APA/Armin Bardel / Kabinetttheater

Pessoa, Pirandello und zwölf Puppen im Kabinetttheater

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Zwölf Zuschauer mit weißen Gesichtern und hellbraunen Anzügen aus Wellpappe. Mimik und Gestik sind eingeschränkt, und doch vermitteln sie Traurigkeit, Zuwendung und Mitgefühl. Was Fernando Pessoa erzählt, geht ihnen zu Herzen. Applaus spenden sie durch das Klappern ihrer Klappmäuler. - Einmal mehr fasziniert das Zusammenspiel von Puppen und Menschen im kleinen Kabinetttheater in Wien-Alsergrund. Am Donnerstag hatte "Herr Pirandello wird am Telefon verlangt" Premiere.

Die von Peter Schweiger inszenierte knapp einstündige Neuproduktion macht mit drei großen Dichtern bekannt: Antonio Tabucchi (1943-2012) beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit seinen Kollegen Fernando Pessoa (1888-1935) und Luigi Pirandello (1867-1936). Der Portugiese und der Italiener sind einander nie persönlich begegnet, aber 1931 hätten sie es können, da weilte der Autor von "Sechs Personen suchen einen Autor" in Lissabon. Ein Leichtes wäre es gewesen, ihn anzurufen.

Doch so einfach ist dieser "versäumte Dialog" doch nicht. Denn ist es wirklich Pessoa, der hier von Thomas Sarbacher mit melancholischer Grandezza gespielt wird (für die Mischung aus Wehmut, Sehnsucht und Weltschmerz haben die Portugiesen sogar ein eigenes Wort kreiert: Saudade), oder ein Schauspieler, der Pessoa spielt? Oder Pessoa, der vorgibt, ein Schauspieler zu sein, der Pessoa spielt? Und besteht das Publikum in Wahrheit nicht aus Patienten? Um welche Art von Klinik handelt es sich? Und warum hat die Drehorgel, die mitunter vom Schauspieler als Partner angespielt wird, ein Eigenleben?

Paul Skrepek hat einen famosen Musikautomaten gebaut, und auch die Puppenbauer haben ihre Sache wunderbar gemacht. Auch wenn Pirandello nicht ans Telefon geht, hat Thomas Sarbacher genügend Spielpartner. Die Figurenspieler Christian Pfütze, Katarina Csanyiova und Martin Purth lassen den 1988 geschriebenen Einakter zum Dialog aus Blicken und kurzen Einwürfen werden, bei dem Fragen von Identität und Poesie, Kunst und Leben verhandelt werden. Die Anspielungen auf Leben und Werk der beiden Dichter sind zahlreich. Intertextualität lautet das Stichwort für dieses Vexierspiel der Identitäten nach den Regeln der Postmoderne.

Nach 55 Minuten gibt es herzlichen Schlussapplaus der echten Zuschauer. Mit den Händen, nicht mit klappernden Mündern. Was nicht nur daran liegt, dass diese regelkonform mit FFP2-Masken bedeckt sind.

(S E R V I C E - Antonio Tabucchi: "Herr Pirandello wird am Telefon verlangt. Ein versäumter Dialog", Regie: Peter Schweiger, Musikautomat: Paul Skrepek, Schauspiel: Thomas Sarbacher, Figurenspiel: Christian Pfütze, Katarina Csanyiova, Martin Purth. Kabinetttheater, Wien 9, Porzellangasse 49, Weitere Vorstellungen bis 27.1., 19 Uhr, www.kabinetttheater.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Zwölf Zuschauer mit weißen Gesichtern und hellbraunen Anzügen aus Wellpappe.
  • Am Donnerstag hatte "Herr Pirandello wird am Telefon verlangt" Premiere.
  • Paul Skrepek hat einen famosen Musikautomaten gebaut, und auch die Puppenbauer haben ihre Sache wunderbar gemacht.
  • Auch wenn Pirandello nicht ans Telefon geht, hat Thomas Sarbacher genügend Spielpartner.
  • Die Anspielungen auf Leben und Werk der beiden Dichter sind zahlreich.

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