APA/APA/apa/Matthias Woelfle

Schau in Graz zu Terror gegen Minderheiten

Heute, 12:17 · Lesedauer 4 min

Ein trauriger Jahrestag: Im Februar 1995 explodierte eine Sprengfalle in Oberwart (Burgenland) und tötete vier Männer der Roma-Minderheit. Die ersten Briefbomben des Täters hatten im Dezember 1993 eine ORF-Moderatorin und einen Pfarrer und Flüchtlingshelfer schwer verletzt. Die Schau "'Man will uns ans Leben' - Bomben gegen Minderheiten 1993-1996" zeigt im Grazer Volkskundemuseum die zerrissene Zeit anhand von Zeitungsartikeln, Infotafeln und Zeitzeugen-Interviews.

Die Serie an Sprengstoffanschlägen mit Brief- und Rohrbomben hatte Österreich vom Jahresende 1993 bis zum Herbst 1997 in Atem gehalten. Damals hatte sich der Attentäter Franz Fuchs bei einer Polizeikontrolle im südsteirischen Gralla selbst beide Hände weggesprengt. Insgesamt hatte er 25 Briefbomben und drei Sprengfallen bzw. Rohrbomben verschickt respektive gelegt, in Österreich, Deutschland und Ungarn. Diese forderten 13 zum Teil Schwerverletzte und vier Tote. Unter den Verletzten waren u. a. der Wiener SPÖ-Bürgermeister Helmut Zilk, ein syrischstämmiger Arzt in Niederösterreich oder die Wiener Flüchtlingshelferin Maria Loley. Adressatin der Bomben war auch die Mutter des früheren Innenministers Caspar Einem, Lotte Ingrisch. Eine Bombe wurde vor der zweisprachigen Schule in Klagenfurt deponiert, bei der Untersuchung wurde der Polizist Theo Kelz schwer verletzt.

Gestaltet wurde die Ausstellung von der "Initiative Minderheiten". Die Leiterin der Abteilung Volkskunde im Universalmuseum Joanneum, Claudia Unger, sagte am Montag bei der Presseführung vor der Eröffnung am Dienstagabend: "Die Attentate sind eng verbunden mit der steirischen Geschichte." Das Grazer Volkskundemuseum ist nun bis zum Nationalfeiertag am 26. Oktober der letzte Ort für die Wanderausstellung der "Initiative Minderheiten" nach Wien, Oberwart und Klagenfurt - alles ebenfalls Schauplätze des Bombenterrors.

Die Schau zeigt nicht nur eine Geschichte des Terrors gegen Minderheiten bzw. deren Fürsprecher und Unterstützer, sondern auch eine Zeitreise in das politische Geschehen Österreichs in den 1990ern. Einige der Medien, die damals berichteten, gibt es nicht mehr, die FPÖ nannte sich auf Wunsch ihres Parteichefs Jörg Haider kurzzeitig "F". Die technischen Fertigkeiten der Polizei waren noch nicht ausgefeilt, die Funktion des Profilers war noch in den Anfängen.

"Größter rechtsterroristischer Fall der Zweiten Republik"

Kuratorin Cornelia Kogoj sagte, es handle sich um den größten rechtsterroristischen Fall der Zweiten Republik. Die Ausstellung gestalte sich entlang der Serien der Briefbomben. Das Kapitel "Die schwärzeste Nacht" vom 4. auf den 5. Februar 1995 mit dem Attentat von Oberwart schildert, wie anfangs die Opfer selbst verdächtigt wurden. Illustriert werden die Geschehnisse durch Zeitungsartikel, Radio- und TV-Berichte. Alle Adressaten der Bomben werden aufgelistet, dazu eine Chronologie der Ermittlungen sowie neun Videointerviews wie etwa mit ORF-Moderatorin Silvana Meixner und der Grünen-Politikerin Terezija Stoisits, einem Bombenentschärfer, dem Autor Josef Haslinger als SOS Mitmensch-Gründer und Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Viele der Pressefotos sind Schlüsselbilder der heimischen Zeitgeschichte, wie etwa die "Tatortreinigung" in Oberwart einen Tag danach oder das Lichtermeer gegen das Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ unter dem Titel "Österreich zuerst". Stoisits hatte auch in einer ORF-Sendung das titelgebende Zitat "Man will uns ans Leben" geprägt.

"Die Anschlagsserien politisch einzuordnen war uns wichtig, es war die Zeit des Zerfalls der Sowjetunion und Jugoslawiens, des Falles Waldheim." Gleichzeitig habe es laut Kogoj wichtige Errungenschaften gegeben, etwa 1988 die Gründung des Artikel VII-Kulturvereins in der Südoststeiermark und die Anerkennung der Roma als Minderheit. Gezeigt werden auch unterschiedliche Reaktionen, die von viel Solidarität, aber auch bis "geschieht ihnen recht" rangieren.

"Einzeltäter kommen nicht aus dem Nichts"

"Wir haben die Rolle von Fuchs als Einzeltäter nicht hinterfragt, er steht auch nicht im Mittelpunkt", sagte Kogoj. Aber: Der deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker habe nach dem Brandanschlag mit rechtsextremistischem Hintergrund 1993 in Solingen gesagt: "Auch Einzeltäter kommen nicht aus dem Nichts". "Das politische Klima bedingt die Tat", sagte Kogoj, womit sich auch das erste Kapitel der Ausstellung befasse. Andreas Peham vom DÖW analysiert im Video: "Es hätte auch ein anderer Täter sein können, aber die Auswahl der Opfer ist nicht zufällig."

Zur Schau gibt es ein Rahmenprogramm, auch Schulführungen sind angedacht. Der Besuch ist bei freiem Eintritt möglich.

(S E R V I C E - "'Man will uns ans Leben' - Bomben gegen Minderheiten 1993-1996", Eröffnung 13. Mai um 18.00 Uhr, Volkskundemuseum am Paulustor, bis 26. Oktober. www.museum-joanneum.at)

Zusammenfassung
  • Im Grazer Volkskundemuseum läuft bis 26. Oktober die Ausstellung "Man will uns ans Leben", die die rechtsterroristischen Bombenanschläge von Franz Fuchs gegen Minderheiten und deren Unterstützer zwischen 1993 und 1996 dokumentiert.
  • Insgesamt verschickte Fuchs 25 Briefbomben und legte drei Sprengfallen in Österreich, Deutschland und Ungarn, was vier Todesopfer und 13 teils Schwerverletzte forderte.
  • Die Ausstellung zeigt Zeitungsartikel, Interviews mit Zeitzeugen und eine Chronologie der Ermittlungen und hebt die politischen und gesellschaftlichen Reaktionen jener Zeit hervor.