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EU sieht keine "Wunderlösung" in Impfstoff-Patentfreigabe

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Die EU bleibt bezüglich des US-Vorschlags zur Freigabe von Impfstoff-Patenten zur Beseitigung des weltweiten Mangels an Corona-Vakzinen zurückhaltend. "Wir denken nicht, dass das kurzfristig eine Wunderlösung ist", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Samstag beim EU-Gipfeltreffen in der portugiesischen Stadt Porto. Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte der "Grüne Pass" für Geimpfte, Genesene und Getestete pünktlich im Juni starten.

Die Union will sich einer Diskussion über die Patentfreigabe aber nicht verschließen. Man sei bereit, über das Thema zu diskutieren, sobald ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liege, sagte Michel. Gleichzeitig sollte man die internationalen Partner dazu ermuntern, den Export von Corona-Impfstoffen zu erleichtern.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wies den Vorstoß von US-Präsident Joe Biden für eine befristete Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ihrerseits als falschen und riskanten Weg zurück. "Das Ziel ist doch, dass möglichst viele Menschen möglichst schnell an Impfstoff herankommen", sagte Merkel am Samstag auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs. Sie nahm per Videozuschaltung an dem Treffen teil.

"Dazu müssen Hersteller in die Lage versetzt werden, möglichst schnell Lizenzen zu vergeben oder die eigenen Produktionskapazitäten anzuheben. Beides findet statt", betonte Merkel. Der Vorschlag von Biden gehe deshalb am Problem vorbei und sei sogar riskant.

Denn zum einen säßen die Hersteller nicht auf den Patenten, sondern bemühten sich bereits um eine Ausweitung der Produktion. Zum anderen dürfe "die Innovationskraft derer, die heute Impfstoffe herstellen, nicht erlahmen", fügte Merkel hinzu. Drittens müsse man qualitativ hochwertigen Impfstoff herstellen, sagte sie in Anspielung auf die neuen mRNA-Vakzine etwa der deutschen Firma Biontech. Bei einer einfachen Patentfreigabe sei die Qualität aber nicht gesichert. Sie sehe dann "mehr Risiken als Chancen". Wenn dann noch die internationale Impfstoff-Allianz Covax finanziell gefördert werde, wie Deutschland dies tue, dann sei dies "der sicherste Weg zu Impfstoff für alle".

Die EU betont, sie sei derzeit die einzige demokratische Region, die in großem Maßstab Corona-Impfstoff exportiere. Mehr als 200 Millionen Dosen seien aus der EU ausgeführt worden - in etwa so viel, wie innerhalb der Union ausgeliefert wurden. Die USA behalten dort produzierten Impfstoff hingegen vorrangig selbst.

Das Grüne Impfzertifikat zum vereinfachten Reisen in Europa kann nach Erwartung von EU-Kommissionschefin von der Leyen pünktlich im Juni starten. Die technischen und rechtlichen Vorbereitungen lägen im Plan, sagte sie am Samstag. Geplant sei ein fälschungssicherer Nachweis einer Corona-Impfung, einer überstandenen Covid-Erkrankung oder eines negativen Tests.

Die Kommissionschefin bekräftigte zudem, dass bis Juli genug Impfstoff zur Verfügung stehen werde, um 70 Prozent der Erwachsenen in der EU zu immunisieren. Bisher hätten fast 160 Millionen Europäer eine erste Impfdosis bekommen, sagte sie. Um im Sommer auch den Tourismus wieder zu ermöglichen, sei die Impfung der Schlüssel.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der Österreich in Porto vertrat, forderte eine Lösung beim nächsten EU-Gipfel am 25. Mai. Sollte keine europäische Lösung gelingen, müsste auch Österreich mit anderen Staaten bilaterale Verträge abschließen, so Kurz. Einige EU-Staaten würden den Pass national so wie Österreich bereits im Mai einführen und würden auch bilaterale Verträge abschließen. Die offenen Fragen seien nicht so komplex, es gehe um die Abschaffung der Quarantäne und die Anerkennung von Dokumenten. "Das ist keine Atomphysik", sagte Kurz.

ribbon Zusammenfassung
  • Die EU bleibt bezüglich des US-Vorschlags zur Freigabe von Impfstoff-Patenten zur Beseitigung des weltweiten Mangels an Corona-Vakzinen zurückhaltend.
  • "Wir denken nicht, dass das kurzfristig eine Wunderlösung ist", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Samstag beim EU-Gipfeltreffen in der portugiesischen Stadt Porto.
  • Sie sehe dann "mehr Risiken als Chancen".
  • Die technischen und rechtlichen Vorbereitungen lägen im Plan, sagte sie am Samstag.

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