APA/APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/PHILLIP FARAONE

Spiel mit den Stilen: Jon Batistes neues Album "Big Money"

Heute, 07:43 · Lesedauer 4 min

Jon Batiste ist ein Künstler, der sich selten mit nur einer Rolle zufriedengibt. Mal charismatischer Entertainer auf der Superbowl-Bühne, mal feinsinniger Jazzpianist oder Oscar-Gewinner für den Pixar-Hit "Soul" – der siebenfache Grammy-Gewinner bewegt sich mit erstaunlicher Leichtigkeit zwischen Pop, Jazz und klassischer Songwriter-Kunst. Mit "Big Money" legt der 37-Jährige nun ein Album vor, das Groove, Spiritualität und Gesellschaftskritik verbindet.

Soul, R&B, Gospel, Americana, Roots: Die neun Songs dauern 32:27 Minuten - und klingen so direkt, als stünde Batiste mit seiner Band mitten im Wohnzimmer.

So klingt "Big Money":

Jon Batiste hat schon immer mit Stilen gespielt – auf "Big Money" treibt er diese Freiheit auf die Spitze. Statt glatter Perfektion setzt er auf rohe Energie: Neun Songs, in nur zwei Wochen live eingespielt, viele in einem einzigen Take. "Das Echte liegt im Moment, nicht in der Perfektion", sagt er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Das hört man – als würde man, wie Batiste es beschreibt, "einen Blitz im Glas" einfangen. Der Sound pendelt dabei zwischen Soul-Gospel-Chören, Americana-Blues und R&B-Grooves – hymnisch, kantig, voller Leben.

Der Titeltrack stampft wie eine Protestparade, "Petrichor" klingt wie ein apokalyptisches Klimagebet, "Lean On My Love" mit Sängerin Andra Day wie eine warme Soul-Ballade. Batistes Stimme reicht vom leidenschaftlichen Prediger bis zum lässigen Erzähler. Für ihn ist Musik "mehr als Unterhaltung – eine spirituelle Praxis". Und: "Ein Teil unserer Menschlichkeit ist es, selbst in dunklen Zeiten tanzen und lächeln zu können."

Darum geht es:

Du kannst ein Haus kaufen, aber kein Zuhause – so beginnt der Titeltrack "Big Money". Das gleichnamige Album ist eine Platte über Werte, Menschlichkeit und das Bewahren der Seele. "Die Welt treibt uns oft dazu, immer größer zu denken, mehr Macht, mehr Kontrolle zu wollen", sagt Batiste. Doch wenn man dabei sein Innerstes verliere, verliere man seine Menschlichkeit. "Und wenn wir nicht mehr menschlich sind, sind wir im Grunde schon tot."

Mit dieser klaren Ansage richtet sich der Musiker gegen blinden Ehrgeiz und Konsumwahn – ohne dogmatisch zu klingen. Seine Songs sind auch Einladungen zum Feiern: "Die Freude am Leben ist genauso wichtig wie der Protest gegen das, was falsch läuft", erzählt der Oscar-Gewinner. Diese Spannung zwischen Ernst und Leichtigkeit zieht sich durch das gesamte Album.

Das sagt der Künstler:

Der 37-Jährige sieht "Big Money" als Teil seiner Wurzeln. Er erzählt, wie ihn seine Familie und sein Viertel in New Orleans geprägt haben: "Musik war immer eine kollektive Praxis. Sie entstand aus dem Alltag einfacher Leute – Landarbeiter, Eisenbahner, Nachbarn. Das ist für mich das Fundament des amerikanischen Sounds."

Gleichzeitig blickt er über den Tellerrand hinaus. "Ich interessiere mich sehr für Musik aus dem Osten – etwa aus Äthiopien, Indien oder Tibet – und wie sie mit Spiritualität verbunden ist. Diese Gespräche zwischen Kulturen möchte ich in Zukunft noch stärker führen." Damit positioniert sich Batiste als Brückenbauer zwischen Tradition und globaler Moderne.

Anspieltipps:

Besonders hervorzuheben ist "Lonely Avenue", ein Stück mit der Songwriter-Legende Randy Newman. Der Oscar-prämierte Komponist von Klassikern wie "If I Didn't Have You" (Die Monster AG) und – Achtung: Ohrwurmgefahr – dem unvergessenen "You"ve Got a Friend in Me" (Toy Story), singt hier mit Batiste im Wohnzimmer – eine einzige Aufnahme, roh und intim.

"Es war ein sehr organischer Moment", erinnert sich Batiste. "Ich war inspiriert, dass ich Randy nach Jahren wieder zum Singen gebracht habe. Das war echte Magie." Schon dafür lohnt sich das Album. Hinzu kommen der wuchtige Titeltrack "Big Money" mit den Womack Sisters und das düstere "Petrichor", das Batiste fast wie ein prophetischer Prediger performt.

Für wen sich das Album lohnt:

"Big Money" ist kein glatt polierter Pop, sondern ein Manifest. Wer Musik nur als Hintergrund sucht, wird hier nicht glücklich. Doch wer Groove, Tiefe und Echtheit erleben will, wer tanzen und gleichzeitig nachdenken möchte, für den ist dieses Album ein Ereignis. Oder, wie es Batiste selbst formuliert: "Wir müssen Songs machen, weil wir Menschen sind. Sie halten uns lebendig."

Zusammenfassung
  • Jon Batiste veröffentlicht mit "Big Money" ein Album mit neun Songs und einer Laufzeit von 32:27 Minuten, das stilistisch zwischen Soul, R&B, Gospel, Americana und Blues pendelt.
  • Das Album wurde innerhalb von zwei Wochen live eingespielt, wobei viele Stücke in nur einem Take aufgenommen wurden, was dem Sound rohe Energie und Direktheit verleiht.
  • Thematisch setzt sich Batiste kritisch mit Konsum, Ehrgeiz und dem Verlust von Menschlichkeit auseinander und betont Musik als spirituelle Praxis und kollektive Erfahrung.