APA/HELMUT FOHRINGER

Appell für Gaza-Hilfe

Erstes Telefonat von Kanzler Stocker mit Netanyahu

Heute, 19:26 · Lesedauer 4 min

ÖVP-Bundeskanzler Christian Stocker hat Dienstagnachmittag mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu telefoniert.

"Die österreichische Regierung steht uneingeschränkt hinter der Sicherheit Israels und dem Kampf gegen alle Formen von Antisemitismus", postete Stocker im Anschluss an das Gespräch auf X. Außerdem forderte er die Freilassung aller in den Händen der Terrororganisation Hamas befindlichen israelischen Geiseln.

Nach israelischen Angaben befinden sich noch 58 Geiseln im Gazastreifen, die meisten von ihnen sind demnach mittlerweile tot. Gleichzeitig wolle Stocker nicht, dass die Zivilbevölkerung in Gaza den Preis für den Hamas-Terror bezahle.

"Das Völkerrecht muss unter allen Umständen eingehalten werden, wir fordern die sofortige vollständige Wiederaufnahme der Hilfe für Gaza." Der Kanzler postulierte gegenüber Netanyahu laut seinem X-Posting außerdem, dass es keine Alternative zu einer auf dem Völkerrecht basierenden Zweistaatenlösung gebe, "damit Israelis und Palästinenser in Frieden und Sicherheit nebeneinander leben können".

https://x.com/_CStocker/status/1924882313973780766

"Gaza muss palästinensisch bleiben"

Nach der Ankündigung Netanyahus, die vollständige Kontrolle über den Gazastreifen zu übernehmen, hatte eine Sprecherin im Vorfeld des Calls erklärt: "Das Völkerrecht ist klar: Gaza muss palästinensisch bleiben, es darf keine Vertreibungen geben."

"Gleichzeitig besteht kein Zweifel daran, dass die Terrororganisation Hamas in Zukunft keine Macht mehr in Gaza haben darf", betonte das Bundeskanzleramt gegenüber der APA weiter.

Österreich fordert "eine realistische, völkerrechtskonforme Lösung unter Mitwirkung der Palästinensischen Autonomiebehörde und der internationalen Gemeinschaft". Wichtig dabei sei die aktive Einbindung unserer regionalen Partner. "Wir müssen endlich zurück zu einem Waffenstillstand - es gibt schon viel zu viele zivile Opfer auf beiden Seiten."

Das Bundeskanzleramt verwies außerdem auf den Ursprung dieses Krieges: Der Terroranschlag der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023. Israel habe daher das Recht zur Selbstverteidigung. Klar sei aber auch, dass diese im Rahmen des Völkerrechts erfolgen müsse - "das ist unser Anspruch an die einzige Demokratie im Nahen Osten".

Die EU gab unterdessen eine Überprüfung des Assoziierungsabkommens mit Israel bekannt. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte nach einem Treffen mit den Außenministern der Mitgliedstaaten in Brüssel, eine deutliche Mehrheit unterstütze den Schritt. "Die Lage in Gaza ist katastrophal", sagte sie.

Die israelische Hilfe sei willkommen, jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Die Hilfe muss sofort, ungehindert und in großem Umfang fließen, denn das ist es, was wir brauchen." Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sagte in Paris, 17 der 27 Mitgliedstaaten hätten den Schritt zur Überprüfung des Abkommens unterstützt.

London setzt Handelsgespräche mit Israel aus

Großbritannien setzt wegen des Gazakriegs inzwischen Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Israel aus. "Das Handeln der Regierung Netanyahu hat das notwendig gemacht", sagte der britische Außenminister David Lammy im Unterhaus in London. Auch die israelische Botschafterin werde vorgeladen. Zudem kündigte Lammy weitere Sanktionen gegen Siedler im Westjordanland an.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums schrieb nach der Ankündigung auf der Plattform X, die derzeitige britische Regierung habe die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen ohnehin nicht vorangetrieben. Er warf der Regierung in London "antiisraelische Besessenheit" vor.

Weitere Hilfsgüter auf dem Weg nach Gaza

Laut israelischen Angaben sind den zweiten Tag in Folge weitere Hilfslieferungen auf dem Weg in den Gazastreifen. Geliefert werden sollen laut dpa Mehl für von internationalen Organisationen betriebene Bäckereien, Vorräte für von internationalen Helfern betriebene Küchen, Babynahrung sowie medizinische Ausrüstung. Die Güter werden nach Angaben des Sprechers Oren Mamorstein über den Grenzübergang Kerem Shalom gebracht, der sich zwischen Israel und dem südlichen Gazastreifen befindet. "In den kommenden Tagen wird Israel täglich die Einfahrt von Dutzenden Hilfstransportern ermöglichen", teilte er weiter mit.

Die UNO hatte zuvor mitgeteilt, sie hätten die Zusage von Israel bekommen, dass 100 weitere Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen fahren dürfen. Am Tag zuvor waren israelischen Angaben zufolge lediglich fünf Lastwagen mit Hilfsgütern in den umkämpften Küstenstreifen gebracht worden. Die Vereinten Nationen sprachen von einem "Tropfen auf den heißen Stein". Die UNO und Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot im Gazastreifen.

Während der Feuerpause Anfang des Jahres waren jeden Tag bis zu 600 Lastwagen mit Hilfsgütern über die Grenze in den Gazastreifen gefahren. Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in das Palästinensergebiet gelassen. Das Land wirft der islamistischen Hamas vor, die Hilfsgüter weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.

Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Christian Stocker telefonierte mit Israels Premier Netanyahu und bekräftigte Österreichs uneingeschränkte Unterstützung für Israels Sicherheit sowie den Kampf gegen Antisemitismus.
  • Stocker forderte die Freilassung aller israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas und betonte die Notwendigkeit der Einhaltung des Völkerrechts.
  • Er sprach sich für die sofortige vollständige Wiederaufnahme der humanitären Hilfe für Gaza aus und betonte, dass es keine Alternative zur Zweistaatenlösung gebe.