskandal und der Aufsplittung der Partei das Ruder übernommen hatte, dürfte es eher nicht sein: "Es war damals sein klarer Auftrag, nach den ganzen Wirren Ruhe hineinzubringen. Diesen Auftrag hat er erfüllt. Mit der Nominierung des Spitzenkandidaten lassen wir uns ganz bewusst Zeit." Der richtige Zeitpunkt für die Bekanntgabe soll abgewartet werden. Zwischen den Zeilen dürfte dieser Zeitpunkt wohl Mitte September sein.

Den Rückenwind aus der Landtagswahl 2024 will die FPÖ nutzen: "Das Ziel ist der Einzug in die Stadtregierung. Das heißt, die zehn Prozent-Hürde eindeutig zu nehmen, um damit auch wieder Politik in Graz machen zu können - nämlich freiheitliche Politik", sagte Kunasek. Ein Stadtparteitag in Graz ist vorerst nicht geplant, "weil ich glaube, dass es gescheit ist, dass jetzt erst einmal der Spitzenkandidat, sollte er nicht in Personalunion mit dem amtierenden Stadtparteiobmann sein, zum politischen Arbeiten kommt und dann nach der Wahl auch die Stadtpartei übernimmt - mit einer gewissen Kraft heraus", sagte der steirische FPÖ-Chef. Übrigens hält Kunasek einen deutlich früheren Wahltermin als September 2026 für gut möglich. Der Urnengang kann theoretisch auch schon im Frühjahr - also bis zu sechs Monate früher - stattfinden.

Mehr als Symbolpolitik

Zurück auf die Landesebene: Bisher wurde die FPÖ-ÖVP-Regierung von der Opposition für zu viel Symbolpolitik gescholten - Stichwort Landeshymne oder Lufthunderter. Eine gewisse Symbolik streitet Kunasek nicht ab: "Faktum ist, dass man natürlich zu Beginn versucht, Dinge aus dem Regierungsprogramm zu machen, die relativ rasch möglich sind." Doch der Landeshauptmann sieht auch eine Reihe von weiteren Maßnahmen auf dem Weg: "Wir haben das erste Deregulierungsgesetz und es wird demnächst beschlossen. Das zweite ist in Erarbeitung. Wir haben den Landesrechnungshof mit mehr Prüfkompetenz ausgestattet und im Bereich Katastrophenschutz und bei den Entschädigungszahlungen viel gemacht", so Kunasek.

Nach dem Amoklauf in einer Grazer Schule im Juni habe die Landesregierung einen Gewaltschutzbeirat auf die Beine gestellt, "der jetzt in fünf Clustergruppen arbeitet und bis Oktober Ergebnisse liefert. Wir haben bewiesen, dass wir in der Lage sind, rasch auf solche Umstände zu reagieren", lobte Kunasek die Arbeit seines Regierungsteams. Hinzu komme ein überarbeitetes Bettelverbot, das am 1. September in Kraft tritt, sowie die Sachleistungskarte für Asylwerber, die "in Einführung" sei. Ebenfalls in Arbeit sei das neue Sozialunterstützungsgesetz. "Also uns Untätigkeit vorzuwerfen, wäre schlichtweg falsch", so der Regierungschef.

Jüngste Kritik gab es von NEOS nach der Besetzung des Amts des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichts mit Herbert Auer. Den Pinken stieß es sauer auf, dass Auer über "keinerlei richterliche Erfahrung" verfüge, und sehen Parteibuchpolitik. Kunasek konterte dem Vorwurf: "Es hat gemäß Objektivierungsgesetz eine Kommission und ein Hearing gegeben und zwar mit einem Fünfergremium mit zwei Richtern." Die Besetzung habe mit Postenschacher nichts zu tun. Die Kommission war einstimmig für Auer.

Kunasek vermisst Anruf von slowenischem Botschafter

Auf die Frage, ob die gesetzliche Verankerung der Landeshymne die Unstimmigkeiten mit dem Nachbarn Slowenien wert waren, meinte Kunasek: "Man muss das schon richtig einordnen. Ich habe einen sehr engen Austausch mit vielen Botschaftern. Es waren sicherlich schon gut zwei Dutzend bei mir - von großen Ländern wie China bis zu kleineren. Der slowenische Botschafter (Aleksander Geržina, Anm.) war aber nicht hier. Er hat immer über Medien ausrichten lassen, dass ihm das eine oder andere an dieser Debatte stört. Ich hätte mir gewünscht, dass man vielleicht einmal zum Telefonhörer greift. Dann hätte man das vielleicht auch persönlich klären können. Das ist nicht passiert." Der Honorarkonsul Sloweniens sei sehr wohl bei ihm gewesen.

Kunasek betonte die Wichtigkeit der gemeinsamen Wirtschaftsregion mit Slowenien: "Die Wertigkeit kennt auch die Steiermark und natürlich auch der Landeshauptmann der Steiermark." Er sei sich sicher, dass man weiterhin gute Beziehungen mit Slowenien haben werde, und dass sich die Thematik vielleicht nach den Wahlen in Slowenien im kommenden Jahr legen werde.

