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Brüchige Waffenruhe im Kaukasus - Gegenseitige Vorwürfe

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Die Waffenruhe in der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Kaukasus-Region Berg-Karabach erweist sich als brüchig. Einen Tag nach ihrem Inkrafttreten warfen sich die Konfliktparteien am Sonntag gegenseitig vor, die Vereinbarung erneut gebrochen und Zivilisten angegriffen zu haben. Bereits am Samstag hatten sie einander beschuldigt, nur wenige Minuten nach Beginn der Waffenruhe am Mittag Angriffe gestartet zu haben.

Aserbaidschan erklärte, armenische Kräfte hätten ein Wohngebiet in Ganja (Gandscha) am frühen Sonntagmorgen schwer beschossen. Ein Wohnhaus in der zweitgrößten Stadt des Landes sei getroffen worden. Die aserbaidschanische Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dabei seien mindestens fünf Menschen getötet und mindestens 28 verletzt worden. Der Angriff verstoße gegen die Bestimmungen der Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Das armenische Verteidigungsministerium wies die Anschuldigungen als "absolute Lüge" zurück und warf seinerseits Aserbaidschan vor, Wohngebiete in Berg-Karabach unter Beschuss zu nehmen. Betroffen sei auch die größte Stadt Stepanakert. Der Anführer der Kämpfer in Berg-Karabach, beschrieb die Lage am Morgen als angespannt, aber noch relativ ruhig. Er warf den aserbaidschanischen Streitkräften vor, sie versuchten, die Kontrolle über die Stadt Hadrut zu bekommen - allerdings ohne Erfolg.

In Berg-Karabach im Südkaukasus leben überwiegend christliche Armenier, die dortige Führung wird von der armenischen Regierung in Jerewan (Eriwan) unterstützt. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zum mehrheitlich islamischen Aserbaidschan, von dem es sich jedoch 1991 losgesagt hatte. Da Armenien mit Russland verbündet ist und Aserbaidschan von der Türkei unterstützt wird, droht eine Ausweitung des Konflikts über die Region hinaus mit weitreichenden Folgen auch für die Wirtschaft. Durch den Südkaukasus laufen wichtige Erdgas- und Öl-Pipelines.

Unter Vermittlung Russlands hatten sich die Außenminister Armeniens und Aserbaidschans in Moskau in der Nacht auf Samstag auf die Waffenruhe verständigt. Danach sollen auch Gefangene ausgetauscht und die Leichen von bei den Kämpfen getöteten Menschen übergeben werden. In den am 27. September ausgebrochenen Kämpfen zwischen der aserbaidschanischen Armee und armenischen Kämpfern in Berg-Karabach sollen Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein.

Wann sich die Lage beruhigen könnte, ist nicht absehbar. Die Moskauer Erklärung sei eigentlich ohne Alternative, sagte der russische Politologe Arkadi Dubnow. Sowohl das arme Armenien als auch das ölreiche Aserbaidschan verfügten nicht über genug Ressourcen, um die Gefechte länger fortzusetzen. Nur deshalb hätten sich beide auf Verhandlungen eingelassen. Die Führung in Aserbaidschan wirft dem Nachbarland bis heute vor, völkerrechtswidrig aserbaidschanisches Gebiet besetzt zu halten. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Kämpfe. Aktuell sind sie aber so heftig wie seit 1994 nicht mehr.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Waffenruhe in der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Kaukasus-Region Berg-Karabach erweist sich als brüchig.
  • Einen Tag nach ihrem Inkrafttreten warfen sich die Konfliktparteien am Sonntag gegenseitig vor, die Vereinbarung erneut gebrochen und Zivilisten angegriffen zu haben.
  • Die Führung in Aserbaidschan wirft dem Nachbarland bis heute vor, völkerrechtswidrig aserbaidschanisches Gebiet besetzt zu halten.

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