Popduo Disiniblud ging es "um das gemeinsame Forschen"
Begonnen hat alles vor rund vier Jahren in einem Park im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Seit langem waren Nayar und Keith Fans voneinander, doch an diesem Nachmittag sollte es Klick machen. "Dieses erste Gespräch war so besonders, es gab eine Verbindung auf so vielen Ebenen", erinnerte sich Nayar im APA-Interview. "Damals gab es keine großen Pläne für gemeinsame Musik, die ist eher zufällig und ganz natürlich entstanden. Diese Lieder sind sozusagen aus den Fasern unserer Freundschaft erwachsen."
Eine passende Beschreibung für Stücke wie das wunderbare "It's Change", das mit spielerischen Lauten ebenso aufwartet wie kleinteiliger Percussion und vielen Melodiebausteinen, die ineinandergreifen, sich auch mal gegenseitig anschubsen und stets neue Wege erkunden. Oder das atmosphärisch dichte "Serpentine", mit über sieben Minuten die längste Nummer am Album, die erst sukzessive ihre volle Schönheit entwickelt und sich dafür alle Zeit der Welt nimmt.
Viele Stimmen veredeln die Platte
Disiniblud erinnert dabei mitunter an die kunterbunte Phase des Briten Kieran Hebden alias Four Tet, der Anfang der 2000er mit Platten wie "Pause" oder "Rounds" Elektronik mit Indie-Versatzstücken kombinierte. Ähnliches haben Nayar und Keith auch bereits auf ihren Soloveröffentlichungen unternommen, aber die nun an den Tag gelegte Leichtigkeit hat eine neue Qualität. Zudem haben sich die beiden durchaus prominente Unterstützung geholt, veredeln doch die Stimmen von u.a. Julianna Barwick, Cassandra Croft und Amigone die Stücke, die von Glockenspielklängen ebenso getragen werden wie übereinanderstolpernden Beats.
Spätestens der Gesang habe sie erkennen lassen, was da eigentlich entsteht, rekapitulierte Keith am Rande des Kremser donaufestivals, wo die beiden Anfang Mai ihr Österreichdebüt als Disiniblud hingelegt haben. "Uns wurde klar: Oh, das wird daraus. Wir wollten etwas Großes und Fantastisches entwerfen. Letztlich war der Zugang wahrscheinlich halb-halb geteilt: Wir haben es gepusht, aber es ist auch zu uns gekommen."
"Antike Weisheit, aber auch eine Wut"
Womit man wieder bei dem Fuchur-artigen Wesen vom Cover angelangt wäre, das wie der Glücksdrache aus der "Unendlichen Geschichte" viel Gutmütigkeit ausstrahlt. Nayar erzählte mit einem verschmitzten Lächeln, dass sie es eines Tages in ihrer Garage "entdeckt" habe. "Ich dachte, dass meine Nachbarn sie nicht akzeptieren können. Aus ihr spricht antike Weisheit, aber auch eine Wut. Und seitdem habe ich sie groß gezogen. Ich dachte, es wird Zeit, sie jetzt mit der Welt zu teilen."
Dieser verspielte Zugang, dieser Glaube an Dinge jenseits unserer Wahrnehmung spiegelt sich auch in der Livedarbietung von Disiniblud wieder, wie beim Auftritt in der Kremser Minoritenkirche deutlich wurde. Wobei sie sich erstmals nicht hinter "Licht und Nebel" verstecke, betonte Nayar. "Ich habe immer versucht, die Idee der Performance selbst zu entfernen, die Leute zu blenden, um sie in eine andere Welt zu transportieren. Aber diesem Projekt fühle ich mich besser, wenn ich sichtbar und präsent bin. Es macht so viel Spaß, gemeinsam mit Nina auf der Bühne zu stehen."
Der Reiz des Kontrollverlusts
Ihre Kollegin pflichtete ihr bei und brachte noch einen anderen Aspekt ins Spiel. "Wir versuchen, uns schon herauszufordern mit diesem Set. Ich mag es, wenn ich einige Dinge nicht zu 100 Prozent kontrollieren kann oder einzelne Elemente von Nacht zu Nacht ein wenig anders klingen." Gerade die Arbeit mit modularen Synth ermögliche diese Offenheit im Klang, wodurch eine tatsächliche "Verkörperung" ihrer ursprünglichen Idee auf der Bühne möglich werde.
Was aber bedeutet der Name Disiniblud? Damit biegt man ein letztes Mal ab ins Märchenhafte, allerdings mit leicht ironischem Unterton. "Ich sage nur so viel: Es wird definitiv nicht 'Disney Blood' ausgesprochen", schmunzelte Nayar. "Es gibt keinen Copyright-Verstoß. Aber würde es jemand Disney Blood nennen, würde ich sie nicht aufhalten." Das Spiel mit Doppeldeutigkeit geht für Nayar und Keith also munter weiter.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - https://rachika.bandcamp.com/album/disiniblud)
Zusammenfassung
- Das US-Popduo Disiniblud, bestehend aus Rachika Nayar und Nina Keith, veröffentlichte nach vier Jahren gemeinsamer Arbeit ein Debütalbum, das für seine mystischen und verspielten Klangreisen bekannt ist.
- Das Album enthält das über sieben Minuten lange Stück „Serpentine“ und wurde durch prominente Gastmusikerinnen wie Julianna Barwick, Cassandra Croft und Amigone ergänzt.
- Ihr Österreichdebüt feierten Disiniblud Anfang Mai beim donaufestival in Krems, wobei sie mit modularen Synths und kontrolliertem Kontrollverlust live neue musikalische Wege beschreiten.