Steiermark werde Verzicht auf ESC touristisch verkraften

Seit wenigen Tagen ist bekannt, dass der Eurovision Songcontest (ESC) kommendes Jahr in Wien ausgetragen wird. Graz hatte sich im Gegensatz zu Innsbruck nicht beworben. Auf die Frage, ob denn nicht das Herz des steirischen Tourismusreferenten (das Ressort gehört Kunasek; Anm.) weine, sagte er: "Das weint relativ selten. Wir sind das beliebteste Urlaubsbundesland der Österreicher und wir haben sehr positive Tourismuszahlen. Ich kenne natürlich den Wunsch des einen oder anderen Touristikers für einen ESC in Graz, aber es hat keinen politischen Letztwillen dazu gegeben. Die Austragung ist ja auch mit finanziellen Belastungen verbunden. Ich bin überzeugt, dass die Steiermark das verkraften wird."

Der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte sich zuletzt für eine Lkw-Maut für Landesstraßen ausgesprochen. "Das ist für die Steiermark wirklich kein Thema", sagte Kunasek dazu. Die Maut würde letztlich auf den Preis für den Endkunden draufgelegt und "wir wollen keine zusätzlichen Belastungen". Es seien positive Impulse für die Wirtschaft nötig. Diesbezüglich wolle er über die Landeshauptleutekonferenz, bei der er gerade den Vorsitz hat, auf den Bund einwirken, "um den Standort Österreich mit seinem föderalen Charakter weiter zu stärken". Als Industriebundesland müsse die Steiermark aber auch aufpassen, "international nicht unter die Räder zu kommen".

Sanktionspolitik gegen Russland "von Beginn an falscher Weg"

Die Lage in der Ukraine, die er als ehemaliger Verteidigungsminister natürlich verfolge, könne er aus der Grazer Burg heraus nur schwer beurteilen. "Jetzt kann man über Donald Trump denken, was man will, aber er hat zumindest einmal eines geschafft: Es ist Bewegung da." Es müsse das Blutvergießen beendet werden, doch Prozesse werden wohl noch andauern. Für das Danach sieht Kunasek für die Steiermark und Österreich große Chancen wirtschaftlicher Natur, nämlich wenn es um den Wiederaufbau der Ukraine geht. Von weiteren Sanktionen gegen Putin hält der steirische Landeshauptmann übrigens nichts. Diese hätten bisher auch nicht die erhoffte Wirkung gezeigt: "Der Europäischen Union kostet dieser Konflikt richtig viel Geld und damit auch jedem Österreicher. Ich glaube die Sanktionspolitik war von Beginn an in Wahrheit der falsche Weg. Ich bin nicht dafür, dass man hier an der Eskalationsspirale weiter dreht." Er wünscht sich Österreich als Verhandlungsort für weitere Gespräche für Frieden.

Zufrieden ist Kunasek mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit seinem Hausbau in Graz-St. Peter: "Es hat mich persönlich für mich, aber auch für meine Familie gefreut, weil das einfach belastend war. Das sind Vorwürfe, die sind extrem schwerwiegend - sich an der Parteikasse zu bedienen, um sich zu bereichern. Ich bin froh, dass das geklärt wurde. Es bleibt aber ein schaler Nachgeschmack, wenn mit strafrechtlichen Anpatzversuchen Politik gemacht wird. Dass das ins Leere läuft, hat man bei der Landtagswahl gesehen. Da waren die Ermittlungen noch am Laufen und wir haben 35 Prozent gemacht." Kunasek hoffe, dass nun auch im Hauptermittlungsverfahren zur Finanzaffäre bei der ehemaligen Grazer FPÖ Bewegung komme.

(Das Gespräch führte Ingrid Kornberger/APA)

Zusammenfassung
  • Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) strebt bei der Grazer Gemeinderatswahl 2026 über zehn Prozent der Stimmen und den Einzug in den Stadtsenat an.
  • Die FPÖ will ihren Spitzenkandidaten im September präsentieren und hält einen vorgezogenen Wahltermin, bis zu sechs Monate vor September 2026, für möglich.
  • Kunasek verteidigt die Arbeit der Landesregierung gegen Oppositionskritik und verweist auf konkrete Maßnahmen wie Deregulierungsgesetze, mehr Prüfkompetenz für den Landesrechnungshof und die Einführung eines Gewaltschutzbeirats.
  • Zur Besetzung des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichts betont Kunasek die Einhaltung des Objektivierungsgesetzes und weist Vorwürfe der Parteibuchpolitik zurück.
  • Kunasek kritisiert die Sanktionspolitik gegen Russland als „von Beginn an falscher Weg“ und sieht für Österreich Chancen als Verhandlungsort für Friedensgespräche.