Zwei Jubiläen beim Frankenburger Würfelspiel
Der 700 Mitglieder umfassende Verein arbeitet monatelang an den Vorbereitungen des biennal stattfindenden Theaters. Heuer gibt es anlässlich der Jahrestage drei Vorstellungen mehr als in "normalen" Jahren. Der nationalsozialistischen Prägung des Stücks in den Vorkriegsjahren ist sich der Verein bewusst und legt großen Wert auf einen offenen, kritischen Umgang mit dieser Vergangenheit. Ebenso wird die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten unterstrichen.
Zur Vorgeschichte: Im Mai 1625, mitten im Dreißigjährigen Krieg, kam es in Frankenburg am Hausruck zu einem bewaffneten Aufstand evangelischer Bürger und Bauern, weil ein römisch-katholischer Geistlicher eingesetzt werden sollte. Nach drei Tagen versprach der bayerische Statthalter Adam Graf von Herberstorff den Rebellen, bei Aufgabe ihres Widerstands Gnade walten zu lassen. Als sie ohne Waffen zum Haushamerfeld kamen, ließ der Graf 36 Männer paarweise um ihr Leben würfeln. Die Verlierer wurden aufgehängt. Dieses grausame Ereignis war Auftakt zu den oberösterreichischen Bauernkriegen.
Das erste Theaterstück über diesen Stoff schrieb der damals bekannte Schriftsteller Karl Itzinger im Auftrag des Deutsch-Völkischen Turnvereins Frankenburg, es wurde am 9. August 1925 mit rund 100 Laiendarstellern und zwei Schauspielern des Linzer Landestheaters uraufgeführt. Doch nicht alle Einheimischen waren angetan, dass der eigentlich unangenehme historische Stoff auf die Bühne kam; vor allem von katholischer Seite gab es bis weit in die 1950er-Jahre hinein Widerstände.
Von NS-Propaganda befreit
Dann vereinnahmten die Nationalsozialisten den Stoff, bis Aufführungen wegen des Zweiten Weltkriegs nicht mehr möglich waren. Erst 1952 gab es die nächsten Vorstellungen. Tiefgreifende Textänderungen, eine Neubearbeitung durch den Lehrer Franz Neudorfer und die Einbindung breiter Bevölkerungskreise zerstreuten Vorbehalte wegen nationalsozialistischer Propaganda, der NS-Vergangenheit Karl Itzingers und der antiklerikalen Positionierung. Ab 1953 wurde "Das Frankenburger Würfelspiel" im Zwei-Jahres-Rhythmus aufgeführt. Die aufeinanderfolgenden Regisseure und Brüder Franz und Rudolf Neudorfer lenkten den Fokus des Spiels auf die Bedeutung der Gewissens- und Glaubensfreiheit - was durchwegs positives Echo und großes Publikumsinteresse brachte.
1989 überarbeitete Rudolfs Sohn Michael Neudorfer den 37 Jahre alten Text neu, auch seine Nachfolger Alois Pillichshammer und Hans Gebetsberger wagten sich an Neuinszenierungen heran. "All diese neuen Impulse taten dem Stück gut und unterstrichen seine zeitlos aktuelle Botschaft: Durch die authentische Darstellung des Geschehens von 1625 und durch die lebendige Dramaturgie soll den Besuchern bewusst werden, wie wertvoll die Errungenschaften der Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte sind", schreibt der Verein auf seiner Website.
Denkmal für Opfer zum Jahrestag
Im Museum "Mensch.Macht.Geschichte" im Frankenburger Würfelspielhaus lassen 3D-Animationen und ein Escape-Room-Abenteuer Geschichte hautnah erleben. Am Jahrestag des "Blutgerichts", am 15. Mai 2025, wurde den Opfern ein Denkmal aus Stahl und Stein gesetzt, gestaltet von der renommierten Frankenburger Künstlerin Maria Moser und eingeweiht in einer stillen ökumenischen Andachtsstunde. Über das Jahr verteilt erinnern weitere Anlässe an die Ereignisse des Jahres 1625 auf Basis des Buchs "Vom Blutgericht zum Würfelspiel" des Heimatforschers Martin Kaiser, in dem erstmals alle verfügbaren Quellen zum historischen Ereignis wie auch zur Geschichte der Aufführungen aufbereitet wurden.
(S E R V I C E - "Das Frankenburger Würfelspiel" nach Karl Itzinger, überarbeitet von Franz und Michael Neudorfer, Natur-Freilichtbühne in Leitrachtstätten, Inszenierung: Alois Pillichshammer und Johann Gebetsberger, Premiere am 25. Juli um 20.45 Uhr, weitere Vorstellungen 26., 27. Juli, 1. - 3., 8. - 10. und 15. - 17. August; Infos und Karten unter http://www.wuerfelspiel.at)
Zusammenfassung
- Das Frankenburger Würfelspiel feiert 2025 gleich zwei Jubiläen: 400 Jahre seit dem historischen Blutgericht am Haushamerfeld und 100 Jahre seit der ersten Aufführung als Volksschauspiel.
- Mehr als 500 Laiendarstellerinnen und -darsteller bringen das Stück ab 25. Juli auf die Natur-Freilichtbühne in Leitrachtstätten, mit insgesamt drei zusätzlichen Vorstellungen anlässlich der Jubiläen.
- Zum Gedenken an die 36 Opfer von 1625 wurde am 15. Mai 2025 ein neues Denkmal von Maria Moser enthüllt, während das Stück heute einen Schwerpunkt auf Demokratie und Menschenrechte legt.