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Linkin Park konnten beim Nova Rock nur bedingt überzeugen

12. Juni 2025 · Lesedauer 5 min

Es war ein langes Warten: Am zweiten Tag des diesjährigen Nova Rock stauten sich die Massen vor der Blue Stage, um einen Blick auf Linkin Park zu ergattern. Die US-amerikanische Rockband ist mit neuer Sängerin und frischem Material unterwegs, das auf den Pannonia Fields aufgesogen wurde. Ganz generell galt an diesem Tag: Rock ist keineswegs auf dem Abstellgleis, sondern in frischer wie nostalgischer Ausführung äußerst bekömmlich.

Nach dem Tod von Stammsänger Chester Bennington 2017 war die Zukunft von Linkin Park lange Zeit ungewiss, bis im Vorjahr Emily Armstrong als Nachfolgerin vorgestellt wurde und im November schließlich das Comeback-Album "From Zero" folgte. Live galt jedenfalls die Devise: Sicher ist sicher. Die im Nu-Metal-Hype groß gewordene Band um Kreativkopf Mike Shinoda setzte auf die bewährte Mischung aus eingängigen Refrains, stakkatohaften Riffs und zwischendurch eingestreuter Härte, um das Publikum in Ekstase zu versetzen.

Ganz glücklich wurde man damit allerdings nicht. Einerseits war der Sound insgesamt eine Spur zu leise abgemischt, um wirklich Druck aufzubauen. Andererseits hatte Armstrong mit dem Erbe Benningtons ordentlich zu kämpfen. Die technisch bewanderte Sängerin hing die meiste Zeit am Mikrofonständer und versprühte eher Unsicherheit, als dass sie die Fußstapfen ihres charismatischen Vorgängers ausfüllte. Besonders augenscheinlich wurde das bei der melodischen Großtat "In The End", bei der Armstrong ihre Parts fast gänzlich vom Publikum singen ließ.

Dabei hatten Linkin Park zum Auftakt ihrer Europatour ein durchwegs mitreißendes Set aufgeboten, von ruhigeren Nummern wie "Somewhere I Belong" über das knackige "One Step Closer" bis zu neuen Songs wie "Up From The Bottom", bei denen sich Armstrong hörbar wohler fühlte. Auch die Produktion war trotz der überdimensionalen Kuben, die über den Köpfen der Musiker schwebten, eher von der minimalistischen Sorte. Bleibt abzuwarten, wie die Gruppe im kommenden Jahr das Happel-Stadion bespielen wird.

Eine Horrorshow zur Geisterstunde

Fast parallel zu Linkin Park war auf der Red Stage der Auftritt von Cradle of Filth programmiert. Man bekam vom Headliner eine Horrorshow zur Geisterstunde geboten, Gruseloutfits gehören bei der Extrem-Metal-Band aus England, vor allem bei Sänger Dani Filth, fix dazu. Die Formation bettete ihren ebenso brutalen wie melodischen Highspeed-Metal in perfekten Sound, verstand es auch live Melodramatik mit Brutalität zu verknüpfen. Allerdings hielt sich der Publikumszustrom in arge Grenzen. "Den nächsten Song widme ich den Leuten in der ersten Reihe. Aber ihr seid ja alle in der verdammten ersten Reihe", nahm es der Frontman mit Humor. Der theatralische Zugang bereite ihm auch mit 51 Jahren viel Freude, sagte Dani Filth gegenüber der APA. "Ich bin eine Art Peter Pan, der nie erwachsen wird." Auf die Frage, ob man überhaupt noch jemanden schockieren kann, meinte der Sänger: "Die Welt ist komplett verdrückt, es scheint schon alles egal zu sein."

Iggy Pop mit 78 voller Energie

Bereits am frühen Abend demonstrierte Iggy Pop eindrucksvoll, wie man mit fast 80 Jahren ungebändigt rocken kann. Es war ein ikonischer Festivalmoment, als der Punk-Altmeister am Laufsteg der Blue Stage in der Menschenmenge stand und mit dieser seinen Hit "The Passenger" sang. Neben "Raw Power" hatten der 78-Jährige und seine groß aufspielende Band (samt Bläsersektion) zahlreiche Stooges-Klassiker mitgebracht: "Gimme Danger" hieß die Devise. Nicht nur stimmlich überzeugte der nimmermüde US-Sänger, auch als charismatischer Showman hielt er das Publikum fest im Griff. Energiegeladen und gleichzeitig virtuos fegten der Punk-Godfather und seine Musiker durch "Search and Destroy". Die "Lust for Life" (so ein Songtitel im Set) glaubt man dem "Real Wild Child" bedenkenlos.

Nuancierte Growls und Geschrei

Der Tag hatte durchaus Abwechslung zu bieten: Die aus dem Mainstream-Radio bekannte Anna-Sophie machte als Opener auf der Blue Stage gute Figur, die Kanadierin LØLØ gewann mit ihrer frechen Mischung aus Pop, Punk und Rock neue Fans. Für gepflegten, etwas depressiv angehauchten Altherrenrock war Jerry Cantrell mit seiner Band auf der Red Stage zur Stelle, wo Apocalyptica mit ihren Cellos wieder Metallica-Songs einen Klassikanstrich verpassten. Ungezügelte Härte servierten Kittie, Jinjer gaben sich kompromisslos und bestens eingespielt. Während deren Sängerin Tatiana Shmayluk selbst beim Growling unterschiedliche Nuancen setzte, schrie sich Poppy auf der Blue Stage in einer schrillen Tonlage zum Industrialsound ihrer mit Sturmhauben maskierten Band die Seele aus dem Leib.

Shoegaze-Black-Metal und melancholische Industrialsounds

Dass nicht nur Größe zählt, war auf der Red Bull Stage zu erleben. Vor einem kleinen, aber feinen Publikum gab es in ansprechendem Ambiente abwechslungsreiche Konzerte, die im finalen Doppel aus Deafheaven und Health kulminierten. Es setzte also Shoegaze-Black-Metal und melancholische Industrialsounds, die mit ihrer eigenen Schönheit zu überzeugen wussten und einmal mehr deutlich machten: Rockmusik ist alles andere als tot, sondern schillert in verschiedensten Farben. Die nächsten zwei Tage können kommen.

(Von Wolfgang Hauptmann und Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - www.novarock.at)

Zusammenfassung
  • Linkin Park präsentierte sich am zweiten Tag des Nova Rock mit neuer Sängerin Emily Armstrong und Songs vom Comeback-Album 'From Zero', konnte das Publikum aber nur bedingt überzeugen.
  • Der Sound des Konzerts war insgesamt zu leise abgemischt, wodurch es an Druck und Atmosphäre fehlte.
  • Armstrong zeigte Unsicherheiten und überließ bei Klassikern wie 'In The End' große Teile dem Publikum, was das Erbe von Chester Bennington nur schwer ausfüllte.
  • Das Set bot eine Mischung aus alten Hits wie 'Somewhere I Belong' und 'One Step Closer' sowie neuen Songs wie 'Up From The Bottom', wobei die Produktion minimalistisch gehalten war.
  • Iggy Pop begeisterte mit 78 Jahren als energiegeladener Headliner, während Cradle of Filth und weitere Acts für musikalische Abwechslung sorgten und das Festival die Vielseitigkeit der Rockmusik unterstrich.