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Inzwischen sieben EU-Länder für Visa-Bann für Russen

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In der Europäischen Union steigt die Zahl der Länder, die einen Visa-Bann für russische Touristen fordern. Inzwischen sind sieben EU-Staaten für die Sanktion.

Nach den Baltenstaaten, Finnland und Polen sprach sich bei Beratungen der EU-Außenminister in Prag am Mittwoch auch Dänemark dafür aus. Mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Tschechien dringen nun sieben Staaten auf die Sanktion, die wegen des Widerstands Deutschlands aber kaum Chancen hat. 

Ukrainische Außenminister für Einreiseverbot

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba verlangte ein Einreiseverbot für russische Touristen. "Die Zeit der halben Maßnahmen ist vorbei", erklärte Kuleba in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, dem zweiten Tag des EU-Außenministertreffens in Prag. Ein solches Verbot sei angemessen, da die Mehrheit der Russen den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstütze. "Nur eine harte und konsequente Politik kann zu Ergebnissen führen."

Er schlug zudem eine Sonderregelung für russische Soldaten vor, die nicht mehr in der Ukraine kämpfen wollten. Die Botschaft solle lauten: "Rette dich und geh. Legt die Waffen nieder, ergebt euch den ukrainischen Streitkräften und erhaltet die Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen", erklärte Kuleba.

Schallenberg gegen vollständige Visasperre

Bisher wurde das 2007 in Kraft getretene Abkommen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine offiziell nur für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten außer Kraft gesetzt. Am Dienstag sprach sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gegen eine vollständige Visasperre für Russen aus. Für eine Debatte über eine Aufhebung des Abkommens mit Moskau über Visa-Erleichterungen zeigte er sich aber offen.

"Wir können nicht ein ganzes Land canceln. Das wäre nicht klug", so Schallenberg am Mittwoch im "Ö1-Morgenjournal". Die Sanktionen sollten sich gegen das System von Kreml-Chef Wladimir Putin richten und nicht gegen das russische Volk. Über die offen ausgetragene Debatte innerhalb der EU zeigte sich Schallenberg "recht unglücklich". Europa gebe das Bild der Uneinigkeit ab, was von der russischen Propaganda ausgeschlachtet werde.

Baerbock will bestehendes Visa-Abkommen mit Russland aussetzen

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schlug am Dienstag vor, ein bestehendes Visa-Abkommen mit Russland auszusetzen. Dann könnten die EU-Staaten jeweils vor Erteilung einer Einreise-Erlaubnis prüfen, mit welcher Begründung ein Visum beantragt worden sei und welche Nähe ein Antragsteller zur Regierung in Moskau habe. Schutzbedürftige und andere russische Staatsbürger müssten weiter die Möglichkeit haben, in der EU "Freiheitsluft" zu atmen, sagte sie am Rande der informellen Beratungen.

Baerbock verwies auf ein deutsch-französisches Papier. In dem Text heißt es zur Visafrage, "insbesondere Studenten, Künstlern, Wissenschaftlern und Freiberuflern" müsse es weiter möglich sein, in die EU zu reisen. Auch Luxemburg stellte sich in Prag gegen weitreichende Einreisebeschränkungen.

Einreise durch Schengen-Visa

Die Baltenstaaten und Finnland haben die Visa-Ausgabe an Russen bereits national eingeschränkt, allerdings können russische Staatsbürger weiter mit Schengen-Visa etwa aus Deutschland bei ihnen einreisen. In Finnland, das eine mehr als tausend Kilometer lange Grenze mit Russland hat, tritt der Visa-Bann am Donnerstag in Kraft, wie Außenminister Pekka Haavisto in Prag sagte.

Borrell bedauert Streit

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bedauerte den offen ausgetragenen Streit: "Wir können es uns nicht leisten, bei einem solchen Thema uneins aufzutreten", betonte er in Prag. Als Kompromiss schlägt Baerbock eine Aufkündigung des EU-Visaerleichterungsabkommens mit Russland von 2007 vor, womit Touristen innerhalb von zwei Wochen ein günstiges Visum für 35 Euro erlangen können.

Der tschechische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jan Lipavsky nannte dies zwar "einen guten ersten Schritt". Er betonte aber: "Es reicht nicht aus, denn es wird Visa für Russen lediglich teurer machen."

Mit Visa klares Signal setzen

"Wir wollen Visa für russische Touristen begrenzen, um ein klares Signal an (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin zu senden, dass sein Vorgehen in der Ukraine völlig inakzeptabel ist", sagte indes der dänische Außenminister Jeppe Kofod. Während Russen in Europa Urlaub machten, könnten ukrainische Männer ihr Land noch nicht einmal verlassen, weil sie gegen die russischen Angreifer kämpfen müssten, betonte Kofod. Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics sagte in Prag, ein Visa-Bann habe nichts mit einer "kollektiven Bestrafung" für Russen zu tun.

Litauen dringt dem Vernehmen nach sogar darauf, die angeblich zehn Millionen im Umlauf befindlichen Schengen-Visa für Russen einzufrieren. Damit müssten diese Menschen die EU verlassen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Außenminister der EU-Staaten beraten am Mittwoch über die mögliche Einschränkung der Visa-Vergabe an russische Staatsbürger.
  • Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba verlangte ein Einreiseverbot für russische Touristen.
  • Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) spricht sich gegen eine vollständige Visasperre für Russen aus.
  • Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock will bestehendes Visa-Abkommen mit Russland aussetzen.

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