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Flüchtlingskoordinator Takacs reiste nach Moldau

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Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Michael Takacs, ist am Montag in die besonders von der Flüchtlingssituation betroffene Republik Moldau gereist. In das kleine Nachbarland der Ukraine mit 2,6 Millionen Einwohnern sind bereits mehr als 608.000 Menschen geflüchtet, davon sind über 419.000 Menschen weitergereist. "Der Großteil der Menschen möchte in der Nähe bleiben", sagte Takacs beim Besuch des Grenzübergangs Palanca im Rajon Stefan Voda.

Die ukrainische Hafenstadt Odessa ist knapp 60 Kilometer entfernt, erst am Wochenende wurde dort ein mehrstöckiges Wohnhaus von Raketen getroffen, acht Menschen starben, darunter ein dreimonatiges Baby. In Palanca gab es an den stärksten Tagen bis zu 12.000 Grenzübertritte pro Tag, berichtete ein Grenzpolizist. Derzeit gebe es eine "Tendenz retour". Täglich würden rund 1.500 Menschen aus der Ukraine in Moldau einreisen, sie kommen aus weiter entfernten Regionen. Zeitgleich kehren rund 800 Menschen jeden Tag zurück in ihre Heimat, sie stammen aus grenznahen Gebieten.

Flüchtlinge, die nicht im eigenen Auto anreisen, müssen zu Fuß über die Grenze, ehe sie mit Bussen zu einer nahegelegenen Auffangstation gebracht werden. Dorthin kommen auch jene vom kleineren Übergang Tudora. Dort werden die Vertriebenen registriert, Busse fahren weiter nach Rumänien oder in die Hauptstadt Chisinau. Für einen stärkeren Ansturm oder Ankünfte in der Nacht wurde außerdem ein Zeltlager aufgebaut. Bis zu 59 Reisebusse mit Flüchtlingen kamen schon an einem Tag in der Auffangstation an, berichtete Grenzpolizist Eugen Levco.

Auch in der moldauischen Auffangstation sind Freiwillige und NGOs tätig. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist groß, berichtete der Bürgermeister der Gemeinde Palanca. "Die Hälfte der Haushalte hat Flüchtlinge aufgenommen", sagte Bürgermeister George Aliotis. Die Moldauer bereiten sich auf eine weitere Flüchtlingswelle vor. "Wir versuchen das Beste und behandeln die Vertriebenen so, wie auch wir als Flüchtlinge behandelt werden wollen", versicherte Grenzpolizist Levco.

Die ehemalige Sowjetrepublik Moldau ist das ärmste Land Europas. Es grenzt im Westen an das EU- und NATO-Mitglied Rumänien und im Norden, Osten und Süden an die Ukraine. Moldau ist besonders von der Fluchtbewegung betroffen und kommt an die Kapazitätsgrenze, sagte Flüchtlingskoordinator Takacs. "Meine Mission ist es, genau zu schauen, wo wir helfen und unterstützen können", sagte er. Grundsätzlich sei das Land gut aufgestellt und vorbereitet, so wie auch Österreich auf eine Zunahme der Flüchtlinge vorbereitet ist, versicherte Takacs. "Es werden sukzessive weitere Ressourcen für Ankünfte geschaffen", sagte der Flüchtlingskoordinator. Seine in Moldau gewonnenen Eindrücke will er in die weitere Planung der Hilfsmaßnahmen einfließen lassen.

Nach der Visite auf der Grenze stand der Besuch eines Sozialzentrums der österreichischen NGO Concordia in Tudora nahe der Grenze auf dem Programm. In Tudora sind 56 aus der Ukraine geflüchtete Familien untergebracht, das Zentrum für Vertriebene hat 19 Plätze für Flüchtlinge. Rund 5.400 geflüchtete Menschen in Moldau wurden von der NGO bereits erstversorgt. Concordia ist die größte NGO in Moldau, sagte Vorstandsvorsitzende Ulla Konrad. Sie ist die Tochter des ehemaligen Raiffeisen-Generalanwalts und früheren Flüchtlingskoordinator Christian Konrad. In Moldau hat die NGO 230 Angestellte, dazu kommen 100 ehrenamtliche Mitarbeiter. Viele Menschen in der ehemaligen Sowjetrepublik sprechen rumänisch und russisch, die Ukrainer sprechen ukrainisch und russisch. "Es ist extrem wichtig, dass es keine Sprachbarriere gibt", sagte Konrad. Das sei mitunter auch ein Grund, warum die Geflüchteten in Moldau bleiben wollen.

Im Sozialzentrum in Tudora werden die ukrainischen Familien betreut, viele stammen aus Odessa oder der Umgebung der Hafenstadt. Sie sind seit ein bis zwei Monaten in Moldau und froh, nahe bei den Familien zu sein. Odessa ist rund eine Stunde entfernt. "Man hat nicht das Gefühl, man kommt zu Flüchtlingen, sondern zu einer Gemeinschaft", resümierte Konrad.

Während des Besuchs im Sozialzentrum wurde bekannt, dass es in der abtrünnige Region Transnistrien zu mehreren Explosionen im Ministerium für Staatssicherheit gekommen sein soll. Eine Bestätigung gab es vorerst nicht. Nur Russland hat bisher die Region als unabhängig anerkannt und dort Truppen stationiert. Transnistrien ist ein schmaler Landstreifen in der Republik Moldau, der von prorussischen Separatisten gehalten wird und an die Ukraine grenzt. Russlands Vizeaußenminister Andrej Rudenko sprach sich für eine friedliche Lösung rund um die abtrünnige Region Transnistrien in der Republik Moldau aus. Aus Russlands Sicht gebe es dort keine Risiken, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax Rudenko am Montag. Zuvor hatten staatliche russische Nachrichtenagenturen einen ranghohen Militärvertreter Russlands mit den Worten zitiert, eine vollständige Kontrolle über den Süden der Ukraine würde Russland Zugang zu Transnistrien verschaffen.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Michael Takacs, ist am Montag in die besonders von der Flüchtlingssituation betroffene Republik Moldau gereist.
  • In das kleine Nachbarland der Ukraine mit 2,6 Millionen Einwohnern sind bereits mehr als 608.000 Menschen geflüchtet, davon sind über 419.000 Menschen weitergereist.
  • Rund 5.400 geflüchtete Menschen in Moldau wurden von der NGO bereits erstversorgt.

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