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Russland will Ukraine-Sondertribunal nicht anerkennen

26. Juni 2025 · Lesedauer 5 min

Russland will Beschlüsse des geplanten Sondertribunals zur Militäroffensive gegen die Ukraine nicht anerkennen. "Die Arbeit und die Entscheidungen dieses Organs werden für uns keine Bedeutung haben", verlautete am Donnerstag aus dem Moskauer Außenministerium. "Wir werden den Beitritt eines jeden Staats als feindlichen Akt ansehen", hieß es. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Mittwoch im Europarat in Straßburg ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet.

Es regelt die Einrichtung eines Sondertribunals zur russischen Offensive gegen sein Land. Das Tribunal soll das "Verbrechen der Aggression" gegen die Ukraine ahnden und die politischen und militärischen Verantwortlichen aus Russland zur Rechenschaft ziehen.

Selenskyj sagte in Straßburg, nötig sei "politischer und juristischer Mut um sicherzustellen, dass alle russischen Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden" - einschließlich des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Europarat hofft, dass das Sondertribunal im kommenden Jahr seine Arbeit aufnehmen kann. Für Russland habe das Tribunal keine Legitimität, ließ die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, durchblicken.

Bei russischen Luftangriffen in der südukrainischen Region Cherson wurden örtlichen Behörden zufolge ein Mensch getötet und zwei weitere verletzt. Das Todesopfer sei aus dem Dorf Tawriyske gemeldet worden, erklärte Chersons Gouverneur Olexandr Prokudin am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Bei dem Beschuss eines Wohngebäudes mit Lenkbomben soll dort außerdem ein 34-jähriger Mann verletzt worden sein. Eine ältere Frau soll im Bezirk Korabelny verletzt worden sein.

Russland hält derzeit etwa ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Zusätzlich zur Krim im Jahr 2014 hat Russland nach seinem Einmarsch in die Ukraine 2022 vier dortige Regionen annektiert und betrachtet diese als Teil seines Staatsgebiets, obwohl die russische Armee die Regionen nicht vollständig kontrolliert.

Die russische Armee nimmt ukrainische Städte und Ortschaften tagtäglich ins Visier. Die diplomatischen Bemühungen um ein Ende der Angriffe sind festgefahren. Die ukrainische Regierung wirft Moskau vor, eine Friedensvereinbarung bewusst zu sabotieren, um sich während der anhaltenden Kämpfe noch mehr ukrainisches Gebiet einzuverleiben. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Donnerstag, dass die russischen Streitkräfte zwei weitere Dörfer in der Region Donezk im Osten der Ukraine eingenommen hätten.

Ukrainischer Armeechef: Russischer Vormarsch in Sumy gestoppt

Ukrainische Streitkräfte stoppten nach Angaben von Armeechef Oleksandr Syrskyi diese Woche den Vormarsch russischer Truppen in der nördlichen Region Sumy. Die Frontlinie habe sich stabilisiert, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung des Generals nach einem Besuch an der Front. Der ukrainische Armeechef ordnete jedoch einen schnelleren Ausbau der Verteidigungslinien in der Region Sumy an.

"Die Arbeiten laufen, müssen aber angesichts der Anforderungen der modernen Kriegsführung beschleunigt werden", sagte Syrskyj am Donnerstag. Syrskyj sagte weiter, dass "Anti-Drohnen-Korridore" - häufig bestehend aus physischen Barrieren wie Netzen - nötig seien, um ukrainische Truppen und Logistikrouten zu schützen. Die Geschwindigkeit, mit der diese Arbeiten vorgenommen würden, müsse "deutlich erhöht" werden.

Sumy liegt an der Grenze zur russischen Region Kursk. Dort hatte die Ukraine im vergangenen Jahr eine Überraschungsoffensive gestartet, die die russischen Truppen erst nach Monaten mit Hilfe nordkoreanischer Soldaten zurückdrängen konnte. Aus Kiew hieß es im vergangenen Monat, Russland habe 50.000 Soldaten zusammengezogen, um tiefer in die ukrainische Region Sumy vorzustoßen. Kreml-Chef Wladimir Putin schloss in der vergangenen Woche eine Offensive auf die Regionalhauptstadt Sumy nicht aus.

Ukrainische Drohnenangriffe in Russland

Russische Luftabwehreinheiten zerstörten in der Nacht auf Donnerstag nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau 50 ukrainische Drohnen. Fast die Hälfte der Drohnen sei über der an die Ukraine grenzenden Region Kursk abgeschossen worden. Die übrigen Drohnen wurden demnach über mehreren russischen Regionen abgefangen, darunter drei über der Region Moskau, berichtete das Ministerium auf Telegram. Der internationale Flughafen Wnukowo in Moskau setzte wegen Drohnenalarms den Flugverkehr aus, wie russische Nachrichtenagenturen die Luftfahrtaufsichtsbehörde Rosawiatsija zitieren. Auch auf den Flughäfen entlang der Wolga gab es zeitweise Beschränkungen.

Erdogan: Trump würde zu Friedensverhandlungen in die Türkei kommen

US-Präsident Donald Trump erklärte sich nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einer Teilnahme an möglichen Friedensgesprächen zwischen den Staatschefs der Ukraine und Russlands in der Türkei bereit. "Er (Trump) sagte: 'Wenn der russische Präsident Wladimir Putin für eine Lösung nach Istanbul oder Ankara kommt, dann werde ich auch kommen'", erklärte Erdogan in einer Mitteilung des türkischen Präsidialamts. Am Mittwoch hatte Erdogan auf seinem Rückflug vom NATO-Gipfel angekündigt: "Wir werden die notwendigen Kontakte aufnehmen und, so Gott will, dieses Treffen so bald wie möglich realisieren."

Zu den ersten direkten Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine seit rund drei Jahren war Präsident Wolodymyr Selenskyj im Mai in die Türkei gereist, während Putin auf sein Kommen verzichtete und nur eine niederrangigere Verhandlungsdelegation entsandt hatte. Die Verhandlungen ergaben keine Fortschritte hin zu einem Ende der Kämpfe.

Zusammenfassung
  • Russland erkennt das geplante Sondertribunal zur Militäroffensive gegen die Ukraine nicht an und bezeichnet den Beitritt anderer Staaten als feindlichen Akt.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj unterzeichnete im Europarat ein Abkommen zur Einrichtung des Tribunals, das politische und militärische Verantwortliche Russlands, darunter auch Präsident Putin, zur Rechenschaft ziehen soll.
  • Bei russischen Luftangriffen in der Region Cherson wurde mindestens eine Person getötet und zwei weitere verletzt, während Russland weiterhin etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt hält.
  • Ukrainische Streitkräfte stoppten nach eigenen Angaben den russischen Vormarsch in der Region Sumy, wo laut Kiew 50.000 russische Soldaten zusammengezogen wurden.
  • Russland meldet die Zerstörung von 50 ukrainischen Drohnen in einer Nacht, was zu Flugausfällen am Flughafen Wnukowo in Moskau und weiteren Einschränkungen an Flughäfen führte.