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Scott Matthew hält den Amerikanischen Traum für Propaganda

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Seit 2004 lebt der australische Singer-Songwriter Scott Matthew in New York. Seine Bilanz fällt nüchtern aus: "Der Amerikanische Traum ist Propaganda, mehr nicht", sagte er im APA-Interview. Für das Album "Adorned" hat der Künstler mit dem langen Bart in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jens Gad einige seiner alten Stücke überarbeitet und ihnen "einen Teil ihrer Schwere genommen".

Seit 2004 lebt der australische Singer-Songwriter Scott Matthew in New York. Seine Bilanz fällt nüchtern aus: "Der Amerikanische Traum ist Propaganda, mehr nicht", sagte er im APA-Interview. Für das Album "Adorned" hat der Künstler mit dem langen Bart in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jens Gad einige seiner alten Stücke überarbeitet und ihnen "einen Teil ihrer Schwere genommen".

"Dieses Land ist auf Propaganda aufgebaut, das war immer schon so", meinte Matthew am Telefon. "Dieses Land schaut überhaupt nicht auf seine Bürger. Mit dem Aufschwung des Kapitalismus wurden alle zurückgelassen, die finanziell nicht mithalten können." Die Coronakrise habe die Situation noch verschärft: "Ich kann mir kein schrecklicheres Szenario vorstellen. Es ist so traurig und frustrierend, dass in der Regierung so viele inkompetente Leute sind, die jetzt das Sagen haben. Der Bürgermeister und der Gouverneur von New York (Bill de Blasio und Andrew Cuomo, Anm.) machen fantastische Arbeit. Ich vertraue auf sie und setze meine Hoffnungen in sie. Aber der Präsident ist einfach nur schlecht."

Matthew wohnt in einem Appartement in Williamsburg, Brooklyn. "Je älter ich werde, desto mehr hege ich den Gedanken, aufs Land zu ziehen - weg von dem ganzen Wahnsinn", erzählte er. "Aber New York ist noch immer eine nette Stadt, und ich fühle mich hier immer noch zu Hause." Ob die Metropole heute ein so kreativer Ort ist wie früher, mag er als Zugezogener nicht beurteilen. "Aber vermutlich nicht, denn Geld spielt hier mittlerweile eine so große Rolle. 20, 30 Jahre zuvor war es wohl nicht so hart, hier zu leben, wenn man nicht viel Geld hatte. Aber New York ist weiterhin einer der besten Plätze, wenn man in Amerika leben will. Da bin ich mir sicher, darum bin ich hier."

Für "Adorned" hat Matthew Stücke ausgewählt, die bei seinem Publikum beliebt sind, aber auch persönliche Favoriten. "Ich habe mich mit dem Alter verändert. Das spiegelt sich in den neuen Versionen der Songs wieder", sagte der Australier. Viele Tracks klingen nun zugänglicher: "Ja, das war ein Teil der Intention, dieses Album zu machen - ein wenig die Dunkelheit zu mindern und auch etwas von der Melancholie wegzunehmen. Aber beides ist immer noch da. Die ursprüngliche Intention der Lieder ist nicht verloren gegangen. Wir haben auch einige Originalteile verwendet. Aber ja, die Überarbeitung nimmt den Songs einen Teil ihrer Schwere."

Neben sehr intimen Liedern über private Gefühle findet man in der Sammlung auch gesellschaftskritische Beiträge. "Ich habe nie das wirkliche Bedürfnis gehabt, ein Protestsänger zu sein. Aber man kann das nicht verhindern, wenn man Songs schreibt über Themen, die einen berühren. Also habe ich ein paar Protestlieder geschrieben. Eines davon, 'The Wish', handelt von der Waffengewalt in Amerika. Ja, Amerika ist in mancherlei Hinsicht ein furchtbarer Ort", lachte Matthew sarkastisch.

Seine Erwartungen in dieses Land seinen enttäuscht worden, sagte Matthew: "Ich habe definitiv einen Niedergang miterlebt, das habe ich mir so nicht gedacht. Wohin das Pendel schwingt, macht mir Angst." Dass US-Präsident Donald Trump weiterhin eine treue Anhängerschar habe, verstehe er nicht: "Es kommt mir vor, als ob eine übernatürliche Macht, der Teufel persönlich vielleicht, am Werk ist. Wir lebten ohnehin schon in einem Land der posttraumatischen Belastungsstörung - und dann noch das! Horribel."

Auch in seiner alten Heimat musste Matthew zuletzt Schlimmes miterleben: "Ich habe meine Familie besucht, als die Waldbrände wüteten. Sie waren in Gefahr, alles zu verlieren. Darum wollte ich sie unterstützen und bei ihr sein. Ich stolpere von Desaster zu Desaster..."

Doch noch einmal zurück zu "Adorned": Das Album zeigt auch erstmals eine ganz andere Seite von Scott Matthew. Das hab ihn selbst überrascht: "So wie Jens den Song 'White Horse' interpretiert und neu produziert hat, fühlt sich das Lied regelrecht sexy an. Das war das erste Mal, dass meine Musik sexy ist! Das hat mir Spaß gemacht, eine ganz neue Emotion in meiner Musik."

Das Gespräch führte Wolfgang Hauptmann/APA

INFO: Konzerte von Scott Matthew sind am 29. September in Salzburg/ARGEkultur, am 1. Oktober in Wien/Porgy & Bess und am 2. Oktober in Linz/Posthof geplant; https://scottmatthewmusic.com

ribbon Zusammenfassung
  • Seit 2004 lebt der australische Singer-Songwriter Scott Matthew in New York.
  • Seine Bilanz fällt nüchtern aus: "Der Amerikanische Traum ist Propaganda, mehr nicht", sagte er im APA-Interview.
  • Für das Album "Adorned" hat der Künstler mit dem langen Bart in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jens Gad einige seiner alten Stücke überarbeitet und ihnen "einen Teil ihrer Schwere genommen".
  • Ich stolpere von Desaster zu Desaster…"