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"Sechs Tanzstunden" im Volkstheater mit gebremstem Schwung

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Der Abend verläuft in Zyklen: Erst streiten die beiden, im nächsten Atemzug öffnen sie sich einander, was zur Versöhnung führt, dann wird getanzt. Die Hassliebe zwischen den Protagonisten des Stücks "Sechs Tanzstunden in sechs Wochen", das am Samstagabend im Wiener Volkstheater Premiere feierte, ruft gemischte Gefühle hervor. Die Handlung mittelmäßig und die Witze oft plump - manche Pointen haben trotzdem gesessen. Die Begeisterung im Publikum war so oder so riesengroß.

Michael Minetti (Alexander Jagsch) klingelt an der Tür. Er ist der Lehrer, der von der Firma "Sechs Tanzstunden in sechs Wochen" geschickt wurde, um der Pensionistin Lily Harrison (Doris Weiner) eine Reihe von Gesellschaftstänzen näherzubringen. Michael ist vorlaut und provokant und Lily davon irritiert. Sofort verstricken sich die beiden in halblustige Beleidigungen.

In Lilys Wohnzimmer, das sich mit Rattansofa, Palme und nächtlichem Meeresrauschen unmissverständlich in Florida befinden soll, spielen die beiden stets denselben Ablauf durch: Erst ist frech, sie vorwurfsvoll, dann wechseln sie die Rollen - denn schließlich lügen beide ein bisschen über sich selbst. Michael über seine Homosexualität, Lily über ihren verstorbenen Mann. Auf das Aussprechen folgt stets eine Tanzeinlage, und langsam entsteht eine Freundschaft.

Der affektierte Michael ist witzig mit seinen teils exzentrischen Outfits wie zum Beispiel einer Sonnenbrille in Schmetterlingsform und überzeugt mit seiner Schlagfertigkeit. Für einen Anspruch, durchgehend lustig zu sein, sind allerdings auch viele Schenkelklopfer und abgedroschene Sätze dabei, wie "Schlafen können Sie, wenn Sie tot sind".

Auch Lily erntet einige Lacher. Die meisten Pointen gehen selbstironisch auf Kosten des Alterns. Manche sind gut: "Wenn man das wahre Alter ausspricht, hört es das Gesicht und verfällt" - manche weniger gut: "Nach 50 muss man sich entscheiden: Botox oder Burka".

In einer Stunde und 45 Minuten kommen durch dieses "Streit- und Lügenmuster", wie Lily es nennt, abgesehen von Beleidigungen, die die Lachmuskeln des Publikums auf Trab halten sollen, auch ernste Themen zur Sprache. Homophobie, die Unterdrückung durch den Ehemann, Einsamkeit, soziale Angst und der Tod von nahestehenden Personen.

Der Schluss ist so erwartbar wie kitschig. Lily möchte Michael mit dem Sohn der verstorbenen Nachbarin verkuppeln und Michael sagt: "Der einzig besondere Mensch sind Sie", bevor die beiden einen letzten Tanz hinlegen. Tatsächlich war es aber nur der vorletzte: Nach minutenlangem Jubel und Standing Ovations, richtet Doris Weiner, sichtlich gerührt, ein paar Worte an das Publikum. Zum Abschied tanzen Weiner und Jagsch nochmals den Boogie zum rhythmischen Klatschen der Theatergäste.

(S E R V I C E - "Sechs Tanzstunden in sechs Wochen" von Richard Alfieri im Volkstheater, Arthur-Schnitzler-Platz 1, 1070 Wien. Regie: Andy Hallwaxx, Bühne: Hans Kudlich, Kostüme: Tina Prichenfried, Choreografie: Rosita Steinhauser. Mit: Doris Weiner, Alexander Jagsch. Weitere Termine am 31. Oktober. www.volkstheater.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Abend verläuft in Zyklen: Erst streiten die beiden, im nächsten Atemzug öffnen sie sich einander, was zur Versöhnung führt, dann wird getanzt.
  • Die Hassliebe zwischen den Protagonisten des Stücks "Sechs Tanzstunden in sechs Wochen", das am Samstagabend im Wiener Volkstheater Premiere feierte, ruft gemischte Gefühle hervor.
  • Zum Abschied tanzen Weiner und Jagsch nochmals den Boogie zum rhythmischen Klatschen der Theatergäste.

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