Kampfansagen auf Hochglanz: Solodebüt von Yaenniver

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Gerappte Kampfansagen untermalt von synthetischen Fanfaren: Gleich zu Anfang macht Yaenniver, besser bekannt als Frontfrau der deutschen Band Jennifer Rostock, klar, wo es auf ihrem ersten Soloalbum lang geht. Es sind dick aufgetragene Sounds und klare Statements. "Die Hengstin wollte kuscheln. Jetzt fängt sie zu streiten an", ist im Intro zu hören.

Auf "Nackt" gibt es Gesang, Rap, Beats und allerlei synthetische Klänge. Den Rocksound von Jennifer Rostock sucht man hingegen vergebens. "Jennifer Rostock ist eine Rockband, mit Yaenniver wollte ich beat-lastiger und poppiger werden", sagt die 35 Jahre alte Sängerin, die mit bürgerlichem Namen Jennifer Weist heißt und von der Insel Usedom stammt, im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Geblieben sind die Themen: "Ich such das Mittel gegen Rechtsradikal - den Gender-Pay-Gap will keiner bezahlen", singt Weist etwa im Song "Allergisch". Dem Thema freie Liebe widmet sie den Song "Ich ficke jeden". Sie bekennt sich zu Cannabis-Konsum ("Kifferin") und unterstützt die Klimaschützer von Fridays for Future in "Ich setze dir ein Zeichen".

"Kunst, und somit auch Musik, ist grundsätzlich politisch", gibt sich Weist überzeugt. Wenn sie etwa über Cannabis-Legalisierung singe, habe das genauso eine klare Message wie wenn Bands über "Bitches und Partys" singen. Mit Musik verwirkliche sie sich selbst. Weist will aber auch Missstände anprangern.

Zur Entstehung der Songs sagt sie: "Alles beginnt mit einer kleinen Idee, einem Wort, einer Phrase oder auch mit einer Melodie, die ich kurz vor dem Schlafengehen in meine Sprachmemos gesungen habe." Zusammen mit vielen unterschiedlichen Produzenten habe sie ihre Ideen in Musik verwandelt. "Es gab nie eine bestimmte Vorstellung meinerseits, wie die ganze Platte am Ende klingen soll." Jeder Song bekomme das musikalische Gewand, das er benötige.

Und so reichen die stets auf Hochglanz getrimmten Lieder von poppigen Radiosongs ("Ich setze dir ein Zeichen", "Halb so ich") über düstere Trap-Anleihen ("Energie") bis hin zu housigen Clubsounds ("Sag deiner Freundin"). Die Platte bildet ein breites Spektrum derzeit populärer Stile ab - gefällig und mitunter fast etwas beliebig. Der ein oder andere Ohrwurm setzt sich aber durchaus fest, und auch die Hüfte verselbstständigt sich immer mal wieder.

Ein Coup ist die Neuauflage des Lucilectric-Hits "Mädchen" von 1994 zusammen mit der Lucilectric-Sängerin Luci van Org. Im Original ging es noch darum, dass sich Mädchen nehmen, was sie wollen ("Keine Widerrede Mann, weil ich ja sowieso gewinn, weil ich ein Mädchen bin").

Das Remake widmet sich hingegen den weniger schönen Selbstverständlichkeiten des Mädchen-Daseins. Da wird zum groovigen Beat auf das Glas aufgepasst, damit niemand etwa hineintut. Das Pfefferspray ist auf dem Nachhauseweg griffbereit, und die fremde "Hand am Arsch, wenn ich feiern geh", ist ganz normal - "weil ich ein Mädchen bin". Ein bittersüßer Track.

"Ich würde nicht sagen, dass 'Mädchen' von Lucilectric positiver war als meine Version, die Thematik war einfach eine andere, es ging um sexuelle Selbstbestimmung", sagt Weist. Ihr Remake solle die Hörer auf das Thema sexualisierte Gewalt aufmerksam machen. Über ihre Band sagt die Sängerin: "Irgendwann wird es wieder Musik von Jennifer Rostock geben." Wann - das stehe noch in den Sternen. Zunächst ist erst einmal eine Yaenniver-Tour geplant, bei der am 21. März auch ein Abstecher in die Wiener SimmCity eingelegt werden soll.

ribbon Zusammenfassung
  • Gerappte Kampfansagen untermalt von synthetischen Fanfaren: Gleich zu Anfang macht Yaenniver, besser bekannt als Frontfrau der deutschen Band Jennifer Rostock, klar, wo es auf ihrem ersten Soloalbum lang geht.
  • Geblieben sind die Themen: "Ich such das Mittel gegen Rechtsradikal - den Gender-Pay-Gap will keiner bezahlen", singt Weist etwa im Song "Allergisch".
  • "Kunst, und somit auch Musik, ist grundsätzlich politisch", gibt sich Weist überzeugt.