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EU-Parlament gibt Grünes Licht höheres Klimaziel bis 2030

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Das EU-Parlament fordert eine drastische Verschärfung des EU-Klimazieles bis 2030. Beim Votum über das EU-Klimagesetz am Mittwoch stimmten 392 Abgeordnete für eine Reduktion der Treibhausgase um 60 Prozent im Vergleich zu den Werten von 1990 als Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität der Europäischen Union. 161 EU-Mandatare, in erster Linie aus der rechtsgerichteten Fraktion Ihtml5-dom-document-internal-entity1-amp-endD und der konservativen ECR, stimmten dagegen, wie am Donnerstag bekannt wurde.

Die meisten der 142 Enthaltungen gab es seitens der Europäischen Volkspartei (EVP), darunter auch die Stimmen der österreichischen ÖVP-EU-Abgeordneten bis auf EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas, der für 60 Prozent stimmte. Die EU-Delegationen der SPÖ, Grünen und NEOS hatten sich bereits im Vorfeld für das Klimaziel ausgesprochen und sogar eine Erhöhung auf 65 Prozent befürwortet.

Karas erklärte sein Abweichen von der Fraktionslinie damit, dass es bei der Schlussabstimmung "um alles" gegangen sei: "Um das Ja zu allen vereinbarten Zielen, damit wir 2050 klimaneutral werden. Hier muss man Farbe bekennen - deshalb habe ich zugestimmt", twitterte er am Donnerstag. Als Zwischenziel bis 2030 wären minus 55 Prozent statt aktuell 40 Prozent "realistischer, sowieso schon ambitioniert und für die Wirtschaft leichter umsetzbar gewesen", räumte er aber ein. Dies belegten mehrere Studien. Karas geht es jedoch "nicht um Details, sondern darum, Grünes Licht für mehr gemeinsame Anstrengungen zu geben, damit unser Planet für unsere Kinder lebenswert bleibt". Zudem sage er "Ja" zum Plan Österreichs, die Klimaneutralität bereits 2040 zu erreichen, wie er auf Twitter erklärte.

Der Grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz zeigte sich über das Ergebnis erfreut: "Endlich kommen wir vom Reden ins Tun. Der Kampf gegen die Klimakrise nimmt endlich konkrete Züge an." Kritik übte er an der Haltung der ÖVP und der FPÖ, denen "offensichtlich die kurzfristigen Interessen der alten Fossilindustrie" wichtiger seien als "die Lebensumstände unserer Kinder und Enkelkinder".

Eine positive Reaktion kam auch seitens der Grünen in Österreich. "Die Abstimmung im EU-Parlament ist ein Meilenstein und ein großartiger Erfolg für die europäische Klimapolitik", erklärte Klimaschutzsprecher Lukas Hammer. "Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, diesen Beschluss nicht mehr zu verwässern."

Die Fridays-For-Future-Aktivistin Franziska Marhold kann sich hingegen nicht über das Abstimmungsergebnis freuen. "Das Problem ist, dass ein Emissionsrückgang um -60% nicht ausreicht, um die Erderhitzung auf 1.5°C zu beschränken", teilte sie bereits am Mittwoch mit, nachdem bekannt worden war, über welches Klima-Zwischenziel das EU-Parlament abstimmen wolle. Die EU müsste aufgrund ihrer historischen Emissionen noch viel rascher dekarbonisieren, so Marhold. "Das EU-Parlament ignoriert damit das Herzstück des Pariser Abkommens: den Aspekt der Klimagerechtigkeit", lautet ihre Einschätzung.

Auch für die Umweltschutzorganisation WWF Österreich sind minus 60 Prozent noch nicht genug. "Um dem Pariser Klimavertrag gerecht zu werden, müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um zumindest 65 Prozent sinken - und das ohne Tricks und Schlupflöcher", kommentierte WWF-Klimasprecherin Lisa Plattner am Mittwoch. In den weiteren Verhandlungen müssen ihrer Ansicht nach vor allem die Staats- und Regierungschefs eine "ambitionierte Lösung" ermöglichen". Der WWF fordert von der Bundesregierung, dass Österreich in Brüssel für höhere Ziele eintritt.

Ähnlich äußerte sich auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die vor einem Klimakollaps warnte. Die europäischen Regierungen müssten sich jetzt stärker engagieren, erklärte Klimaexperte Adam Pawloff und übte Kritik an der ÖVP wegen ihrer Enthaltung bei dem Votum.

Nachdem das Parlament seine Verhandlungsposition nun festgelegt hat, wird in den nächsten Monaten im sogenannten Trilog das Europäische Abgeordnetenhaus, der Rat und die EU-Kommission das Klimagesetz fertig verhandeln. Die EU-Behörde in Brüssel will eine Einigung bis Jahresende. Derzeit gilt: Die EU will ihre Treibhausgase bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Die EU-Kommission hob das Klimaziel an und will unter anderem bis 2030 die Treibhausgasemissionen um "mindestens 55 Prozent" senken.

Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte die Verschärfung Mitte September bei ihrer Rede zur Lage der EU angekündigt. Das Ziel soll helfen, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten und die gefährliche Überhitzung der Erde zu stoppen. 2050 soll die Europäische Union laut ihrem "Green Deal" genannten Klimaschutzplan treibhausgasneutral wirtschaften.

ribbon Zusammenfassung
  • Das EU-Parlament fordert eine drastische Verschärfung des EU-Klimazieles bis 2030.
  • Beim Votum über das EU-Klimagesetz am Mittwoch stimmten 392 Abgeordnete für eine Reduktion der Treibhausgase um 60 Prozent im Vergleich zu den Werten von 1990 als Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität der Europäischen Union.
  • Eine positive Reaktion kam auch seitens der Grünen in Österreich.

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