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Heiß-Kalt für ÖVP vor Parteiensenat

Der Seniorenbund ist ein Teil der ÖVP. Das hat der Parteien-Senat im Kanzleramt (UPTS) am Montag neuerlich bestätigt. Anlass war ein Fall aus dem Jahr 2019, für den die ÖVP nun 15.000 Euro Geldbuße bezahlen soll. Die Konsequenzen könnten wegen der drohenden Rückforderung von Coronahilfen aber weitreichender sein. Die ÖVP kündigte Berufung an. Eingestellt wurde das Verfahren zu den Vorarlberger Wirtschaftsbund-Inseraten. Die SPÖ kann bezüglich ihrer Parteizentrale aufatmen.

Das Ressort von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) prüft derzeit die Rückforderung von Corona-Hilfen, die fünf Landesverbände des Seniorenbundes aus dem NPO-Fonds erhalten haben. Allein im Fall des oberösterreichischen Seniorenbundes geht es um zwei Millionen Euro. Ausschlaggebend ist hier die Frage, ob es sich bei den Empfängern tatsächlich um unabhängige Vereine oder um Teilorganisationen der ÖVP handelt. Denn als Parteiorganisationen hätten sie keinen Anspruch auf Corona-Hilfen.

Einen Hinweis in diese Richtung hat der UPTS nun geliefert. Anlassfall waren zwar nicht die Corona-Hilfen, sondern der Rechenschaftsbericht der ÖVP aus dem Jahr 2019. Weil die ÖVP die Einnahmen und Ausgaben des Seniorenbundes dort nicht angeführt hat, hat sich der Rechnungshof an den UPTS gewandt. Und dieser hat nun seine schon 2018 gefasste Ansicht bekräftigt, dass der Seniorenbund sehr wohl als Teil der ÖVP zu werten ist und daher im Rechenschaftsbericht aufscheinen müsste. Dafür setzte es 15.000 Euro Geldbuße für die ÖVP. Die von Kogler zu prüfende Zulässigkeit der NPO-Hilfen war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Ausschlaggebend für die Entscheidung des UPTS waren u.a. die starken personellen Überschneidungen zwischen der Seniorenorganisation der ÖVP und den formal unabhängigen Vereinen. Beispielsweise fungierte in Oberösterreich bis zuletzt Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer als Obmann sowohl der Partei-Senioren als auch des Vereins. Außerdem verweist der Senat darauf, dass sich der Seniorenbund selbst im Internet noch im Vorjahr als Teilorganisation der ÖVP bezeichnet hat. In Summe sieht der Senat daher einen "bestimmenden Einfluss" der Partei- auf die Vereinsorganisation.

Mit zahlreichen anderen Beschwerden gegen die ÖVP hat der Rechnungshof keinen Erfolg gehabt. Unter anderem wertet der Senat die Inserate im Magazin des Vorarlberger Wirtschaftsbundes nicht als Parteispenden. Auch das Verfahren zur "Niederösterreich Zeitung" der ÖVP wurde eingestellt.

Nicht gefolgt ist der Senat unter dem früheren VwGH-Richter Wolfgang Pallitsch auch der Beschwerde des Rechnungshofs wegen der Einmietung SPÖ-Zentrale in einer gemeindeeigenen Immobilie in der Wiener Löwelstraße. Der günstige "Friedenszins" wurde als zulässig erachtet, weil es rechtlich unmöglich gewesen wäre, die Miete darüber hinaus zu erhöhen. Sehr wohl zahlen soll die SPÖ aber wegen günstiger Räumlichkeiten für die SPÖ Perchtoldsdorf (7.000 Euro) und für eine nicht unverzüglich gemeldete Spende (3.000 Euro).

Teurer kommt die FPÖ Oberösterreich die Finanzierung eines Magazins der Partei ("OÖ informiert") durch das Freiheitliche Bildungswerk. Für diese unzulässige Spende soll die Partei 50.000 Euro Geldbuße bezahlen.

