AnnenMayKantereit lieferten beim Lido Sounds in Linz ab
AnnenMayKantereit legten - mit Bassistin verstärkt - mit "Lass es kreisen" los. Im Lauf des Konzertes entwickelte man sich dann fast zur Bigband, bei "Du bist anders" tauchten Bläserinnen und Bläser auf, später veredelten auch Geigen ("Vielleicht vielleicht"), Cello und Bratsche den Sound. Doch der Reihe nach: In den flotten Beginn hatte Henning May schon so viel Kraft in seine markante Stimme gelegt, dass er fast außer Atem schien - aber ein Schluck aus der Wasserflasche und schon ging's weiter: Das folkige "Wohin du gehst" mit Akustikgitarre und umgeschnallter Mundharmonika bei Christopher Annen war schlicht bezaubernd.
May, der genauso viel Freude zu haben schien wie seine Fans, sprach von einem besonderen Tag, nur vier Auftritte, alle bei Festivals, würde man heuer spielen. Vielleicht war die Band deshalb besonders beseelt. "Marie" erklang mit einem kräftigen Schuss Country-Americana-Vibe, die Zeile "Zu Hause bist immer nur du" in "Oft gefragt" wurde vom Publikum lautstark mitgesungen, "Ozean" und das folkloristisch angehauchte "Als ich ein Kind war" wurde als Trio auf einer winzigen Zweitbühne dargebracht. "Ausgehen" im Zugabenteil groovte noch einmal richtig ab.
Parcels brachten einen Sound aufs Gelände des Urfahranermarktes, den man am besten mit "laid back" beschreibt. Entspannt ja, langweilig nein: Mit Harmoniegesang, gepflegten Instrumentalpassagen und bei Bedarf dem richtigen Groove ("Games of Luck") baute die Formation zunehmend Spannung auf, die sich später im Set in einem Drum Break entlud. Man merkte den Musikern die pure Spielfreude an - zugleich verloren sie sich nie in zu verspielten Passagen. Bei "Safe and Sound" versammelten sich die Gitarristen ums Schlagzeug und ließen ein Gitarrengewitter vom Stapel, das verträumte "Leave Your Love" hatte viel Soul, auch für ein Ambientstück mit breiten Synthieflächen war Raum. Erstaunlich, wie sich Discofunk, Electro-Pop, Retro-Klänge und leicht jazzige Elemente homogen zusammenfügten.
Beatsteaks und der Rumms
Mächtig Stimmung hatten die Beatsteaks gemacht. Sänger Arnim Teutoburg-Weiß war leicht "angeschlagen", was seine Performance nicht beeinträchtigte. "Bis auf ein bisschen Sommergrippe geht es uns derzeit Bombe", sagte Bassist Torsten Scholz im APA-Gespräch, der mit der Band unlängst das 30-jährige Bühnenjubiläum feierte. "Man muss total dankbar sein, dass die Leute sich immer noch bei uns vor die Bühne bewegen und schauen, was die alten Männer da machen", schmunzelte er. Das Publikum erlebte einen 50-minütigen Kraftakt mit "den üblichen Verdächtigen", wie Scholz die Dauerbrenner der Band bezeichnete. So gab es von "Let Me In" über "Hand in Hand" bis zum finalen "I Don't Care As Long As You Sing" volle Power, mal härter, mal beschwingter, immer frenetisch gefeiert - selbst im zweiten Regenguss des Tages ungebremst. Oder wie es Scholz auf den Punkt brachte: "Wir sind für den Rumms zuständig."
Enttäuschende Kenya Grace
Weniger Begeisterung rief Kenya Grace hervor. Mit ihren Songs zwischen House und Drum and Bass wird sie in ihrer Heimat Großbritannien gehypt. In Linz erwies sich ihre Performance überraschend blutleer. Die mit elektronischen Beats und hoher, verträumter Stimme vorgetragenen Beiträge plätscherten mitunter dahin.
Knackiges vom Lumpenpack und Betterov
Nicht zum ersten Mal gastierte das Lumpenpack in Linz, aber als Premiere auf Festivalniveau. "Wir sind erstmals vor zehn Jahren in Linz aufgetreten und haben die wunderschöne Donaulände bereist", sagte Sänger Maximilian Kennel im APA-Interview. Beim Lido paarte man, längst zum Quartett gewachsen und musikalisch breiter aufgestellt, Wortgewandtheit mit Funpunk-Attitüde und eingängigem Deutschpoprock. "Niederschwellig", bezeichnete Kennel diese Mischung - da hat er wohl recht, wie die Reaktionen des Publikums zeigten.
Auch Betterov hatte knackige Klänge mitgebracht und noch die Sonne auf seiner Seite. Der Sänger und Gitarrist versorgte mit seiner Band die Fans mit Indie-Gitarrenrock alter Schule. Begonnen hatte der Tag mit dem Schmusechor, anschließend kämpfte Dottie Andersson mit Hitze und Technik, gefiel aber mit melancholischem Pop. Morgen geht es mit u. a. Justice und Ca7riel & Paco Moroso weiter.
(Von Wolfgang Hauptmann/APA)
(S E R V I C E - www.lidosounds.com)
Zusammenfassung
- Knapp 20.000 Besucherinnen und Besucher feierten am ersten Tag der dritten Ausgabe des Lido Sounds Festivals in Linz.
- AnnenMayKantereit überzeugten als Headliner mit einer emotionalen, musikalisch vielseitigen Show und erweiterten Bandbesetzung.
- Die Beatsteaks lieferten trotz Sommergrippe des Sängers ein energiegeladenes 50-minütiges Konzert und feierten ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum.
- Parcels präsentierten einen entspannten und abwechslungsreichen Soundmix aus Pop, Rock, Soul, Funk und elektronischen Einflüssen.
- Zwei Regengüsse konnten der positiven Stimmung beim Festival keinen Abbruch tun.