APA/Karl Forster/Bregenzer Festspiele

Jubel um junge "La Cenerentola" bei Bregenzer Festspielen

13. Aug. 2025 · Lesedauer 4 min

Intendantin Lilli Paasikivi hat bei den Bregenzer Festspielen auch ein Opernprojekt mit jungen Sängern im Programm. Das Premierenpublikum würdigte "La Cenerentola" am Dienstag im Kornmarkttheater mit tosendem Applaus. In dieser Produktion hat nicht nur die musikalische Besetzung entsprochen, sondern auch die stringente und im wahrsten Sinne des Wortes zauberhafte Art, mit der Regisseurin Amy Lane dem altbackenen Sujet von der Bescheidenheit als höchster Tugend begegnet.

Die Unverwüstlichkeit der 1817 uraufgeführten Oper "La Cenerentola" von Gioachino Rossini ist zweifellos der Musik zuzuschreiben. Die Arie "Non più mesta" zählt zu den Hits des Klassikrepertoires, mit der koloraturensichere Mezzosopranistinnen brillieren können. Konzertant funktioniert das einwandfrei, in szenischen Aufführungen zeigt sich rasch die Crux. Denn Angelina, wie die Titelfigur in dieser Aschenputtelversion des Librettisten Jacopo Ferretti heißt, besingt ihr Glück, auch als armes Mädchen doch noch ihren Mr. Right gefunden zu haben. Die eitlen Stiefschwestern, die Angelina über die Jahre an den Putzkübel verwiesen hatten, haben hingegen das Nachsehen, die Bescheidene kriegt den Fürsten.

Damit die Story nicht derart verzopft daherkommt, waren in jüngeren Inszenierungen bei der Brautschau des Fürsten etwa Parallelen zu heutigen Casting-Shows zu sehen oder es tanzen - wie jüngst an der Oper Graz - gleich jede Menge Märchenfiguren an. Mit ihrer Ausstatterin Anna Reid verlegt die britische Regisseurin Amy Lane die Story auf der kleinen Bühne in eine Art Vergnügungspark.

Angesichts ihrer schlüssigen Umsetzung bei präziser Konzentration auf die Musik ist das ein Volltreffer. Die Mixtur von Elementen aus der Commedia dell'Arte und dem Zirkus in den Kostümen und im Dekor lassen Überhöhungen in den Gesten und Bewegungen stimmig erscheinen. Für die Bühne braucht Amy Lane, die die Bregenzer Festspiele einst als Mitarbeiterin von Keith Warner bei André Tschaikowskys "Kaufmann in Venedig" und Umberto Giordanos "Andrea Chénier" kennengelernt hat, nicht mehr als ein paar farbige Wände und Öffnungen, aus denen sich für die zentrale Tischszene gar ein Achterbahnwagen schiebt.

Dass der Diener des Fürsten auf dem bunten Karussellpferd reitet, ist somit nicht weiter verwunderlich, und so wie Herr und Gscherr das Outfit getauscht haben, dringt die Kritik an einer Gesellschaftshierarchie gut durch. Den Zynismus hat Rossini dabei besonders in die Partie des Don Ramiro gelegt. Der Tenor Aaron Godfrey-Mayes vermittelt ihn kraftvoll und erweist sich stimmlich als kongenialer Partner der Mezzosopranistin Jingjing Xu, die absolut sicher agiert und mit samtweichen Koloraturen begeistert. Das Schrille in den undankbaren Rollen von Clorinda und Tisbe haben die Sopranistin Aitana Sanz und die Mezzosopranistin Anja Mittermüller bewundernswert im Griff, die beiden Bässe Lobel Barun (Alidoro) und Ferhat Baday (Don Magnifico) sind bestens gefärbt. Mit geschmeidigem Bariton macht Josef Jeongmeen Ahn neben dem temperamentvoll aufdrehenden Baday gute Figur.

Rasantes Rossini-Tempo

Die hohe Qualität der Besetzung erweist sich auch in den Quintetten und Sextetten, in denen sich die jungen Stimmen im rasanten Rossini-Tempo behaupten. Am Pult des Symphonieorchesters Vorarlberg zeigt der finnische Maestro Kaapo Ijas diesbezüglich keine Scheu. Gut so. Am Hammerklavier sorgt Hana Lee perfekt für die nötige Ruhe.

Wenn die Figuren im turbulenten Treiben, das der versierte Männerchor auch tänzerisch ergänzt, mitunter wie ferngesteuert erscheinen, so hat das einen Sinn. Alidoro ist hier ein Zauberer und hat die Fäden in der Hand. Das erhöht die Plausibilität einer Handlung, in der sich auch die Entwicklung Angelinas zur selbstbewussten Frau andeuten lässt und verleiht dieser "Cenerentola"-Produktion Beispielhaftes. In der ersten Fortsetzung des von ihrer Vorgängerin Elisabeth Sobotka initiierten Opernstudios gewährt Intendantin Lilli Paasikivi, die die Partie der Angelina einst selbst sang, jungen Sängerinnen und Sängern nicht nur eine perfekte Plattform, sie ist auch ein Publikumsköder höchster Güte. Der tosende Applaus hat es bestätigt.

(Von Christa Dietrich/APA)

(S E R V I C E - "La Cenerentola" von Gioachino Rossini; Musikalische Leitung: Kaapo Ijas; Inszenierung: Amy Lane; Ausstattung: Anna Reid. Mit Jingjin Xu, Aaron Godfrey-Mayes, Josef Jeongmeen Ahn, Lobel Barun, Anja Mittermüller. Orchester: Symphonieorchester Vorarlberg; Chor: Dario Albornoz, Christoph Hartmann, David Höfel, Jakob Peböck, Jonas Peter, Achim Schurig, Florian Schneller, Benedikt Spiegel. Weitere Aufführungen am 13., 15. und 16. August: www.bregenzerfestspiele.com)

Zusammenfassung
  • Die Premiere von Rossinis 'La Cenerentola' bei den Bregenzer Festspielen am Dienstag im Kornmarkttheater wurde vom Publikum mit tosendem Applaus gefeiert.
  • Unter der musikalischen Leitung von Kaapo Ijas überzeugten junge Sängerinnen und Sänger wie Jingjing Xu und Aaron Godfrey-Mayes in einer Inszenierung von Amy Lane, die das klassische Märchen in einen modernen Vergnügungspark verlegte.
  • Weitere Aufführungen des Opernprojekts mit dem Symphonieorchester Vorarlberg und dem Opernstudio finden am 13., 15. und 16. August statt.