Erstmals haben am Montag auch die Grünen eine Strafe vom Parteien-Senat ausgefasst - und zwar wegen einer nicht ordentlich deklarierten Spende von 9.876 Euro einer Bürgerliste an die Partei. Diese Summe wird nun als Geldbuße fällig. Eingestellt wurde dagegen eine Beschwerde des Rechnungshofs wegen eines zinslosen Darlehens des Grünen Parlamentsklubs an die Bundespartei nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat 2017.

Auch die NEOS sollen wegen Verstoß gegen das Parteiengesetz eine Geldbuße bezahlen. Dabei handelt es sich um ein Inserat mit der EU-Abgeordneten der NEOS, Claudia Gamon, dessen Kosten die EU-Parlaments-Fraktion "renew europe" übernommen hat. Diese Spende wurde im Rechenschaftsbericht nicht ausgewiesen, so das Urteil des UPTS und verhängte eine Strafe von 8.508 Euro.

Alle Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können dagegen berufen - und die ÖVP kündigte dies auch umgehend an.

Man werde beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde in Sachen Seniorenbund einlegen. Denn da handle es sich "aus unserer Sicht um eine offene Rechtsfrage, die wir vor Gericht klären werden", kündigte Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung an. Er sieht durchaus "gute Chancen". Denn schon 2018 habe das BVwG in einer ähnlichen Frage nicht die Ansicht des UPTS geteilt, sondern letztlich anerkannt, dass es sich bei Verein und Teilorganisation um zwei getrennte Seniorenbund-Organisationen handle. Überwiegend begrüßte Stocker jedoch die Entscheidungen des UPTS. Denn von zwölf Mitteilungen, die der Rechnungshof zum ÖVP-Rechenschaftsbericht 2019 an den UPTS gemacht habe, seien zehn abgelehnt worden - "aus Sicht der Volkspartei ein Erfolg auf allen Ebenen".

Aus Sicht der Opposition im Bund, aber auch in Oberösterreich ist mit der Feststellung des UPTS allerdings bereits klar, dass der Seniorenbund zu Unrecht Corona-Hilfen bezogen habe. Auf Bundesebene forderten SPÖ und FPÖ die Rückzahlung. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sieht Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in der Pflicht: Dieser müsse "endlich die volle Verantwortung für den türkisen Skandal übernehmen und die zu Unrecht bezogenen Fördermillionen auf Heller und Pfennig zurückzahlen". Für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker war der UPTS-Spruch auch Anlass, einmal mehr Neuwahlen zu verlangen. Die ÖVP könne bei "so viel moralischer Verkommenheit" nicht mehr Teil der Bundesregierung sein, ihre Verhalten in Sachen Corona-Hilfen sei "an Dreistigkeit nicht zu überbieten".

Auch aus Oberösterreich kam der Ruf nach Rückzahlung der Corona-Gelder, in dem Fall durch den Seniorenbund im Lande. SPÖ und NEOS forderten - in schriftlichen Stellungnahmen - Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) auf, endlich dafür zu sorgen.

Erfreut war Deutsch über die Einstellung des Verfahrens zur Miete in der Löwelstraße: "Der UPTS hat die Rechtsansicht der SPÖ voll und ganz bestätigt", begrüßte er die Entscheidung.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Seniorenbund ist ein Teil der ÖVP.
  • Das hat der Parteien-Senat im Kanzleramt (UPTS) am Montag neuerlich bestätigt.
  • Anlass war ein Fall aus dem Jahr 2019, für den die ÖVP nun 15.000 Euro Geldbuße bezahlen soll.
  • Beispielsweise fungierte in Oberösterreich bis zuletzt Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer als Obmann sowohl der Partei-Senioren als auch des Vereins.
  • Für diese unzulässige Spende soll die Partei 50.000 Euro Geldbuße bezahlen.