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"The Idol" bei Sky: Gib mir Unschuld und Sex

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Die meisten Dinge, die als kontrovers angepriesen werden, erweisen sich am Ende als banal. So auch "The Idol". Monate bevor die Serie mit Lily-Rose Depp überhaupt herauskam, wurde sie in den Medien als chauvinistisch, pervers und ausbeuterisch verunglimpft. Jetzt ist der HBO-Sechsteiler bei Sky erschienen, aber die erste Folge bietet kaum mehr als Softporno-Ästhetik und "Shades of Grey"-Vibes.

Gleich in den ersten paar Minuten von "The Idol" macht US-Regisseur Sam Levinson ("Euphoria") eines klar: Er will sein Publikum schockieren. Aber seine umstrittene "Skandalserie" hat nicht mehr zu bieten als ein bisschen affektierten Kink, gar nicht unähnlich der kitschigen SM-Saga "Shades of Grey".

Die Kamera gleitet lüstern am Körper und Gesicht einer jungen Frau auf und ab, und die antwortet mit ihren geöffneten, vollen Lippen und nach hinten geschobenem Gesäß, als würde der bloße Blick der Kamera sie geil machen. Der Körper gehört Lily-Rose Depp (die 24-jährige Tochter von Johnny Depp und Vanessa Paradis), die Jocelyn spielt, eine Popsängerin, und obwohl die Rolle nicht gerade die anspruchsvollste zu sein scheint, spielt sie die verletzte, sexy Popprinzessin ganz gut.

In der ersten Szene sehen wir wie ein Fotograf ihr diverse Befehle zuruft. "Gib mir etwas Unschuld, jetzt puren Sex, jetzt schau mich mit Rehaugen an." Sie posiert halb nackt in einem roten Negligé für ein Modeshooting, was ein lästiger Intimitätskoordinator zu verhindern versucht, weil es Jocelyn vertraglich verboten ist, gewisse Körperteile zu zeigen, obwohl alle anderen am Set, einschließlich Jocelyn, damit einverstanden sind. Sie will mehr als nur ihren "Busen von der Seite" zeigen. "Das ist mein Körper", sagt sie. Aber ist er das wirklich?

Während all das geschieht, diskutieren Jocelyns diverse Manager (gespielt von Schauspielern wie Jane Adams, Hank Azaria und Da'Vine Joy Randolph) darüber, wie sie am besten auf eine PR-Krise reagieren, die dadurch entstanden ist, dass ein postkoitales Selfie der Künstlerin mit Sperma auf ihrem Gesicht im Internet kursiert. Vielleicht könne man sie ja zuerst wie "ein Opfer" und dann wie eine "feministische Heldin" aussehen lassen.

Anspielungen auf echte Blondinen in der Popkultur gibt es zuhauf in der Serie. In einer Szene bemerkt eine Frau, dass der Anblick einer halb nackten Jocelyn, die von einer Tanzorgie gestreichelt wird, eine "Hommage an Britney Spears" ist. Die Ähnlichkeit mit der echten Popkünstlerin und ihr Video "I'm a Slave 4 U" ist natürlich ganz bewusst gesetzt. In einem Club tanzt Jocelyn zu Madonnas "Like a Prayer" und sieht sich in einer anderen Szene Paul Verhoevens Erotikklassiker "Basic Instinct" mit Sharon Stone an.

Aber all das ist nur der Auftakt zur Begegnung mit einem rätselhaften Nachtclubbesitzer namens Tedros, desaströs gespielt von Abel "The Weeknd" Tesfaye. Obwohl der kanadische R&B Sänger kein charismatischer Schauspieler ist und null Chemie zwischen den beiden herrscht, fühlt sich Jocelyn von seinen "Vergewaltigervibes" angezogen. Sie geht nach Hause, masturbiert und würgt sich selbst, bis sie einen Orgasmus erreicht.

Sie lädt ihn dann eines Abends zu sich nach Hause ein, und er erklärt ihr, dass sie sich erst sexuell öffnen muss, um eine gute Sängerin zu werden. Tedros hüllt ihren Kopf in ein rotes Seidentuch und lässt sie fast ersticken, bis er mit einem Messer ein Loch in den Stoff schneidet.

Irgendwo in dieser Serie steckt wahrscheinlich eine Geschichte darüber, wie eine junge Frau von der modernen Gesellschaft konsumiert und wieder ausgespuckt wird. Aber es ist schwer zu sagen, worauf Sam Levinson hinauswill. Die ursprüngliche Regisseurin Amy Seimetz ("The Girlfriend Experience") wurde gefeuert, und eine Geschichte im US-Magazin Rolling Stone deutete darauf hin, dass die Produzenten der Serie - zu denen auch The Weeknd gehört - die weibliche Perspektive ausradiert und eine schmutzige Männerfantasie gemacht hätten. Die Bedenken sind angebracht, aber es ist noch zu früh, um zu sagen, ob es sich im Endeffekt um einen leicht verdaulichen Gesellschaftskommentar oder bloße chauvinistische Effekthascherei handelt.

(S E R V I C E - www.sky.at/serien/the-idol)

ribbon Zusammenfassung
  • Die meisten Dinge, die als kontrovers angepriesen werden, erweisen sich am Ende als banal.
  • Monate bevor die Serie mit Lily-Rose Depp überhaupt herauskam, wurde sie in den Medien als chauvinistisch, pervers und ausbeuterisch verunglimpft.
  • Jetzt ist der HBO-Sechsteiler bei Sky erschienen, aber die erste Folge bietet kaum mehr als Softporno-Ästhetik und "Shades of Grey"-Vibes.
  • Sie will mehr als nur ihren "Busen von der Seite" zeigen.

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