Neue Angewandte-Rektorin will "Gesellschaft mitgestalten"
Die Auswahl der Vizerektorate obliege ihr, der Senat habe jedoch vier Wochen Zeit für eine Stellungnahme, ehe der Universitätsrat die Personen wähle, sagte Kuch, die davon berichtete, dass es ein Wunsch der Aufsichtsgremien sei, dass die Rektorin offener kommuniziere als ihre Vorgängerin. Die deutsche Innovationsforscherin und Politikwissenschafterin Petra Schaper Rinkel war Mitte Jänner nach langer Debatte um ihren Führungsstil "aufgrund unterschiedlicher Perspektiven hinsichtlich der strategischen Ausrichtung" zurückgetreten. "Als Angewandte müssen wir mehr zueinander finden, um in Ruhe zu arbeiten und gemeinsam aktiv zu werden. Das ist ein bisschen verloren gegangen zwischendurch", sagte die neue Rektorin, die sich vorgenommen hat, "Entscheidungen nicht von oben herab, sondern mit den Kolleg:innen gemeinsam zu treffen". Es könne dann "durchaus sein, dass nicht alle damit einverstanden sind - aber das ist auch gut". Universitäten seien heterogen, es käme darauf an, dass Lösungen zumindest toleriert, im besten Fall aktiv mitgestaltet und -getragen würden.
Das Interimsrektorat mit Rektorin Maria Zettler und ihren Vizes Brigitte Felderer und Clemens Apprich habe sich "um viele Herausforderungen gekümmert" und sie bereits stark eingebunden. "Aber ich nutze den Status: Ich komme von außen. Mein Grundansatz ist, alle Seiten zu hören." Ihren Kollegen von der Kunstakademie am Schillerplatz, Rektor Johan Frederik Hartle, habe sie bereits getroffen, das Gespräch mit ihren Amtsvorgängern Petra Schaper Rinkel und Gerald Bast werde sie noch suchen - "um vielleicht auch daraus zu lernen". Denn ihre Berufung an die Angewandte empfindet die Mutter dreier Töchter nach ihren Jahren in Weimar "wie Erwachsenwerden". Die Bauhaus-Universität Weimar, wo sie zuletzt seit Juni 2023 Vizepräsidentin für gesellschaftliche Transformation war und am 14. Oktober ihren letzten Arbeitstag absolvierte, sei "eine kleine, feine Universität", die Aufgabe in Wien gebe ihr nun "ganz andere Möglichkeiten". Der Unterschied, auf den Punkt gebracht: In Wien werde sie als Rektorin Ideen- und Impulsgeberin sein, in Weimar habe sie auch bei der Umsetzung oft selbst ran müssen.
Ein Thema nimmt die auf vier Jahre bestellte neue Rektorin mit nach Wien: "Wie kann die Universität die Gesellschaft mitgestalten? Damit habe ich mich beworben. Die Stärkung der Demokratie ist meine Mission. Ich glaube, dass die Angewandte einen großen Beitrag leisten kann für die Transformation zu einer offenen, resilienten Gesellschaft." Neben den globalen Aufgaben, vor die die Menschheit etwa durch den Klimawandel gestellt sei (das Thema Nachhaltigkeit wird Kuch selbst betreuen), sieht sie auch eine unmittelbare Verantwortung auf regionaler und nationaler Ebene: "Wie können wir deutlich machen, welche Relevanz staatliche wissenschaftliche Institutionen haben? Viele Menschen wissen nicht mehr: Was passiert in den Universitäten?" Dabei wolle sie in Zusammenarbeit mit den übrigen österreichischen Kunstunis "nicht nur in Wien aktiv werden, sondern auch weiter darüber hinaus".
Will Antisemitismus "vehement entgegentreten"
Nach dem Hamas-Überfall auf Israel war von Vorfällen und Veranstaltungen an der Angewandten berichtet worden, die als antisemitisch wahrgenommen wurden. Dazu könne sie aus eigener Anschauung nichts sagen, meinte Kuch. Was sie sehr wohl wahrgenommen habe, sei "eine große Verunsicherung der Studierenden und der Lehrenden", mit der heutigen politischen Situation in der Welt umzugehen. Wenn es antisemitische Vorfälle geben sollte, "werde ich ihnen vehement entgegentreten", versicherte sie. "Ich komme aus Weimar. Ich habe im Schatten von Buchenwald gelebt und gearbeitet."
Für ihr erstes Jahr sei ihr Ziel, "wieder als Gemeinschaft dazustehen", danach gelte es die gesetzten Prioritäten entlang des beschlossenen Entwicklungsplans abzuarbeiten. Im Zusammenhang mit dem "Machine Learning Thema" (ein Begriff, den die neue Rektorin lieber verwendet als "KI") sei insbesondere das "sehr schöne Projekt" eines Werkstättenhauses ein großes Vorhaben, das es voranzutreiben gelte. "Ich komme vom Bauhaus, deswegen ist es mir auch so nahe!" Ob das Projekt "Experimentalsystem Angewandte Werkstätten" in Zeiten der knappen Bundesbudgets auch im Rahmen der Leistungsvereinbarungen ab 2028 den "Realitätscheck" bestehen werde, könne sie nicht vorhersehen. "Ich bin aber überzeugt, dass das ein wichtiges Vorhaben für die Angewandte ist."
Zusammenfassung
- Kuch möchte ihr neues Team zur Inauguration am 15. Jänner vorstellen und setzt auf offene Kommunikation sowie gemeinschaftliche Entscheidungsfindung, wobei die Auswahl der Vizerektorate durch sie, den Senat und den Universitätsrat erfolgt.
