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Ling Mas Roman "New York Ghost" als Kommentar zur Pandemie

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Ein Virus breitet sich über den Planeten aus: ein allzu bekanntes Szenario, das Ling Ma in ihrem Buch "New York Ghost" aufgreift. Will man mitten in einer Pandemie eine Endzeitgeschichte lesen? Im Fall des Debüts der in China geborenen und in den USA aufgewachsenen Autorin heißt die Antwort: unbedingt! Der kluge Roman ist mehr als eine Dystopie, die 38-Jährige verbindet mit hoher Erzählkunst Themen wie Integration, Entfremdung, Sinnsuche und Globalisierung.

"Nach dem ENDE kam der ANFANG. Und am ANFANG waren wir acht, dann neun - das war ich -, eine Zahl, die nur abnehmen würde", heißt es zu Beginn (und die Schlussbemerkung verspricht nichts Gutes). Ich - das ist Candace Chen, die sich nach ihrer Flucht aus einem ausgestorbenen New York einer Gruppe Überlebender auf dem Weg nach Chicago anschließt. Dort, so verkündet es ihr selbst ernannter Anführer, wartet die perfekte Bleibe. Unterwegs dorthin, "New York Ghost" beinhaltet auch Elemente eines Road Movies, kommt es zunehmend zu Spannungen und schließlich zu Gewalt.

Beängstigend, dass Ling Ma schon Monate vor Corona eine Story rund um einen aus China eingeschleppten Virus erdachte, der die US-Metropole lahmlegt - ins Land gekommen durch billige, in China hergestellte Konsumgüter. "New York Ghost" ist auch eine messerscharfe Kapitalismuskritik und berichtet von kulturellen Differenzen in einer globalisierten Welt. Wie die Autorin ist auch ihre Protagonistin in China geboren, Chen stößt sowohl in der alten wie der neuen Heimat auf Ressentiments.

Der Roman funktioniert als Drama ebenso wie als bissige Satire, als originelle Gesellschaftsreflexion wie auch als Endzeitthriller. Es ist dem schreiberischen Geschick der Autorin zu verdanken, dass die zahlreichen Elemente zu einem schlüssigen, ebenso unterhaltsamen wie nachdenklich machenden Ganzen zusammenfließen. In Rückblenden erzählt Chen von ihrem früheren Leben, von der Suche nach Geborgenheit und Liebe, von Enttäuschungen, Frustrationen und Orientierungslosigkeit einer jungen Frau um die Zwanzig. Die Tagesabläufe in ihrem Berufsalltag muten dabei nicht weniger surreal an wie jene in der Apokalypse.

"New York Ghost" ist der perfekte Roman zur echten Pandemie. Weil viele Aspekte, die Ling Ma aufzeigt, brandaktuell sind und im Lichte von Corona zur Diskussion stehen. Es steckt eine Menge in diesem atmosphärisch dichten, amüsanten wie bedrohlichen Buch.

(S E R V I C E - Ling Ma: "New York Ghost", Aus dem Englischen von Zoë Beck, Verlag CulturBooks, 356 Seiten, 23,70 Euro)

ribbon Zusammenfassung
  • Im Fall des Debüts der in China geborenen und in den USA aufgewachsenen Autorin heißt die Antwort: unbedingt!
  • "New York Ghost" ist auch eine messerscharfe Kapitalismuskritik und berichtet von kulturellen Differenzen in einer globalisierten Welt.
  • Weil viele Aspekte, die Ling Ma aufzeigt, brandaktuell sind und im Lichte von Corona zur Diskussion stehen.
  • Es steckt eine Menge in diesem atmosphärisch dichten, amüsanten wie bedrohlichen Buch.

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