Klasnic bald nicht mehr kirchliche Opferschutzanwältin
List wird auf einstimmigen Vorschlag der Unabhängigen Opferschutzkommission ab 2026 die Opferschutzanwaltschaft leiten. Ihre Beauftragung erfolgte durch die Bischofskonferenz im Einvernehmen mit der Österreichischen Ordenskonferenz. Die Juristin ist seit 15 Jahren Mitglied der Opferschutzkommission und wird künftig dort den Vorsitz führen. Die österreichischen Bischöfe dankten beiden Frauen "für ihren unschätzbaren Dienst an Betroffenen von Missbrauch und Gewalt".
Vor 15 Jahren hatte die Bischofskonferenz nach Bekanntwerden von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im kirchlichen Bereich Maßnahmen gesetzt, um Betroffenen zu helfen und die Prävention zu stärken. Auf Ersuchen von Kardinal Schönborn und der Bischöfe übernahm damals die ehemalige steirische Landeshauptfrau Klasnic die Aufgabe als Opferschutzanwältin. Die Entwicklungen seit damals waren auch Thema eines Studientages der Bischöfe in Mariazell.
Im Gespräch mit den anwesenden Expertinnen und Experten wurde laut "Kathpress" festgestellt, dass sich der kirchliche Umgang mit Missbrauchsfällen grundlegend verbessert und sich die kirchlichen Richtlinien und Institutionen in Österreich bewährt haben. Gleichzeitig gelte es, darin nicht nachzulassen. Die Hilfe für Opfer, die Vorgangsweise bei Verdachtsmomenten und die Präventionsmaßnahmen müssten konsequent weitergeführt werden.
Meiste Fälle verjährt
Seit 2010 hat die Opferschutzkommission 3.492 Fälle entschieden, in 3.214 Fällen zugunsten der Betroffenen. Insgesamt handelt es sich um 3.640 Betroffene von psychischer, physischer und/oder sexueller Gewalt, davon 2.271 Männer (62,4 Prozent) und 1.369 Frauen (37,6 Prozent). Den Betroffenen wurden bisher in Summe 37,7 Mio. Euro zuerkannt, davon 29,79 Mio. Euro als Finanzhilfen und 7,91 Mio. Euro für Therapien. Die Kirche hat alle Entscheidungen der Unabhängigen Opferschutzkommission umgesetzt.
Die allermeisten Vorfälle sind rechtlich verjährt und haben sich hauptsächlich in den 1960er- und 1970er-Jahren ereignet. 11,7 Prozent entfallen auf die 1980er-, 4,8 Prozent auf die 1990er-Jahre; 1,8 Prozent haben sich seit 2000 ereignet. 80 Prozent der Betroffenen berichten von psychischer Gewalt, 79 Prozent von körperlicher Gewalt, 27 Prozent von sexueller Gewalt und 11 Prozent von körperlicher und sexueller Gewalt, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Ein Großteil der Vorfälle hat sich in kirchlichen Heimen und Internaten ereignet.
Zusammenfassung
- Waltraud Klasnic legt nach 15 Jahren ihr Amt als kirchliche Opferschutzanwältin mit Jahresende zurück, ab 2026 übernimmt Caroline List die Leitung der Opferschutzanwaltschaft.
- Seit 2010 hat die Opferschutzkommission 3.492 Fälle entschieden und insgesamt 37,7 Millionen Euro an 3.640 Betroffene von psychischer, physischer und sexueller Gewalt ausgezahlt.
- Die meisten Vorfälle stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren, 80 Prozent der Betroffenen berichten von psychischer Gewalt und ein Großteil der Fälle ereignete sich in kirchlichen Heimen und Internaten.