Grazer Schauspielhaus positioniert sich als "Grünes Theater"

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Das Grazer Schauspielhaus möchte mit dem Pilotprojekt "Das Grüne Theater" im eigenen Betrieb Maßnahmen im Sinne ökologischer, ökonomischer, aber auch sozio-kultureller Nachhaltigkeit setzen. Dabei geht es nicht nur um sortenreine Zerlegung der Bühnenbilder und chemiefreie Reinigung der Kostüme. "Der ganzheitliche Blickwinkel macht das Grüne Theater aus", betonte Projektleiter Frank Holldack im APA-Gespräch.

Die heute üblichen Standards von ökologisch nachhaltigem Wirtschaften wurden am Schauspielhaus schon länger umgesetzt, dafür gab es 2015 auch die Auszeichnung als "Ökoprofit"-Betrieb. Das Pilotprojekt, das im März 2021 gestartet wurde, geht weit darüber hinaus und zielt darauf ab, den Begriff Nachhaltigkeit zu erweitern und in drei Bereichen umzusetzen. Der ökologische Aspekt betrifft Umwelt- und Klimaschutz sowie Ressourcenschonung, ökonomische Überlegungen prägen die Kommunikations- und Arbeitsstruktur, und auf sozial-kulturellem Gebiet soll auf soziale Ungleichheiten, Machtstrukturen und Gesundheit geachtet werden.

"Theater hat als öffentlicher Raum für Reflexion, Perspektivenwechsel und somit gedanklichen und intellektuellen Diskurs nicht nur auf künstlerischer Ebene eine Verantwortung, sich unter anderem den drängenden Themen unserer Zeit zu widmen", betonte Schauspielhaus-Intendantin Iris Laufenberg. Auch als Theater-Betrieb müssten interne Strukturen geprüft und reflektiert und gegebenenfalls optimiert werden, um den dringend notwendigen Wandel in der Klimakrise einzuleiten. Zudem möchte das Schauspielhaus zeigen, "dass nachhaltiges Wirtschaften auch im Kulturbetrieb und in unserem Alltag möglich ist. Es ist allerhöchste Zeit, vom Reden ins Handeln kommen", meinte die Intendantin.

So sorgen nun Arbeits- und Projektgruppen, die sich die unterschiedlichen Möglichkeiten genau anschauen, für die praktische Umsetzung. Bühnenbilder werden schon in Hinblick auf Zerlegbarkeit und gute Trennbarkeit konstruiert und anschließend sortenrein verwertet. Dazu wird beispielsweise Metall getrennt und nach Möglichkeit wiederverwendet. "Schwierig sind die Verbundstoffe, die auf den Rahmen aufgeklebt sind. Ebenso Styropor, da diese Teile oft vollständig verklebt sind und dann nicht getrennt werden können". Hoffnung setze man nun auf einen neuen Stoff, der aus der Architektur kommt, myzel-basiert und auch brandsicher sei, erzählte Holldack. Die Materialrecherchen gehen aber weiter, derzeit läuft die Suche nach neuen Styroporklebern, die es ermöglichen, die einzelnen Schichten besser abzuheben.

Die Kostüme "gehören zum Schwierigsten, es gibt da viele Ansätze", meinte der Projektleiter. "Die Arbeitsweise, dass man ein T-Shirt um 2,50 Euro kauft, geht heute gar nicht mehr." Man versuche, die Kostümverantwortlichen auch dahingehend zu sensibilisieren, bestimmte Marken nicht mehr zu bedienen und empfiehlt Kataloge mit nachhaltigen Produkten.

"Wir versuchen, im Großen und Ganzen auf umweltfreundliche Materialien zurückzugreifen. Das ist aber nicht immer möglich wegen der Farben und Texturen, die künstlerisch gebraucht werden", schilderte Claudia Goll, Leiterin der Kostümwerkstätten. Kunstfasern seien zwar nicht umweltfreundlich und zudem schwer abbaubar, aber auch Naturstoffe wie Baumwolle seien nicht unproblematisch, so Goll. "Baumwolle, vor allem weiß gebleichte, wird mit starken Pestiziden und Bleichmitteln bearbeitet und ist für die Umwelt eher schädlich als so manche Kunstfaser." Dazu komme noch, dass umweltfreundliche Stoffe rund ein Drittel teurer seien, bemerkte die Kostüm-Chefin. Gar nicht mehr neu angeschafft werden echte Pelze, aber was im Fundus vorhanden ist, werde natürlich weiter verwendet. Bei der Reinigung der Kostüme setzt das Schauspielhaus auf einen sogenannten Ozonschrank, in dem die Kleidung mittels aktivem Sauerstoff gereinigt wird und daher auf Chemikalien verzichtet werden kann.

Weiters wurde die Arbeits- und Publikumsbeleuchtung auf LED umgestellt, ein E-Bus und ein E-Lastenrad für Dienstwege angeschafft, und beim Papier setzt man nicht nur auf recycelte Ware, sondern versucht es beispielsweise durch den Einsatz von Tablets bei Textbüchern ganz zu vermeiden.

Mit dem Pilotprojekt "Das Grüne Theater" nimmt das Schauspielhaus Graz eine Vorreiterrolle ein und stellt sich "in allen Bereichen dem Thema Nachhaltigkeit. Wir diskutieren, testen, reflektieren und optimieren. Unsere gewonnenen Erkenntnisse teilen wir auf nationaler Ebene, etwa mit den beiden Initiativen 'Strategie Kunst Kultur 22' und 'Kreislaufwirtschaft in Kulturbetrieben', sowie auf internationaler Ebene, mit den Mitgliedern der European Theatre Convention (ETC) in deren Green Theatre Committee, um auch anderen Kultureinrichtungen die Möglichkeit zu geben, davon zu profitieren", erläuterte Laufenberg. Das "Grüne Theater" werde zurzeit vom Engagement und dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Schauspielhauses getragen, die sich dem Pilotprojekt im Rahmen ihrer Arbeitszeit widmen. "Die konsequente Umsetzung aller Maßnahmen einer nachhaltigen Strategie erfordern langfristig zusätzliche Mittel", ist Iris Laufenberg überzeugt.

Es gehe laut Holldack auch darum, das "gemeinsame Verständnis für Nachhaltigkeit zu schärfen. Für uns ist das ein Wandel, der kein Ende hat."

ribbon Zusammenfassung
  • Das Grazer Schauspielhaus möchte mit dem Pilotprojekt "Das Grüne Theater" im eigenen Betrieb Maßnahmen im Sinne ökologischer, ökonomischer, aber auch sozio-kultureller Nachhaltigkeit setzen.
  • "Der ganzheitliche Blickwinkel macht das Grüne Theater aus", betonte Projektleiter Frank Holldack im APA-Gespräch.
  • "Die konsequente Umsetzung aller Maßnahmen einer nachhaltigen Strategie erfordern langfristig zusätzliche Mittel", ist Iris Laufenberg überzeugt.

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