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Einigung im Brexit-Streit zwischen der EU und Großbritannien

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Die Europäische Union (EU) und Großbritannien haben sich im jahrelangen Brexit-Streit um das Nordirland-Abkommen geeinigt.

Das hieß es am Montag aus EU-Kreisen und von britischen Regierungsinsidern. Der Durchbruch gelang bei einem Treffen von Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Windsor westlich von London.

Sunak: "Beginn eines neuen Kapitels"

Sunak bezeichnete im Anschluss die Einigung mit der EU über Brexit-Sonderregeln für Nordirland als "Beginn eines neuen Kapitels" der Beziehungen. Die Verhandlungen seien nicht immer einfach gewesen, doch seien Großbritannien und die EU Verbündete, Handelspartner und Freunde, sagte der konservative Politiker bei einer Pressekonferenz mit Kommissionspräsidentin von der Leyen. Auch diese sprach von einem "neuen Kapitel".

Konkret geht es um die Umsetzung des sogenannten Nordirland-Protokolls, das als Teil des Brexit-Vertrags ausgehandelt worden war. Es sieht vor, dass die Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See verläuft. Damit sollte verhindert werden, dass Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland eingeführt werden müssen. Sonst wurde mit einem Wiederaufflammen des Konflikts um eine Vereinigung der beiden Teile Irlands gerechnet.

Nach Ansicht von Kommentatoren hat Sunak Zugeständnisse von Brüssel erhalten, die seine Vorgänger nicht bekommen hätten. Zurückgeführt wird das darauf, dass Sunak als Pragmatiker gilt, dem mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Was sich die EU-Kommission für Ihr Entgegenkommen erwartet, machte sie in einer Pressemitteilung deutlich: Großbritannien werde ein umstrittenes Gesetzesvorhaben zur Aushebelung des Nordirland-Protokolls nicht weiter verfolgen, hieß es darin.

Kritik am Treffen zwischen Von der Leyen und König Charles

Der britische König Charles III. empfing von der Leyen am Montagabend auf Schloss Windsor. Von der Leyen postete ein Foto des Treffens mit dem Monarchen auf Twitter. Es sei bei dem Treffen unter anderem um die Unterstützung für die Ukraine und den Kampf gegen die Klimaerwärmung gegangen, schrieb die EU-Kommissionschefin.

Es gilt als heikel, dass sich der König unmittelbar nach der Verkündung des Abkommens mit der EU-Kommissionschefin traf. Normalerweise hält sich der Monarch in Großbritannien aus Themen, die als parteipolitisch gelten, streng heraus. Ex-BBC-Royalexperte Peter Hunt bezeichnete das Treffen als "schwere Fehleinschätzung von König Charles und seinen Beratern". Der König sei von seiner einenden Rolle abgewichen in einem unklugen Versuch, als Staatsmann dazustehen. Er fügte hinzu: "Dafür wird jemand büßen müssen."

Grenzkontrollen sorgen für Probleme

Doch die Kontrollen sorgen auch für Schwierigkeiten im innerbritischen Handel. Die Anhänger der Union in Nordirland fühlen sich von Großbritannien abgeschnitten. London wollte den Vertrag deshalb nachverhandeln. Großbritannien ist infolge einer Volksabstimmung seit drei Jahren nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Die EU besteht nun noch aus 27 Mitgliedern.

Der Streit hatte die Beziehungen zwischen London und Brüssel erheblich belastet, aber auch das Verhältnis von London und Berlin. Mit Spannung wird nun erwartet, ob Sunak für die Vereinbarung auch Unterstützung von Brexit-Hardlinern seiner Konservativen Partei und der nordirischen Protestantenpartei DUP findet. Die DUP blockiert aus Protest gegen die Regelung seit Monaten die Bildung einer neuen Regierung in Nordirland.

Positive Reaktionen aus Österreich

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich erfreut über die Einigung. "Das ist der Schlüssel zu einem dauerhaften Frieden auf der Insel Irland, während gleichzeitig die Integrität des europäischen Binnenmarktes gewahrt bleibt", schrieb sie auf Englisch auf Twitter. Auch Europaabgeordnete der ÖVP und der SPÖ sowie die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßten den Deal.

Der SPÖ-Delegationsleiter und Brexit-Berichterstatter im EU-Parlament, Andreas Schieder, zeigt sich in einer Aussendung seinerseits "vorsichtig positiv": "Es ist erfreulich, dass sich die britische Regierung nach langem Hin und Her und zahlreichen Vermittlungsversuchen von Seiten der EU endlich zu einem Kompromiss bereit erklärt hat. Nach mehr als drei Jahren liegen jetzt tatsächlich Lösungen auf dem Tisch, mit denen beide Seiten zufrieden sein können", so Schieder. "Für ein langfristig stabiles Verhältnis mit der EU braucht es auch innenpolitische Stabilität in Großbritannien, sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser Deal wieder von innen torpediert wird!“

ribbon Zusammenfassung
  • Die Europäische Union (EU) und Großbritannien haben sich im jahrelangen Brexit-Streit um das Nordirland-Abkommen geeinigt.
  • Sunak bezeichnete im Anschluss die Einigung mit der EU über Brexit-Sonderregeln für Nordirland als "Beginn eines neuen Kapitels" der Beziehungen. Die Verhandlungen seien nicht immer einfach gewesen, doch seien Großbritannien und die EU Verbündete.
  • Konkret geht es um die Umsetzung des sogenannten Nordirland-Protokolls, das als Teil des Brexit-Vertrags ausgehandelt worden war. Es sieht vor, dass die Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU in der Irischen See verläuft.