APA/Wolfgang Huber-Lang

Große mumok-Ausstellung zeigt die "Kunst als Bühne"

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Die ganze Welt ist Bühne. Dieses Zitat aus Shakespeares "Wie es euch gefällt" kommt einem unweigerlich in den Sinn, wenn man durch die große Ausstellung "ON STAGE - Kunst als Bühne" streift, die am Dienstagabend mit einer Live-Performance von Kinky Muppet im Wiener Museum moderner Kunst (mumok) eröffnet wird. Chefkurator Rainer Fuchs hat dafür auf zwei Ebenen Kunst von den 1960er-Jahren bis heute unter verschiedensten Aspekten des Bühnenhaften und des Rollenspiels versammelt.

"Museen sind Bühnen, auf denen sich viele Protagonisten präsentieren", sagte Direktorin Karola Kraus am Vormittag bei der Presseführung. Die seit 2015 amtierende wissenschaftliche Leiterin wird allerdings nur noch bis Ende September 2025 auf der mumok-Bühne die Hauptrolle spielen. Sie werde sich bei der für nächstes Jahr erwarteten Neuausschreibung nicht mehr bewerben, sagte sie der APA. Erneut spielt die mumok-Sammlung eine große Rolle bei einer Ausstellung, denn von den rund 150 Werken und Werkserien stammen bis auf einzelne Ausnahmen alle aus den hauseigenen Beständen. Sie freue sich über die Sammlung als "Ressource, die immer wieder neu befragt werden kann", sagte Kraus.

Rainer Fuchs hat dabei nicht nur aus dem Vollen geschöpft, sondern hat auch unzählige Dramen und Minidramen zu erzählen. Alleine die Besetzungsliste seiner bis 14. Jänner 2024 Kunst-Show umfasst rund 100 Namen, von Marina Abramović bis Heimo Zobernig. Dabei den Überblick zu bewahren ist nahezu unmöglich. Am Theater hätte der zuständige Dramaturg den Rotstift gezückt und nach thematischer Straffung gerufen. Im Ausstellungsparcours dagegen führt es dazu, dass die verschiedenen Kapitel immer neue Varianten des eigentlich alles und alle umfassenden Über-Themas präsentieren.

Eine sich mit theatralen Aspekten von Kunst seit den 1960er-Jahren beschäftigende Ausstellung muss mit dem Wiener Aktionismus und dem Orgien Mysterien Theater von Hermann Nitsch beginnen. Rainer Fuchs macht genau das - und unterzieht deren machistische Tendenzen mit Arbeiten etwa von Carola Dertnig und der sich kritisch mit der Mühl-Kommune auseinandersetzenden Gruppe MATHILDA einer Prüfung aus feministischer Perspektive. Dass sich die Sicht auf den Aktionismus heute relativiere, dagegen feministische und antikolonialistischer Positionen an Gewicht gewinnen, bezeichnete Fuchs als einige der Erkenntnisse, die er durch die Arbeit an der Ausstellung gewonnen habe. Im gleichen Raum geben sich zwei pinocchioartige Trachtenpuppen auf einer mechanischen Bühne von Paul McCarthy in regelmäßigen Abständen den "Bavarian Kick". "Aktionen, Bühnen. Hierarchien" heißt dieses Kapitel.

Im großen Raum der Ebene -2 kann man sich dann buchstäblich verlieren zwischen klassischen Arbeiten von Maria Lassnig und Birgit Jürgenssen, kann in Thomas Struths "Autofokusfalle" laufen und dabei ebenso wie vor Michelangelo Pistolettos Spiegel erleben, selbst zum Akteur zu werden. Man vergleicht Jörg Immendorffs riesiges Gemälde von Protagonisten eines männlich dominierten Kunstbetriebs mit Katrin Plavcaks daneben hängendem "Painting History Revisited", auf der von Sofonisba Anguissola bis Angelika Kaufmann nur Künstlerinnen abgebildet sind. Das große, den Raum dominierende Schachbrett von Anna Boghiguian, bei denen Protagonisten von Politik und Geistesgeschichte neben Panzern und Büchertürmen als Schachfiguren dargestellt sind (Fuchs: "Es geht um die Spannung zwischen Destruktion und Konstruktion, Lust und List, wie beim Schachspiel.") wirkt ein wenig museal, hat dabei allerdings eine böse Pointe: Nur Putin ist noch im Spiel.

Die Kunst lebt von Selbstdarstellern und dem Spielen mit (Geschlechter-)Rollen. Diese nicht neue Erkenntnis begegnet einem u.a. in Form einiger Fotoarbeiten von Cindy Sherman, aber auch auf einer von dem 1997 verstorbenen Künstler Felix Gonzalez-Torres konzipierten Bühne: Zentrales Element von "Untitled (Go-Go Dancing Platform)" ist ein echter Go-Go-Tänzer, der kommt und geht, wann er will und zu einer nur ihm bekannten Musik tanzt, die er über Kopfhörer hört. Vernissagen als Bühnen der Eitelkeit und des Begehrens zeigt etwa das Video "Mandarin Ducks" von Jeroen de Rijke und Willem de Rooij - wie überhaupt in guter alter Multimedia-Ausstellungs-Manier viele Film- und Videokojen aufgestellt sind. Dann heißt es Dunkelkammer statt Hauptbühne.

Auf der Ebene -4 dominiert eine Installation von Cosima von Bonin den Raum - Scheinwerfer, Mikrofone, Stofftiere und andere Requisiten künden von einem vergangenen Geschehen. "In Concert" heißt das entsprechende Kapitel, und was etwa Katalin Ladiks Volkslied-Installation mit dem Thema Kunst als Bühne zu tun hat, muss jeder selbst herausfinden. Nicht nur Musik, auch Film arbeitet mit Darstellung und Vorspielen - weswegen es auch ein Kapitel "Casting. Shooting. Screening" gibt. Die Welt als Wille und Darstellung. Und mit einem Bild von Tobias Pils landet man wieder beim Ausgangspunkt: "Night on Earth (the world is our stage!)".

(S E R V I C E - "ON STAGE - Kunst als Bühne", mumok, Museumsquartier Wien, Eröffnung heute, 19 Uhr. 15. März 2023 bis 14. Jänner 2024. Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen: 10-18 Uhr. In den Osterferien auch montags geöffnet. www.mumok.at )

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  • "Museen sind Bühnen, auf denen sich viele Protagonisten präsentieren", sagte Direktorin Karola Kraus am Vormittag bei der Presseführung.

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