Über 50 Prozent Umsatzrückgang im heimischen Buchhandel

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Der österreichische Buchhandel hat in der ersten Woche der Coronavirus-bedingten Geschäftsschließungen und Ausgangsbeschränkungen einen Umsatzrückgang von 50 bis 70 Prozent hinnehmen müssen - und das trotz stark gestiegener Käufe via Telefon und Online-Shops. "Wir haben das befürchtet", sagt Gustav Soucek, der Geschäftsführer des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, am Montag zur APA.

Der österreichische Buchhandel hat in der ersten Woche der Coronavirus-bedingten Geschäftsschließungen und Ausgangsbeschränkungen einen Umsatzrückgang von 50 bis 70 Prozent hinnehmen müssen - und das trotz stark gestiegener Käufe via Telefon und Online-Shops. "Wir haben das befürchtet", sagt Gustav Soucek, der Geschäftsführer des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, am Montag zur APA.

"Ich habe den Eindruck, dass alle Buchhändler trotz der Schließungen in ihren Läden sind und arbeiten. Die Stimmung ist noch nicht 'Verzweiflung pur'", so Soucek. Viele heimische Buchhändler haben schon bisher zwischen zehn und 20 Prozent ihres Umsatzes mit Online-Bestellungen erwirtschaftet. "Wir waren damals die ersten, die mit der Digitalisierung konfrontiert waren", sagt Geschäftsführer Markus Renk von der Wagner'schen Buchhandlung in Innsbruck. Durch die Spezialisierung des Online-Anbieters Amazon auf Bücher seien Buchhandlungen bereits früh gezwungen gewesen, sich zu rüsten, da sei man jetzt "gut aufgestellt", betont er gegenüber der APA.

"Wir liefern, solange wir dürfen." Er sei froh, dass es dank des Online-Handels gelinge, "einen großen Teil aufzufangen", um die 60 Prozent des Umsatzes könnten durch Kundenbestellungen eingespielt werden. Gekauft werde "alles, was gegen Langeweile hilft". Das Angebot habe man durch Zusatzangebote wie etwa die beliebten Toniboxen für Kinder angepasst. Die Buchhandlung biete die Zustellung mittels Fahrraddienste in die Tiroler Hauptstadt an, so könne man die Lieferung am selben Tag gewährleisten: "Jede Krise hat auch eine Chance", glaubt Renk. Nach dem Motto "buy local" könne nun die nachhaltige Botschaft vermittelt werden, dass auch der lokale Buchhandel ein ernst zu nehmendes Online-Angebot habe.

Auch die Klagenfurter Buchhandlung Johannes Heyn verzeichnet einen "sprunghafter Anstieg der Internet-Bestellungen", erzählt Geschäftsführer Helmut Zechner. "Unsere Kunden sind gewohnt, dass wir online liefern." Das sei ein großes Glück. Der Web-Umsatz sei "explodiert". "Wir sind überwältigt von der Solidarität unserer Kundinnen und Kunden." Es seien zwar schwierige Zeiten für den Buchhandel, Zechner zeigt sich aber froh darüber, dass man überhaupt arbeiten dürfe. Er habe derzeit "keine Existenzängste", zwei Mitarbeiterinnen seien mit telefonischen Bestellungen "passabel beschäftigt", 95 Prozent der Bestellungen liefen aber online. Die Nachfrage nach DVDs, Spielen und Puzzles gehe "unglaublich in die Höhe". Das betreffe nicht nur die Buchhandlung selbst, auch bei den Großhändlern seien viele Puzzles nicht mehr lieferbar. "Da ist gerade ein Run auf Heimbeschäftigung, was völlig verständlich ist."

"Ich sitz' noch immer bei den Bestellungen vom Wochenende", schildert Irene Alexowsky ihre derzeitige Lage. Gemeinsam mit ihrem Sohn versuche sie in ihrer Buchhandlung in Groß-Enzersdorf mit der neuen Situation zurechtzukommen. "Es ist ein riesen Durcheinander." Das größte Chaos gehe für sie von unübersichtlichen behördlichen Informationen und täglichen Änderungen der Vorgaben aus. "Wir sind froh, dass wir überhaupt Liefer-Bestellungen bekommen." Aber viele Titel seien derzeit nicht lieferbar, das erschwere den Verkauf. "Normalerweise hast du den persönlichen Kundenkontakt." Da könne man mit Empfehlungen arbeiten. "Das kann ich jetzt alles nicht machen."

"Ich bin sozusagen in der Vor-Panikphase", erzählt Thomas Eder, Besitzer der Buchhandlung Erlkönig in Wien-Josefstadt im Gespräch mit der APA. Wenn im März wenig Umsatz sei, werde das Geld Anfang Mai knapp. Der Erhalt durch Kundenbestellungen sei "ein Tropfen auf dem heißen Stein". Die Kunden nehmen sein Angebot der portofreien Lieferung ab 20 Euro durchaus an, aber "noch nicht in dem Ausmaß, wie man sich das wünschen würde". Trotzdem gehe es ihm den Umständen entsprechend "noch nicht so schlecht". Neben dem wegfallenden Ladengeschäft fehle nun auch die Möglichkeit, im Zuge von Verlagsveranstaltungen Büchertische zu Neuerscheinungen aufzustellen. "In meinem Regal stehen 120 Exemplare von Harald Welzers neuem Buch, der letzte Woche im Radiokulturhaus gewesen wäre." Die Bücher müsse er jetzt an den Verlag retournieren. Er finde es aber "schön, dass die Bücher mal an der frischen Luft gewesen sind", nimmt es Eder mit Humor. Die Zustellung der Kundenbestellungen in der Nähe übernimmt Eder persönlich: "Auch ich bin froh, wenn ich ein bisschen rauskomme."

"Der stärkere Online-Umsatz kann niemals die Einbußen im Ladenverkauf wettmachen", glaubt Hauptverbands-Geschäftsführer Gustav Soucek. "Dazu kommt die traditionell geringere Kapitalisierung der Branche. Die Margen sind gering. Es gibt keine Rücklagen. Alles, was bei den Schließungen über einen Monat hinausgeht, wird gravierende Folgen haben." Soucek sieht 10 bis 20 Prozent der Buchhändler gefährdet, aber auch eine ebenso große Zahl der österreichischen Verlage. "Denen sind durch den Wegfall der Messen und Lesungen alle Präsentationsmöglichkeiten ihres Frühjahrsprogramms weggefallen. Kleine österreichische Verlage mit österreichischen Autoren drohen komplett auf der Strecke zu bleiben. Sie brauchen jetzt jede Unterstützung, auch medial. Aus diesem Grund verstehen wir die vorübergehende Einstellung des Ö1-Kulturjournals überhaupt nicht. Es gäbe soviel Material!"

(S E R V I C E - http://www.buecher.at/buchhandlungen-mit-onlineshops/)

ribbon Zusammenfassung
  • "Wir haben das befürchtet", sagt Gustav Soucek, der Geschäftsführer des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, am Montag zur APA.
  • "Wir liefern, solange wir dürfen."

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