APA/APA (dpa)/Christophe Gateau

Erneute Großrazzia gegen Berliner Clans nach Revierkämpfen

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Eine Großrazzia mit Hunderten Polizisten sowie Spezialeinsatzkommandos (SEK) gegen Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans und weitere Verdächtige aus der organisierten Bandenszene in Berlin hat vorerst zu zwei Verhaftungen geführt. Hintergrund sind laut Staatsanwaltschaft auch gewalttätige Revierkämpfe zwischen Mitgliedern des Clans und "russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft", wie die Berliner Polizei am Donnerstag per Twitter mitteilte.

Die Verhaftung von zwei Verdächtigen bei einer Großrazzia in Berlin und Brandenburg am Donnerstag geht nach Angaben der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt auf entschlüsselte Daten des Kurznachrichtendienstes von EncroChat zurück, einem Anbieter, der auch Krypto-Smartphones angeboten hatte. Laut Staatsanwaltschaft waren Datensätze, die von französischen Behörden über das Bundeskriminalamt nach Berlin gekommen seien, entscheidend, um Ermittlungen wegen Drogenhandels und Handels mit Maschinenpistolen gegen die Männer im Alter von 44 und 22 Jahren aufzubauen.

Was die Revierkämpfe betrifft, so waren beide Gruppen waren im November 2020 mehrfach gewalttätig aufeinander losgegangen. Außerdem ging es um organisierten Waffen- und Drogenhandel, Körperverletzungen sowie Ermittlungen des Finanzamtes zu Steuerhinterziehungen und anderen Delikten. An den mehr als 20 Durchsuchungen unter Federführung des Berliner LKA und der Staatsanwaltschaft waren auch das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei mit dem Spezialeinsatzkommando GSG9, die Brandenburger Polizei und die Steuerfahndung beteiligt.

Erst im Herbst und Winter wurden vier Mitglieder der Großfamilie, die auch jetzt im Zentrum der Razzia stand, wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Juwelendiebstahl in der Dresdner Schatzkammer Grünes Gewölbe verhaftet. Ein fünfter Verdächtiger aus der Familie konnte fliehen und wurde noch nicht gefasst.

Laut dem Bericht soll unter den durchsuchten Objekten der Neuköllner Kiosk sein, der Mitgliedern des Clans zugerechnet wird und im Herbst von Tschetschenen überfallen wurde, außerdem eine Lagerhalle in Neuhardenberg östlich von Berlin. Demnach sollen die Täter Drogen in Lagerhallen in Brandenburg gebracht, in Fässer umgelagert und nach Berlin transportiert haben.

Ein führender Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) hatte erst kürzlich über die Konflikte zwischen rivalisierenden Gruppen gesagt, neue Banden würden seit einigen Jahren auftreten und versuchen, in den kriminellen Markt einzudringen. "Besonders Tschetschenen entwickeln sich zunehmend von der Rolle des kriminellen Dienstleisters zum kriminellen Akteur."

Die aktuellen Durchsuchungsbeschlüsse hängen mit der Entschlüsselung des EncroChat-Netzwerks, einem Anbieter von Krypto-Handys, die vor allem von Kriminellen genutzt wurde, zusammen. Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es im vergangenen Jahr, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen, wie die europäische Justizbehörde Eurojust im Juli 2020 mitteilte.

60.000 Teilnehmer hätten den aufwendig verschlüsselten Chatdienst genutzt. Die Kriminellen fühlten sich bei ihrer Kommunikation sehr sicher, weil es hieß, die Technik sei nicht zu knacken. Das Eindringen in die technische Infrastruktur des Anbieters habe dann "Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa" geschickt, hieß es damals von der Justiz. Es gab in verschiedenen Ländern bereits Hunderte Festnahmen, Drogen und Bargeld in Millionenhöhe wurden beschlagnahmt. Auch das deutsche BKA soll Millionen Chatnachrichten zum Auswerten erhalten haben.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Großrazzia mit Hunderten Polizisten sowie Spezialeinsatzkommandos (SEK) gegen Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans und weitere Verdächtige aus der organisierten Bandenszene in Berlin hat vorerst zu zwei Verhaftungen geführt.
  • Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es im vergangenen Jahr, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen, wie die europäische Justizbehörde Eurojust im Juli 2020 mitteilte.