APA/APA/Stadttheater Klagenfurt/Karlheinz Fessl

Gefälliger "Hiob" von Bernhard Lang in Klagenfurt

0

Basis für die Oper, deren Premiere Donnerstagabend am Stadttheater Klagenfurt über die Bühne ging, ist Koen Tachelets Dramatisierung des Romans "Hiob" von Josef Roth. Durch Librettist und Regisseur Michael Sturminger auf knappe zwei Stunden (inklusive Pause) verdichtet wirken die Figuren darin eindimensional und wenig greifbar. Anders als die Personenzeichnung ist die Musik von Bernhard Lang zugänglich und kulinarisch.

Von Klezmermusik bis Mikrotonalität, von Jazzelementen (Gershwins "Ein Amerikaner in Paris") über Opernzitate ("Madame Butterfly") bis zum russischen Volkslied packt der Komponist vieles in die Klangwelt rund um die vom Schicksal gebeutelte jüdische Familie, die recht konventionell in einer Art Kammerspiel in Szene gesetzt wird. Josef Roths Roman "Hiob" entstand 1930. Krisen, Katastrophen und Krieg machen den Stoff rund hundert Jahre später immer noch fast unheimlich aktuell.

In Anlehnung an den alttestamentarischen Hiob ist der gottesfürchtige Mendel Singer ein leidgeprüfter Familienvater: Sein Sohn Menuchim ist Epileptiker, die beiden anderen Söhne werden zum Militär eingezogen - wobei einer in die USA desertieren kann. Und Tochter Mirjam lässt sich im Kornfeld mit den Kosaken ein. Bald folgt die Familie Singer dem Sohn hinterher in die USA, allerdings darf der behinderte Menuchim nicht in die Staaten einreisen und wird zurückgelassen. Mendels Söhne Jonas und Schemarjah sterben im Krieg, die Tochter wird wahnsinnig, die Mutter Deborah stirbt aus Kummer. All die "Hiobsbotschaften" lassen den stoisch leidenden Mendel mit seinem Glauben an Gott hadern.

Stimmig wird der Text durch die Musik illustriert, die das um ein Jazztrio erweiterte Kärntner Sinfonieorchester unter der Leitung von Tim Anderson kontrastreich und expressiv hören lässt. Die stimmdeutlich singenden Darsteller sind durchwegs beeindruckend, allen voran der Countertenor Thomas Lichtenecker als Menuchim und Alexander Kaimbacher als sein Vater Mendel Singer. Katerina Hebelkova als dessen Frau Deborah, Ava Dodd als Tochter Mirjam, Viktor Ryden als Sohn Schemarjah und Benjamin Kelly Chamandy als Sohn Jonas vervollständigen mit Steven Scheschareg in diversen kleineren Rollen das souveräne Ensemble.

Düster, oft nur in Schwarz-weiß, ist das reduzierte Bühnenbild, aus dem Regisseur Sturminger immer wieder den großartigen Chor (Leitung: Günter Wallner) hervortreten lässt. Einmal wie ein Schattenriss, dann wieder konkret als jüdische Gemeinde in ihrer typischen Tracht (Bühne und Kostüme: Renate Martin, Andreas Donhauser) umkreist er das Geschehen.

Der Leere der Bühne scheint die innere Leere der Protagonisten zu entsprechen, die in dieser Familienaufstellung emotional nicht wirklich berühren. Schlüsselmomente wie der Schmerz der Mutter, die sich nach der Todesnachricht die Haare ausreißt, werden nicht nur bildhaft umgesetzt, sondern auch noch im Text (durch die Tochter) beschrieben. Vieles wird kommentiert, aber nicht gelebt in dieser Textvorlage, die auch durch Michael Sturmingers Bearbeitung psychologisch nicht dichter wird. Dennoch: Standing Ovations und viel Jubel an diesem Premierenabend.

(S E R V I C E - "Hiob", Oper in zwei Akten von Bernhard Lang, Libretto von Michael Sturminger nach dem gleichnamigen Roman von Joseph Roth in der Bühnenfassung von Koen Tachelet, Auftragswerk des Stadttheaters Klagenfurt in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln. Mit: Tim Anderson (musikalische Leitung), Michael Sturminger (Regie), Günter Wallner (Choreinstudierung), Markus Hänsel (Dramaturgie). Alexander Kaimbacher (Mendel Singer), Katerina Hebelkova (Deborah, Mendels Frau), Ava Dodd (Mirjam), Viktor Ryden (Schemarjah), Benjamin Kelly Chamandy (Jonas), Thomas Lichtenecker (Menuchim), Steven Scheschareg (Arzt/Rabbi/Kapturak/Nachbarin/Mac), Thomas Tischler (Cover); Kärntner Sinfonieorchester, Rainer Binder-Krieglstein (Jazz-Drumset), Michael Eisl (Jazz-Kontrabass), Adam Rogala (Synthesizer), Chor des Stadttheaters Klagenfurt; weitere Vorstellungen: 11.,15.,17., 21., 23. Februar sowie 3., 8. März; www.stadttheater-klagenfurt.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Basis für die Oper, deren Premiere Donnerstagabend am Stadttheater Klagenfurt über die Bühne ging, ist Koen Tachelets Dramatisierung des Romans "Hiob" von Josef Roth.
  • Durch Librettist und Regisseur Michael Sturminger auf knappe zwei Stunden verdichtet wirken die Figuren darin eindimensional und wenig greifbar.
  • Anders als die Personenzeichnung ist die Musik von Bernhard Lang zugänglich und kulinarisch.