APA/APA/Schauspielhaus Graz/Lex Karelly

"Judith Shakespeare" feierte im Schauspielhaus Graz Premiere

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Die Schwester von William Shakespeare kämpft im Grazer Schauspielhaus lautstark um Gehör: Judith Shakespeare hat als Frau keine Chance, sich am Theater durchzusetzen und entlarvt über ihre Ohnmacht gegenüber den Machtstrukturen in der Kunst auch gleich die gewaltdurchtränkten Verhaltensweisen vorzugsweise der Männer. Mit Ironie, vielschichtigen Betrachtungen und derbem Vokabular weist das Drama von Paula Thielecke, das am Freitag Premiere hatte, auf viele Missstände hin.

Judith trägt zwar den Namen Shakespeare, ist aber "nur" die Schwester. Die Schwester, die auch schreibt, die Schwester, der keiner zuhört, die Schwester, die auf Frauenthemen reduziert wird. Paula Thielecke zeigt in ihrem Drama "Judith Shakespeare - Rape and Revenge", das in Kooperation mit dem Deutschen Theater Berlin entstanden ist, ein fiktives Schicksal mit sehr viel realistischen Zutaten. Die zornige Rede der ungehörten Frau erinnert zwar an andere Theaterproduktionen vergangener Jahrzehnte, dient aber gerade dadurch als Beweis, dass die Themen immer noch aktuell sind und sich eher noch verschärft haben.

Auf der kleinen Spielfläche in Haus Zwei befindet sich zunächst ein einfaches Podest mit vier Stangen und weißen Tüchern. Später wird eine riesige goldene Vulva auf die Bühne gehievt, durch die die Spielenden dann schauen, reden und sogar herauskriechen können (Bühne: Sarah Sassen). Ein wenig plakativ ist das schon, aber hübsch zum Anschauen, mit dem roten Plüsch und den goldenen Strahlen. Ein leichter Seitenhieb gegen den Vulva-Kult mancher Feministinnen oder Sichtbarmachung weiblicher, selbstbestimmter Sexualität? In der Folge geht es sehr viel um Vergewaltigung, die römische Lucrezia wird genannt und auch Leda, die Zeus als Schwan heimsuchte. Gestalten aus der Mythologie und Geschichte, die sich Männern nur durch Selbstmord oder Verwandlung entziehen konnten, tauchen auf. Und Judith empört sich über die Opferrolle, die nicht nur diese Frauen einnehmen, indem sie die Gewalttaten als gegeben hinnehmen.

Mit grimmigem Humor, Ironie und mitunter hilfloser Verzweiflung kämpft sich Maximiliane Haß als daueraufgebrachte Judith durch den Abend und schleudert ihre Ansichten ins Publikum, da bleibt kein Raum für Zwischentöne, die ihr Regisseurin Christina Tscharyiski erst am Ende zugesteht. Dann zeigt sie aber in wenigen Augenblicken, wie viel Poesie auch in der Figur der unglücklichen Schwester steckt. Ihr zur Seite steht der Chor (Rudi Widerhofer, Mathias Lodd, Sarah Sophia Meyer, Katrija Lehmann, Clemens Maria Riegler, Sissi Noé, Miriam Fontaine), der agiert, kommentiert und reflektiert - aber immer ein Gegenüber bleibt und ihre Position als Einzelkämpferin noch stärker betont.

(S E R V I C E - "Judith Shakespeare - Rape and Revenge" von Paula Thielecke. Regie: Christina Tscharyiski, Bühne: Sarah Sassen, Kostüme: Jenny Schleif. Mit: Maximiliane Haß (Judith Shakespeare), Rudi Widerhofer, Mathias Lodd, Sarah Sophia Meyer, Katrija Lehmann, Clemens Maria Riegler, Sissi Noé, Miriam Fontaine. Nächste Vorstellungen: 21., 26.10, 28.11., 8., 13., 19.12.2022. https://schauspielhaus-graz.buehnen-graz.com/)

ribbon Zusammenfassung
  • Judith trägt zwar den Namen Shakespeare, ist aber "nur" die Schwester.

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