Diakonie sieht Mängel bei Deutschkursen
Maria Katharina Moser, die Direktorin der Diakonie Österreich, verhehlte nicht, dass es Probleme in Sachen Integration und deutscher Sprache gebe. Dies betreffe sowohl den Bildungsbereich als auch den Arbeitsmarkt. "Und es ist hoch an der Zeit, dass die Politik diese Probleme löst." Das Interesse dazu sei dort aber nicht sehr groß, mutmaßt man.
"Ein genauerer Blick auf die Deutschkurse in der Praxis zeigt, dass das Angebot völlig unzureichend ist", konstatierte Moser. So würden die Einheiten pro Kurs gekürzt, zudem sei die Unterrichtsqualität mangelhaft. "Teilnehmende berichten, dass sie in einem Kurs drei bis vier verschiedene Lehrkräfte haben, es wird zu wenig Wert auf aktives Sprechen gelegt."
In vielen Regionen, besonders im ländlichen Raum, würden Kursmöglichkeiten auf dem jeweils benötigten Sprachniveau überhaupt fehlen. Zwischen Kursen gibt es zudem oft lange Wartezeiten. "Dazu kommen praktische Probleme wie lange Anreisen, nicht leistbare Fahrtkosten, keine Kinderbetreuung, fehlende Informationen über passende Kurse, Kursstarts oder Einstufungstests", beklagte Moser.
Im Schulbereich wiederum ist laut Diakonie das Konzept der Deutschförderklassen gescheitert. "Die, die weniger Deutschkenntnisse haben, sollen miteinander lernen. Das heißt aber, dass ihnen Sprachvorbilder fehlen", kritisierte die Diakonie-Direktorin. Kinder würden auch Lernrückstände in anderen Fächern entwickeln.
Strafen nicht sinnvoll
Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger berichtete, dass auch viele geflüchtete Menschen Sprache als Schlüssel zur Integration sehen würden. "Das Deutschlernen ist aber für viele von ihnen, vor allem die Erwachsenen, sehr herausfordernd, weil es an Systemwissen, Basisbildung und psychischer wie auch sozialer Stabilität fehlt." Personen, die Kurse nicht bestehen oder abbrechen, zusätzlich zu bestrafen, werde kaum zu schnellerer Integration beitragen, warnte sie.
Wichtiger sei es, Anreize zu schaffen und Barrieren abzubauen. Die Diakonie fordert unter anderem, rasch einen flächendeckenden Zugang zu Deutschkursen in guter Qualität zu ermöglichen - und zwar wenn möglich ab dem ersten Tag. Empfohlen wird auch die Verschränkung von Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration durch Deutschkurse mit fachspezifischen Inhalten. Vokabular von Mangelberufen wie etwa Pflege könnte laut Diakonie hier einfließen.
Auch die Förderung von Mehrsprachigkeit wird nahegelegt. Denn zahlreiche Studien hätten belegt, dass Kinder mit einer soliden muttersprachlichen Basis schneller und nachhaltiger Deutsch lernen. Eine pauschale Gleichsetzung von "nichtdeutscher Muttersprache" mit mangelnder Deutschkompetenz verkenne diesen Zusammenhang, warnt die Diakonie.
Integrationsfonds widerspricht
Der Integrationsfonds (ÖIF) sieht die Aussagen zum laut Diakonie unzureichenden Angebot als "faktisch falsch". Was die Deutschkurse nach dem Integrationsgesetz betreffe, seien die Behauptungen nicht nachvollziehbar, hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Jede nach dem Integrationsgesetz anspruchsberechtigte Person bekomme vom ÖIF innerhalb kurzer Zeit in ganz Österreich einen passenden Deutschkurs.
Noch nie seien im ganzen Land so viele qualitativ hochwertige Kursplätze für Flüchtlinge und Vertriebene zur Verfügung gestanden, wurde versichert. Allein im Jahr 2024 seien über 67.500 Kursplätze an mehr als 200 Standorten gefördert und über 150.000 Teilnahmen an Online-Deutschlernangeboten des ÖIF verzeichnet worden. Auch in den Regionen außerhalb von Wien sei das Angebot so groß wie nie zuvor.
Zusammenfassung
- Die Diakonie kritisiert massive Defizite bei Deutschkursen für Integration und fordert eine Qualitäts- und Effizienzoffensive statt Sanktionen.
- Laut Diakonie sind Kursangebote oft unzureichend, besonders im ländlichen Raum, mit langen Wartezeiten, häufigen Lehrerwechseln und fehlenden Sprachvorbildern in Schulen, was zu Rückständen in anderen Fächern führt.
- Der Österreichische Integrationsfonds widerspricht der Kritik und verweist auf über 67.500 geförderte Kursplätze an mehr als 200 Standorten sowie über 150.000 Online-Teilnahmen im Jahr 2024.